Jn dem zwölften und dreyzehnten Ver-Warum die Ehe mit den Tanten verbothen? se wird die Ehe mit des Vaters und der Mutter Schwester untersaget, und die Ur- sache hinzugefüget, denn sie ist das Fleisch deines Vaters, das Fleisch deiner Mut- ter, das ist, sie gehören zu den nächsten Verwandtinnen deines Vaters und deiner Mutter. Jch nehme diese Worte aber- mals in dem Verstande, daß die Unan- ständigkeit und Unschicklichkeit dieser Ehe, besonders unter den Jsraeliten, angezeiget werden soll. Durch eine solche Ehe wurde unter den Jsraeliten eine Tante gar zu sehr unter ihren Neffen herunter gesetzet. Die Tanten sind insgemein älter, als ihre Nef- fen, und kamen durch eine solche Ehe gar bald in die Gefahr, daß ihnen eine Magd als Frau zur Seite gesetzet wurde, ja sie konnten gar geschieden werden. Dieses war zugleich eine Beleidigung für die leib- lichen Eltern, wenn selbige noch lebten. Wer da weiß, wie sehr Gott auf ein rich- tiges Verhältniß der Dinge siehet, wird leicht begreifen, warum ihm eine solche Ehe nicht angenehm sey, wo eine Person, die in einer Familie ehrwürdig seyn soll, der- gestalt herunter gesetzet wird. Man setze mir nicht solche gar seltene Fälle entgegen, da eine Tante viel jünger ist, wie der Neffe und wol gar von den Neffen erzogen wird, wie sich begeben kann, wenn ein Großva-
ter
§. 23.
Jn dem zwoͤlften und dreyzehnten Ver-Warum die Ehe mit den Tanten verbothen? ſe wird die Ehe mit des Vaters und der Mutter Schweſter unterſaget, und die Ur- ſache hinzugefuͤget, denn ſie iſt das Fleiſch deines Vaters, das Fleiſch deiner Mut- ter, das iſt, ſie gehoͤren zu den naͤchſten Verwandtinnen deines Vaters und deiner Mutter. Jch nehme dieſe Worte aber- mals in dem Verſtande, daß die Unan- ſtaͤndigkeit und Unſchicklichkeit dieſer Ehe, beſonders unter den Jſraeliten, angezeiget werden ſoll. Durch eine ſolche Ehe wurde unter den Jſraeliten eine Tante gar zu ſehr unter ihren Neffen herunter geſetzet. Die Tanten ſind insgemein aͤlter, als ihre Nef- fen, und kamen durch eine ſolche Ehe gar bald in die Gefahr, daß ihnen eine Magd als Frau zur Seite geſetzet wurde, ja ſie konnten gar geſchieden werden. Dieſes war zugleich eine Beleidigung fuͤr die leib- lichen Eltern, wenn ſelbige noch lebten. Wer da weiß, wie ſehr Gott auf ein rich- tiges Verhaͤltniß der Dinge ſiehet, wird leicht begreifen, warum ihm eine ſolche Ehe nicht angenehm ſey, wo eine Perſon, die in einer Familie ehrwuͤrdig ſeyn ſoll, der- geſtalt herunter geſetzet wird. Man ſetze mir nicht ſolche gar ſeltene Faͤlle entgegen, da eine Tante viel juͤnger iſt, wie der Neffe und wol gar von den Neffen erzogen wird, wie ſich begeben kann, wenn ein Großva-
ter
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0401"n="381"/><divn="2"><head>§. 23.</head><lb/><p>Jn dem zwoͤlften und dreyzehnten Ver-<noteplace="right">Warum die<lb/>
Ehe mit<lb/>
den Tanten<lb/>
verbothen?</note><lb/>ſe wird die Ehe mit des Vaters und der<lb/>
