Nachdem wir bewiesen, daß das WerckDie Gnug- thuung Christi kan bey rohen Sündern Furcht er- wecken. der Gnugthuung JEsu uns überhaupt zur Treue verbindet, so wollen wir auch ins- besondere mit wenigem zeigen, was für heilige Bewegungen in einer Seele noth- wendig entstehen müssen, die sich dieses Werck mit einem vernünftigen Nachden- cken fürstellet. Wenn ein roher Sün- der diese Gnugthuung gehörig überleget, so muß die Furcht, welche er für den Stra- fen GOttes hat, nothwendig vermehret werden: oder hat er von dieser Furcht noch gar nichts empfunden, so ist dieses eintzige Werck hinlänglich sie in ihm zu erwecken. Bedencket ein freches Kind der Finsterniß, GOtt hat einen solchen Abscheu für der Sünde, daß er selbige nicht einmahl verge- ben wolle, ohne seinen Widerwillen dar- gegen an einem andern recht deutlich zu of- fenbahren, hat er die nothwendigen Folgen der Sünden nicht aufheben und uns durch das Wort seiner Gnade wider die unsee- lige Knechtschaft der Sünden waffnen wollen, so muß nothwendig der Schluß in ihm entstehen: wie hefftig werden denn sei- ne Neigungen nicht wider diejenigen seyn, welche an der Sünde ein solches Vergnü- gen finden, daß sie sich durch diese besonde- re Offenbahrung seiner Gerechtigkeit nicht bewegen lassen, von derselben abzustehen,
und
§. 6.
Nachdem wir bewieſen, daß das WerckDie Gnug- thuung Chriſti kan bey rohen Suͤndern Furcht er- wecken. der Gnugthuung JEſu uns uͤberhaupt zur Treue verbindet, ſo wollen wir auch ins- beſondere mit wenigem zeigen, was fuͤr heilige Bewegungen in einer Seele noth- wendig entſtehen muͤſſen, die ſich dieſes Werck mit einem vernuͤnftigen Nachden- cken fuͤrſtellet. Wenn ein roher Suͤn- der dieſe Gnugthuung gehoͤrig uͤberleget, ſo muß die Furcht, welche er fuͤr den Stra- fen GOttes hat, nothwendig vermehret werden: oder hat er von dieſer Furcht noch gar nichts empfunden, ſo iſt dieſes eintzige Werck hinlaͤnglich ſie in ihm zu erwecken. Bedencket ein freches Kind der Finſterniß, GOtt hat einen ſolchen Abſcheu fuͤr der Suͤnde, daß er ſelbige nicht einmahl verge- ben wolle, ohne ſeinen Widerwillen dar- gegen an einem andern recht deutlich zu of- fenbahren, hat er die nothwendigen Folgen der Suͤnden nicht aufheben und uns durch das Wort ſeiner Gnade wider die unſee- lige Knechtſchaft der Suͤnden waffnen wollen, ſo muß nothwendig der Schluß in ihm entſtehen: wie hefftig werden denn ſei- ne Neigungen nicht wider diejenigen ſeyn, welche an der Suͤnde ein ſolches Vergnuͤ- gen finden, daß ſie ſich durch dieſe beſonde- re Offenbahrung ſeiner Gerechtigkeit nicht bewegen laſſen, von derſelben abzuſtehen,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0477"n="445[441]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>§. 6.</head><lb/><p>Nachdem wir bewieſen, daß das Werck<noteplace="right">Die<lb/>
Gnug-<lb/>
thuung<lb/>
Chriſti<lb/>
kan bey<lb/>
rohen<lb/>
Suͤndern<lb/>
Furcht er-<lb/>
wecken.</note><lb/>
der Gnugthuung JEſu uns uͤberhaupt zur<lb/>
Treue verbindet, ſo wollen wir auch ins-<lb/>
beſondere mit wenigem zeigen, was fuͤr<lb/>
heilige Bewegungen in einer Seele noth-<lb/>
wendig entſtehen muͤſſen, die ſich dieſes<lb/>
Werck mit einem vernuͤnftigen Nachden-<lb/>
cken fuͤrſtellet. Wenn ein roher Suͤn-<lb/>
der dieſe Gnugthuung gehoͤrig uͤberleget,<lb/>ſo muß die Furcht, welche er fuͤr den Stra-<lb/>
fen GOttes hat, nothwendig vermehret<lb/>
werden: oder hat er von dieſer Furcht noch<lb/>
gar nichts empfunden, ſo iſt dieſes eintzige<lb/>
Werck hinlaͤnglich ſie in ihm zu erwecken.<lb/>
Bedencket ein freches Kind der Finſterniß,<lb/>
GOtt hat einen ſolchen Abſcheu fuͤr der<lb/>
Suͤnde, daß er ſelbige nicht einmahl verge-<lb/>
ben wolle, ohne ſeinen Widerwillen dar-<lb/>
gegen an einem andern recht deutlich zu of-<lb/>
fenbahren, hat er die nothwendigen Folgen<lb/>
der Suͤnden nicht aufheben und uns durch<lb/>
das Wort ſeiner Gnade wider die unſee-<lb/>
lige Knechtſchaft der Suͤnden waffnen<lb/>
wollen, ſo muß nothwendig der Schluß in<lb/>
ihm entſtehen: wie hefftig werden denn ſei-<lb/>
ne Neigungen nicht wider diejenigen ſeyn,<lb/>
welche an der Suͤnde ein ſolches Vergnuͤ-<lb/>
gen finden, daß ſie ſich durch dieſe beſonde-<lb/>
re Offenbahrung ſeiner Gerechtigkeit nicht<lb/>
bewegen laſſen, von derſelben abzuſtehen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[445[441]/0477]
§. 6.
Nachdem wir bewieſen, daß das Werck
der Gnugthuung JEſu uns uͤberhaupt zur
Treue verbindet, ſo wollen wir auch ins-
beſondere mit wenigem zeigen, was fuͤr
heilige Bewegungen in einer Seele noth-
wendig entſtehen muͤſſen, die ſich dieſes
Werck mit einem vernuͤnftigen Nachden-
cken fuͤrſtellet. Wenn ein roher Suͤn-
der dieſe Gnugthuung gehoͤrig uͤberleget,
ſo muß die Furcht, welche er fuͤr den Stra-
fen GOttes hat, nothwendig vermehret
werden: oder hat er von dieſer Furcht noch
gar nichts empfunden, ſo iſt dieſes eintzige
Werck hinlaͤnglich ſie in ihm zu erwecken.
Bedencket ein freches Kind der Finſterniß,
GOtt hat einen ſolchen Abſcheu fuͤr der
Suͤnde, daß er ſelbige nicht einmahl verge-
ben wolle, ohne ſeinen Widerwillen dar-
gegen an einem andern recht deutlich zu of-
fenbahren, hat er die nothwendigen Folgen
der Suͤnden nicht aufheben und uns durch
das Wort ſeiner Gnade wider die unſee-
lige Knechtſchaft der Suͤnden waffnen
wollen, ſo muß nothwendig der Schluß in
ihm entſtehen: wie hefftig werden denn ſei-
ne Neigungen nicht wider diejenigen ſeyn,
welche an der Suͤnde ein ſolches Vergnuͤ-
gen finden, daß ſie ſich durch dieſe beſonde-
re Offenbahrung ſeiner Gerechtigkeit nicht
bewegen laſſen, von derſelben abzuſtehen,
und
Die
Gnug-
thuung
Chriſti
kan bey
rohen
Suͤndern
Furcht er-
wecken.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 445[441]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/477>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.