und die Absicht dieser Ehegesetze wäre noch nicht in ein solches Licht gesetzet, daß man nun billig aufhören müßte, sie weiter zu untersuchen. Sie hätten noch einige Dun- kelheiten, und schaffte meine Abhandlung ihnen auch nicht unmittelbar eine mehrere Aufklärung, so könnte es doch vielleicht mittelbar geschehen, wenn etwa andere dadurch veranlasset würden, dieser Sache noch weiter nachzudenken. Jch habe mich durch diese Vorstellung bewegen lassen, diesen meinen Aufsatz noch gemein zu ma- chen. Jch hoffe, ich werde bey denen, die anders denken, als ich, desto ehender Nachsicht finden, da ich den größten Theil derselben nur noch für Muthmassungen halte, deren Entscheidung der Folge der Zeit überlasse.
§. 2.
Erklärung des 3 B. Mos. C. 18. v. 6.
Den Anfang dieser Betrachtung muß mit der Erklärung des ersten Gesetzes wider die Ehen in naher Freundschaft machen, wel- ches wir im 3 B. Mos. C. 18. v. 6. finden. Die daselbst stehenden Worte lauten nach dem Hebräischen also: Gar niemand soll sich zu irgend einem Fleische seines Flei- sches nahen, dessen Blösse aufzudecken: Jch bin der Herr. Man zweyet sich bey diesem Gesetze, welches mir so sehr deutlich vorkommt. Jedoch vielleicht ist eine Un- wissenheit in den Morgenländischen Spra-
chen
und die Abſicht dieſer Ehegeſetze waͤre noch nicht in ein ſolches Licht geſetzet, daß man nun billig aufhoͤren muͤßte, ſie weiter zu unterſuchen. Sie haͤtten noch einige Dun- kelheiten, und ſchaffte meine Abhandlung ihnen auch nicht unmittelbar eine mehrere Aufklaͤrung, ſo koͤnnte es doch vielleicht mittelbar geſchehen, wenn etwa andere dadurch veranlaſſet wuͤrden, dieſer Sache noch weiter nachzudenken. Jch habe mich durch dieſe Vorſtellung bewegen laſſen, dieſen meinen Aufſatz noch gemein zu ma- chen. Jch hoffe, ich werde bey denen, die anders denken, als ich, deſto ehender Nachſicht finden, da ich den groͤßten Theil derſelben nur noch fuͤr Muthmaſſungen halte, deren Entſcheidung der Folge der Zeit uͤberlaſſe.
§. 2.
Erklaͤrung des 3 B. Moſ. C. 18. v. 6.
Den Anfang dieſer Betrachtung muß mit der Erklaͤrung des erſten Geſetzes wider die Ehen in naher Freundſchaft machen, wel- ches wir im 3 B. Moſ. C. 18. v. 6. finden. Die daſelbſt ſtehenden Worte lauten nach dem Hebraͤiſchen alſo: Gar niemand ſoll ſich zu irgend einem Fleiſche ſeines Flei- ſches nahen, deſſen Bloͤſſe aufzudecken: Jch bin der Herr. Man zweyet ſich bey dieſem Geſetze, welches mir ſo ſehr deutlich vorkommt. Jedoch vielleicht iſt eine Un- wiſſenheit in den Morgenlaͤndiſchen Spra-
chen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0358"n="338"/>
und die Abſicht dieſer Ehegeſetze waͤre noch<lb/>
nicht in ein ſolches Licht geſetzet, daß man<lb/>
nun billig aufhoͤren muͤßte, ſie weiter zu<lb/>
unterſuchen. Sie haͤtten noch einige Dun-<lb/>
kelheiten, und ſchaffte meine Abhandlung<lb/>
ihnen auch nicht unmittelbar eine mehrere<lb/>
Aufklaͤrung, ſo koͤnnte es doch vielleicht<lb/>
mittelbar geſchehen, wenn etwa andere<lb/>
dadurch veranlaſſet wuͤrden, dieſer Sache<lb/>
noch weiter nachzudenken. Jch habe mich<lb/>
durch dieſe Vorſtellung bewegen laſſen,<lb/>
dieſen meinen Aufſatz noch gemein zu ma-<lb/>
chen. Jch hoffe, ich werde bey denen,<lb/>
die anders denken, als ich, deſto ehender<lb/>
Nachſicht finden, da ich den groͤßten Theil<lb/>
derſelben nur noch fuͤr Muthmaſſungen<lb/>
halte, deren Entſcheidung der Folge der<lb/>
Zeit uͤberlaſſe.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 2.</head><lb/><noteplace="left">Erklaͤrung<lb/>
des 3 B.<lb/>
Moſ. C. 18.<lb/>
v. 6.</note><p>Den Anfang dieſer Betrachtung muß mit<lb/>
der Erklaͤrung des erſten Geſetzes wider die<lb/>
Ehen in naher Freundſchaft machen, wel-<lb/>
ches wir im 3 B. Moſ. C. 18. v. 6. finden.<lb/>
Die daſelbſt ſtehenden Worte lauten nach<lb/>
dem Hebraͤiſchen alſo: <hirendition="#fr">Gar niemand ſoll<lb/>ſich zu irgend einem Fleiſche ſeines Flei-<lb/>ſches nahen, deſſen Bloͤſſe aufzudecken:<lb/>
Jch bin der Herr.</hi> Man zweyet ſich bey<lb/>
dieſem Geſetze, welches mir ſo ſehr deutlich<lb/>
vorkommt. Jedoch vielleicht iſt eine Un-<lb/>
wiſſenheit in den Morgenlaͤndiſchen Spra-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">chen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[338/0358]
und die Abſicht dieſer Ehegeſetze waͤre noch
nicht in ein ſolches Licht geſetzet, daß man
nun billig aufhoͤren muͤßte, ſie weiter zu
unterſuchen. Sie haͤtten noch einige Dun-
kelheiten, und ſchaffte meine Abhandlung
ihnen auch nicht unmittelbar eine mehrere
Aufklaͤrung, ſo koͤnnte es doch vielleicht
mittelbar geſchehen, wenn etwa andere
dadurch veranlaſſet wuͤrden, dieſer Sache
noch weiter nachzudenken. Jch habe mich
durch dieſe Vorſtellung bewegen laſſen,
dieſen meinen Aufſatz noch gemein zu ma-
chen. Jch hoffe, ich werde bey denen,
die anders denken, als ich, deſto ehender
Nachſicht finden, da ich den groͤßten Theil
derſelben nur noch fuͤr Muthmaſſungen
halte, deren Entſcheidung der Folge der
Zeit uͤberlaſſe.
§. 2.
Den Anfang dieſer Betrachtung muß mit
der Erklaͤrung des erſten Geſetzes wider die
Ehen in naher Freundſchaft machen, wel-
ches wir im 3 B. Moſ. C. 18. v. 6. finden.
Die daſelbſt ſtehenden Worte lauten nach
dem Hebraͤiſchen alſo: Gar niemand ſoll
ſich zu irgend einem Fleiſche ſeines Flei-
ſches nahen, deſſen Bloͤſſe aufzudecken:
Jch bin der Herr. Man zweyet ſich bey
dieſem Geſetze, welches mir ſo ſehr deutlich
vorkommt. Jedoch vielleicht iſt eine Un-
wiſſenheit in den Morgenlaͤndiſchen Spra-
chen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/358>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.