einige Dinge ist veränder- lich.von vielen Dingen ist bey verschiedenen Menschen unterschieden, ja äussere Um- stände verursachen öfters, daß er bey ei- ner eintzigen Person veränderlich ist. Den einen vergnügen die Wissenschaf- ten, den andern sind sie verdrießlich. Der eine liebt eine gewisse Speise, dem andern aber erweckt sie einen Eckel, und anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker- Bißgen, welches uns zu einer andern Zeit zuwider ist. Es ist auch der Grad dieser Lust und Unlust veränderlich, und steigt und fällt, nachdem allerhand Um- stände Gelegenheit darzu geben. Mein jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich alle Ursachen hiervon untersuche, sondern es ist mir genug, wenn ich kürtzlich be- mercke, wie viel unsere Einbildungskraft darzu beyträget.
§. 6.
Wie die Einbil- dungs- kraft uns eine Sache ange- nehm o- der unan- genehm mache.
Es ist bekant und ein jeder nimmt bey sich selbst wahr, wenn er auf die Wür- ckungen seiner Seele Achtung giebt, daß das Vermögen, welches wir die Einbil- dungskraft nennen, Dinge mit einan- der verknüpft, deren Bilder ehemals in der Seele zugleich gewesen, wenn nur eins von diesen Bildern wieder in der Seele hervorgebracht wird. Die Auf- mercksamkeit auf das, was in unserer
Seele
einige Dinge iſt veraͤnder- lich.von vielen Dingen iſt bey verſchiedenen Menſchen unterſchieden, ja aͤuſſere Um- ſtaͤnde verurſachen oͤfters, daß er bey ei- ner eintzigen Perſon veraͤnderlich iſt. Den einen vergnuͤgen die Wiſſenſchaf- ten, den andern ſind ſie verdrießlich. Der eine liebt eine gewiſſe Speiſe, dem andern aber erweckt ſie einen Eckel, und anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker- Bißgen, welches uns zu einer andern Zeit zuwider iſt. Es iſt auch der Grad dieſer Luſt und Unluſt veraͤnderlich, und ſteigt und faͤllt, nachdem allerhand Um- ſtaͤnde Gelegenheit darzu geben. Mein jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich alle Urſachen hiervon unterſuche, ſondern es iſt mir genug, wenn ich kuͤrtzlich be- mercke, wie viel unſere Einbildungskraft darzu beytraͤget.
§. 6.
Wie die Einbil- dungs- kraft uns eine Sache ange- nehm o- der unan- genehm mache.
Es iſt bekant und ein jeder nimmt bey ſich ſelbſt wahr, wenn er auf die Wuͤr- ckungen ſeiner Seele Achtung giebt, daß das Vermoͤgen, welches wir die Einbil- dungskraft nennen, Dinge mit einan- der verknuͤpft, deren Bilder ehemals in der Seele zugleich geweſen, wenn nur eins von dieſen Bildern wieder in der Seele hervorgebracht wird. Die Auf- merckſamkeit auf das, was in unſerer
Seele
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0282"n="250[246]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><noteplace="left">einige<lb/>
Dinge iſt<lb/>
veraͤnder-<lb/>
lich.</note>von vielen Dingen iſt bey verſchiedenen<lb/>
Menſchen unterſchieden, ja aͤuſſere Um-<lb/>ſtaͤnde verurſachen oͤfters, daß er bey ei-<lb/>
ner eintzigen Perſon veraͤnderlich iſt.<lb/>
Den einen vergnuͤgen die Wiſſenſchaf-<lb/>
ten, den andern ſind ſie verdrießlich.<lb/>
Der eine liebt eine gewiſſe Speiſe, dem<lb/>
andern aber erweckt ſie einen Eckel, und<lb/>
anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker-<lb/>
Bißgen, welches uns zu einer andern<lb/>
Zeit zuwider iſt. Es iſt auch der Grad<lb/>
dieſer Luſt und Unluſt veraͤnderlich, und<lb/>ſteigt und faͤllt, nachdem allerhand Um-<lb/>ſtaͤnde Gelegenheit darzu geben. Mein<lb/>
jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich<lb/>
alle Urſachen hiervon unterſuche, ſondern<lb/>
es iſt mir genug, wenn ich kuͤrtzlich be-<lb/>
mercke, wie viel unſere Einbildungskraft<lb/>
darzu beytraͤget.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 6.</head><lb/><noteplace="left">Wie die<lb/>
Einbil-<lb/>
dungs-<lb/>
kraft<lb/>
uns eine<lb/>
Sache<lb/>
ange-<lb/>
nehm o-<lb/>
der unan-<lb/>
genehm<lb/>
mache.</note><p>Es iſt bekant und ein jeder nimmt bey<lb/>ſich ſelbſt wahr, wenn er auf die Wuͤr-<lb/>
ckungen ſeiner Seele Achtung giebt, daß<lb/>
das Vermoͤgen, welches wir die Einbil-<lb/>
dungskraft nennen, Dinge mit einan-<lb/>
der verknuͤpft, deren Bilder ehemals in<lb/>
der Seele zugleich geweſen, wenn nur<lb/>
eins von dieſen Bildern wieder in der<lb/>
Seele hervorgebracht wird. Die Auf-<lb/>
merckſamkeit auf das, was in unſerer<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Seele</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[250[246]/0282]
von vielen Dingen iſt bey verſchiedenen
Menſchen unterſchieden, ja aͤuſſere Um-
ſtaͤnde verurſachen oͤfters, daß er bey ei-
ner eintzigen Perſon veraͤnderlich iſt.
Den einen vergnuͤgen die Wiſſenſchaf-
ten, den andern ſind ſie verdrießlich.
Der eine liebt eine gewiſſe Speiſe, dem
andern aber erweckt ſie einen Eckel, und
anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker-
Bißgen, welches uns zu einer andern
Zeit zuwider iſt. Es iſt auch der Grad
dieſer Luſt und Unluſt veraͤnderlich, und
ſteigt und faͤllt, nachdem allerhand Um-
ſtaͤnde Gelegenheit darzu geben. Mein
jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich
alle Urſachen hiervon unterſuche, ſondern
es iſt mir genug, wenn ich kuͤrtzlich be-
mercke, wie viel unſere Einbildungskraft
darzu beytraͤget.
einige
Dinge iſt
veraͤnder-
lich.
§. 6.
Es iſt bekant und ein jeder nimmt bey
ſich ſelbſt wahr, wenn er auf die Wuͤr-
ckungen ſeiner Seele Achtung giebt, daß
das Vermoͤgen, welches wir die Einbil-
dungskraft nennen, Dinge mit einan-
der verknuͤpft, deren Bilder ehemals in
der Seele zugleich geweſen, wenn nur
eins von dieſen Bildern wieder in der
Seele hervorgebracht wird. Die Auf-
merckſamkeit auf das, was in unſerer
Seele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 250[246]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/282>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.