Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

der ganzen menschlichen Gesellschaft billig
heilig seyn müssen, Verzicht thun wollte.
Jch kann auf meine Rechte nur Verzicht
thun, wenn kein dritter, und das gemeine
Beste nicht darunter leidet. Wenn ein
Sohn seinen Vater schilt oder fluchet, wird
es die Obrigkeit auch annehmen, wenn der
Vater spricht: ich thue Verzicht auf mei-
ne väterlichen Rechte? Eine weise Obrig-
keit wird dieses wegen der bösen Folgen
nicht thun. Es scheinet mir also der Satz
noch feste zu stehen, daß Gott die Ehe ei-
ner Mutter mit ihrem Sohne untersaget,
weil dabey die heiligsten Pflichten in Ge-
fahr kommen, die Kinder den Eltern
schuldig sind, und ich meyne diese Ursache
in den Worten deutlich zu finden: Decke
die Blösse deiner Mutter nicht auf, es ist
deine Mutter.
Jch merke hierbey noch
an, daß diejenigen, welche dafür halten,
daß diese letzten Worte nur die Folge dieses
Gesetzes aus dem vorhergehenden anzeigen,
und weiter nichts ausdrucken sollten, als
dieses: deine Mutter ist eine deiner näch-
sten Verwandten, machen diesen wahr-
haftig starken Ausdruck ungemein matt,
und war es denn auch nöthig zu sagen,
daß die Mutter eine der nächsten Bluts-
freunde wäre?

§. 16.

Bey der Ehe eines Vaters mit seinerWarum die
Ehe eines
Vaters mit
seiner Toch
ter verbo-
then?

Tochter, treten die gar widrigen und har-

ten

der ganzen menſchlichen Geſellſchaft billig
heilig ſeyn muͤſſen, Verzicht thun wollte.
Jch kann auf meine Rechte nur Verzicht
thun, wenn kein dritter, und das gemeine
Beſte nicht darunter leidet. Wenn ein
Sohn ſeinen Vater ſchilt oder fluchet, wird
es die Obrigkeit auch annehmen, wenn der
Vater ſpricht: ich thue Verzicht auf mei-
ne vaͤterlichen Rechte? Eine weiſe Obrig-
keit wird dieſes wegen der boͤſen Folgen
nicht thun. Es ſcheinet mir alſo der Satz
noch feſte zu ſtehen, daß Gott die Ehe ei-
ner Mutter mit ihrem Sohne unterſaget,
weil dabey die heiligſten Pflichten in Ge-
fahr kommen, die Kinder den Eltern
ſchuldig ſind, und ich meyne dieſe Urſache
in den Worten deutlich zu finden: Decke
die Bloͤſſe deiner Mutter nicht auf, es iſt
deine Mutter.
Jch merke hierbey noch
an, daß diejenigen, welche dafuͤr halten,
daß dieſe letzten Worte nur die Folge dieſes
Geſetzes aus dem vorhergehenden anzeigen,
und weiter nichts ausdrucken ſollten, als
dieſes: deine Mutter iſt eine deiner naͤch-
ſten Verwandten, machen dieſen wahr-
haftig ſtarken Ausdruck ungemein matt,
und war es denn auch noͤthig zu ſagen,
daß die Mutter eine der naͤchſten Bluts-
freunde waͤre?

§. 16.

Bey der Ehe eines Vaters mit ſeinerWarum die
Ehe eines
Vaters mit
ſeiner Toch
ter verbo-
then?