Mutter Schweſter unterſaget, und die Ur-<lb/>ſache hinzugefuͤget, <hirendition="#fr">denn ſie iſt das Fleiſch<lb/>
deines Vaters, das Fleiſch deiner Mut-<lb/>
ter,</hi> das iſt, ſie gehoͤren zu den naͤchſten<lb/>
Verwandtinnen deines Vaters und deiner<lb/>
Mutter. Jch nehme dieſe Worte aber-<lb/>
mals in dem Verſtande, daß die Unan-<lb/>ſtaͤndigkeit und Unſchicklichkeit dieſer Ehe,<lb/>
beſonders unter den Jſraeliten, angezeiget<lb/>
werden ſoll. Durch eine ſolche Ehe wurde<lb/>
unter den Jſraeliten eine Tante gar zu ſehr<lb/>
unter ihren Neffen herunter geſetzet. Die<lb/>
Tanten ſind insgemein aͤlter, als ihre Nef-<lb/>
fen, und kamen durch eine ſolche Ehe gar<lb/>
bald in die Gefahr, daß ihnen eine Magd<lb/>
als Frau zur Seite geſetzet wurde, ja ſie<lb/>
konnten gar geſchieden werden. Dieſes<lb/>
war zugleich eine Beleidigung fuͤr die leib-<lb/>
lichen Eltern, wenn ſelbige noch lebten.<lb/>
Wer da weiß, wie ſehr Gott auf ein rich-<lb/>
tiges Verhaͤltniß der Dinge ſiehet, wird<lb/>
leicht begreifen, warum ihm eine ſolche Ehe<lb/>
nicht angenehm ſey, wo eine Perſon, die<lb/>
in einer Familie ehrwuͤrdig ſeyn ſoll, der-<lb/>
geſtalt herunter geſetzet wird. Man ſetze<lb/>
mir nicht ſolche gar ſeltene Faͤlle entgegen,<lb/>
da eine Tante viel juͤnger iſt, wie der Neffe<lb/>
und wol gar von den Neffen erzogen wird,<lb/>
wie ſich begeben kann, wenn ein Großva-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ter</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[381/0401]
§. 23.
Jn dem zwoͤlften und dreyzehnten Ver-
ſe wird die Ehe mit des Vaters und der
Mutter Schweſter unterſaget, und die Ur-
ſache hinzugefuͤget, denn ſie iſt das Fleiſch
deines Vaters, das Fleiſch deiner Mut-
ter, das iſt, ſie gehoͤren zu den naͤchſten
Verwandtinnen deines Vaters und deiner
Mutter. Jch nehme dieſe Worte aber-
mals in dem Verſtande, daß die Unan-
ſtaͤndigkeit und Unſchicklichkeit dieſer Ehe,
beſonders unter den Jſraeliten, angezeiget
werden ſoll. Durch eine ſolche Ehe wurde
unter den Jſraeliten eine Tante gar zu ſehr
unter ihren Neffen herunter geſetzet. Die
Tanten ſind insgemein aͤlter, als ihre Nef-
fen, und kamen durch eine ſolche Ehe gar
bald in die Gefahr, daß ihnen eine Magd
als Frau zur Seite geſetzet wurde, ja ſie
konnten gar geſchieden werden. Dieſes
war zugleich eine Beleidigung fuͤr die leib-
lichen Eltern, wenn ſelbige noch lebten.
Wer da weiß, wie ſehr Gott auf ein rich-
tiges Verhaͤltniß der Dinge ſiehet, wird
leicht begreifen, warum ihm eine ſolche Ehe
nicht angenehm ſey, wo eine Perſon, die
in einer Familie ehrwuͤrdig ſeyn ſoll, der-
geſtalt herunter geſetzet wird. Man ſetze
mir nicht ſolche gar ſeltene Faͤlle entgegen,
da eine Tante viel juͤnger iſt, wie der Neffe
und wol gar von den Neffen erzogen wird,
wie ſich begeben kann, wenn ein Großva-
ter
Warum die
Ehe mit
den Tanten
verbothen?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/401>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.