einer gantz genauen Erkänntniß der inner- sten Wesen der Dinge, ihn deßwegen vieler vergeblicher Vorkehrungen in seiner Welt beschuldiget, und ihm daher die Allwissen- heit abspricht, weil man den Nutzen ver- schiedener Dinge, welche die Vollkommen- heit ihres gleichen nicht erreichen, nicht ein- siehet. Sollte es nicht sicherer seyn, seinem eigenen Verstande engere Grentzen beyzu- messen, als dem Höchsten eine Vollkom- menheit abzusetzen, die er würcklich besitzt. Gewiß, ich mag derjenige nicht seyn, der um solcher Gründe willen dem Schöpfer eine Ehre zweifelhaft macht, die ihm von so viel tausend vernünftigen Geistern gege- ben wird.
§. 21.
Einem Einwurfe muß ich noch begeg-Einwurf und dessen Beant- wortung. nen. Jch habe bisher mehr als einmal fest gesetzt, es sey für uns zu viel gewagt, zu urtheilen, dieses und jenes sey vergeblich in der Welt, und schaffe dem Gantzen keinen Vortheil. Jedoch aber unterstehe ich mich selber zu behaupten, dieses und jenes sey sehr weißlich eingerichtet, und schliesse daraus auf die Allwissenheit des Schöpfers. Nun aber kan jemand sagen, sey es gleich schwer
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einer gantz genauen Erkaͤnntniß der inner- ſten Weſen der Dinge, ihn deßwegen vieler vergeblicher Vorkehrungen in ſeiner Welt beſchuldiget, und ihm daher die Allwiſſen- heit abſpricht, weil man den Nutzen ver- ſchiedener Dinge, welche die Vollkommen- heit ihres gleichen nicht erreichen, nicht ein- ſiehet. Sollte es nicht ſicherer ſeyn, ſeinem eigenen Verſtande engere Grentzen beyzu- meſſen, als dem Hoͤchſten eine Vollkom- menheit abzuſetzen, die er wuͤrcklich beſitzt. Gewiß, ich mag derjenige nicht ſeyn, der um ſolcher Gruͤnde willen dem Schoͤpfer eine Ehre zweifelhaft macht, die ihm von ſo viel tauſend vernuͤnftigen Geiſtern gege- ben wird.
§. 21.
Einem Einwurfe muß ich noch begeg-Einwurf und deſſen Beant- wortung. nen. Jch habe bisher mehr als einmal feſt geſetzt, es ſey fuͤr uns zu viel gewagt, zu urtheilen, dieſes und jenes ſey vergeblich in der Welt, und ſchaffe dem Gantzen keinen Vortheil. Jedoch aber unterſtehe ich mich ſelber zu behaupten, dieſes und jenes ſey ſehr weißlich eingerichtet, und ſchlieſſe daraus auf die Allwiſſenheit des Schoͤpfers. Nun aber kan jemand ſagen, ſey es gleich ſchwer
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einer gantz genauen Erkaͤnntniß der inner-
ſten Weſen der Dinge, ihn deßwegen vieler
vergeblicher Vorkehrungen in ſeiner Welt
beſchuldiget, und ihm daher die Allwiſſen-
heit abſpricht, weil man den Nutzen ver-
ſchiedener Dinge, welche die Vollkommen-
heit ihres gleichen nicht erreichen, nicht ein-
ſiehet. Sollte es nicht ſicherer ſeyn, ſeinem
eigenen Verſtande engere Grentzen beyzu-
meſſen, als dem Hoͤchſten eine Vollkom-
menheit abzuſetzen, die er wuͤrcklich beſitzt.
Gewiß, ich mag derjenige nicht ſeyn, der
um ſolcher Gruͤnde willen dem Schoͤpfer
eine Ehre zweifelhaft macht, die ihm von
ſo viel tauſend vernuͤnftigen Geiſtern gege-
ben wird.
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Einem Einwurfe muß ich noch begeg-
nen. Jch habe bisher mehr als einmal
feſt geſetzt, es ſey fuͤr uns zu viel gewagt, zu
urtheilen, dieſes und jenes ſey vergeblich in
der Welt, und ſchaffe dem Gantzen keinen
Vortheil. Jedoch aber unterſtehe ich mich
ſelber zu behaupten, dieſes und jenes ſey ſehr
weißlich eingerichtet, und ſchlieſſe daraus
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und deſſen
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/341>, abgerufen am 21.02.2025.
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