Tochter, treten die gar widrigen und har-

ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0387" n="367"/>
der ganzen men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft billig<lb/>
heilig &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Verzicht thun wollte.<lb/>
Jch kann auf meine Rechte nur Verzicht<lb/>
thun, wenn kein dritter, und das gemeine<lb/>
Be&#x017F;te nicht darunter leidet. Wenn ein<lb/>
Sohn &#x017F;einen Vater &#x017F;chilt oder fluchet, wird<lb/>
es die Obrigkeit auch annehmen, wenn der<lb/>
Vater &#x017F;pricht: ich thue Verzicht auf mei-<lb/>
ne va&#x0364;terlichen Rechte? Eine wei&#x017F;e Obrig-<lb/>
keit wird die&#x017F;es wegen der bo&#x0364;&#x017F;en Folgen<lb/>
nicht thun. Es &#x017F;cheinet mir al&#x017F;o der Satz<lb/>
noch fe&#x017F;te zu &#x017F;tehen, daß Gott die Ehe ei-<lb/>
ner Mutter mit ihrem Sohne unter&#x017F;aget,<lb/>
weil dabey die heilig&#x017F;ten Pflichten in Ge-<lb/>
fahr kommen, die Kinder den Eltern<lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;ind, und ich meyne die&#x017F;e Ur&#x017F;ache<lb/>
in den Worten deutlich zu finden: Decke<lb/>
die Blo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e deiner Mutter nicht auf, <hi rendition="#fr">es i&#x017F;t<lb/>
deine Mutter.</hi> Jch merke hierbey noch<lb/>
an, daß diejenigen, welche dafu&#x0364;r halten,<lb/>
daß die&#x017F;e letzten Worte nur die Folge die&#x017F;es<lb/>
Ge&#x017F;etzes aus dem vorhergehenden anzeigen,<lb/>
und weiter nichts ausdrucken &#x017F;ollten, als<lb/>
die&#x017F;es: deine Mutter i&#x017F;t eine deiner na&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Verwandten, machen die&#x017F;en wahr-<lb/>
haftig &#x017F;tarken Ausdruck ungemein matt,<lb/>
und war es denn auch no&#x0364;thig zu &#x017F;agen,<lb/>
daß die Mutter eine der na&#x0364;ch&#x017F;ten Bluts-<lb/>
freunde wa&#x0364;re?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 16.</head><lb/>
          <p>Bey der Ehe eines Vaters mit &#x017F;einer<note place="right">Warum die<lb/>
Ehe eines<lb/>
Vaters mit<lb/>
&#x017F;einer Toch<lb/>
ter verbo-<lb/>
then?</note><lb/>
Tochter, treten die gar widrigen und har-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0387] der ganzen menſchlichen Geſellſchaft billig heilig ſeyn muͤſſen, Verzicht thun wollte. Jch kann auf meine Rechte nur Verzicht thun, wenn kein dritter, und das gemeine Beſte nicht darunter leidet. Wenn ein Sohn ſeinen Vater ſchilt oder fluchet, wird es die Obrigkeit auch annehmen, wenn der Vater ſpricht: ich thue Verzicht auf mei- ne vaͤterlichen Rechte? Eine weiſe Obrig- keit wird dieſes wegen der boͤſen Folgen nicht thun. Es ſcheinet mir alſo der Satz noch feſte zu ſtehen, daß Gott die Ehe ei- ner Mutter mit ihrem Sohne unterſaget, weil dabey die heiligſten Pflichten in Ge- fahr kommen, die Kinder den Eltern ſchuldig ſind, und ich meyne dieſe Urſache in den Worten deutlich zu finden: Decke die Bloͤſſe deiner Mutter nicht auf, es iſt deine Mutter. Jch merke hierbey noch an, daß diejenigen, welche dafuͤr halten, daß dieſe letzten Worte nur die Folge dieſes Geſetzes aus dem vorhergehenden anzeigen, und weiter nichts ausdrucken ſollten, als dieſes: deine Mutter iſt eine deiner naͤch- ſten Verwandten, machen dieſen wahr- haftig ſtarken Ausdruck ungemein matt, und war es denn auch noͤthig zu ſagen, daß die Mutter eine der naͤchſten Bluts- freunde waͤre? §. 16. Bey der Ehe eines Vaters mit ſeiner Tochter, treten die gar widrigen und har- ten Warum die Ehe eines Vaters mit ſeiner Toch ter verbo- then?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/387
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/387>, abgerufen am 30.12.2024.