die Gottlosen auch duldet, so müssen wir dennoch schliessen, daß mehr Gutes da- durch erhalten und mehr Böses in der Welt verhindert werde, und es also besser sey, wenn seine Güte den Gottlosen nach- siehet, als wenn er sie allezeit bey einer je- den bösen That unmittelbahr strafen wol- te. Und wenn wir die Folgen überdencken, welche aus solchen unmittelbahren Stra- fen entstehen würden, so werden wir fin- den, daß es besser und der Weißheit GOt- tes gemässer sey, wenn er Langmuth aus- übet, als wenn er die Gottlosen allezeit un- mittelbahr mit Strafen verfolgete.
§. 2.
Wenn die Gottlosen allezeit unmittel- bahr bey einer jeden muthwilligen Ueber- tretung der göttlichen Gesetze solten gestraft werden, so müste dieses entweder an ihrer Seele, oder am Leibe, oder an ihrem Ver- mögen, oder gar am Leben geschehen.
§. 3.
Würden die Lasterhaften allezeit bey ei- ner jeden muthwilligen Sünde an der Seele durch Verwirrung der Gedancken und heftige Betrübniß, oder am Leibe durch Schmertzen und Kranckheit, oder durch Verlust an ihrem Vermögen ge- straft, so müsten die Frommen und Tu- gendhaften allezeit mit jenen leiden. Wä-
ren
die Gottloſen auch duldet, ſo muͤſſen wir dennoch ſchlieſſen, daß mehr Gutes da- durch erhalten und mehr Boͤſes in der Welt verhindert werde, und es alſo beſſer ſey, wenn ſeine Guͤte den Gottloſen nach- ſiehet, als wenn er ſie allezeit bey einer je- den boͤſen That unmittelbahr ſtrafen wol- te. Und wenn wir die Folgen uͤberdencken, welche aus ſolchen unmittelbahren Stra- fen entſtehen wuͤrden, ſo werden wir fin- den, daß es beſſer und der Weißheit GOt- tes gemaͤſſer ſey, wenn er Langmuth aus- uͤbet, als wenn er die Gottloſen allezeit un- mittelbahr mit Strafen verfolgete.
§. 2.
Wenn die Gottloſen allezeit unmittel- bahr bey einer jeden muthwilligen Ueber- tretung der goͤttlichen Geſetze ſolten geſtraft werden, ſo muͤſte dieſes entweder an ihrer Seele, oder am Leibe, oder an ihrem Ver- moͤgen, oder gar am Leben geſchehen.
§. 3.
Wuͤrden die Laſterhaften allezeit bey ei- ner jeden muthwilligen Suͤnde an der Seele durch Verwirrung der Gedancken und heftige Betruͤbniß, oder am Leibe durch Schmertzen und Kranckheit, oder durch Verluſt an ihrem Vermoͤgen ge- ſtraft, ſo muͤſten die Frommen und Tu- gendhaften allezeit mit jenen leiden. Waͤ-
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die Gottloſen auch duldet, ſo muͤſſen wir
dennoch ſchlieſſen, daß mehr Gutes da-
durch erhalten und mehr Boͤſes in der
Welt verhindert werde, und es alſo beſſer
ſey, wenn ſeine Guͤte den Gottloſen nach-
ſiehet, als wenn er ſie allezeit bey einer je-
den boͤſen That unmittelbahr ſtrafen wol-
te. Und wenn wir die Folgen uͤberdencken,
welche aus ſolchen unmittelbahren Stra-
fen entſtehen wuͤrden, ſo werden wir fin-
den, daß es beſſer und der Weißheit GOt-
tes gemaͤſſer ſey, wenn er Langmuth aus-
uͤbet, als wenn er die Gottloſen allezeit un-
mittelbahr mit Strafen verfolgete.
§. 2.
Wenn die Gottloſen allezeit unmittel-
bahr bey einer jeden muthwilligen Ueber-
tretung der goͤttlichen Geſetze ſolten geſtraft
werden, ſo muͤſte dieſes entweder an ihrer
Seele, oder am Leibe, oder an ihrem Ver-
moͤgen, oder gar am Leben geſchehen.
§. 3.
Wuͤrden die Laſterhaften allezeit bey ei-
ner jeden muthwilligen Suͤnde an der
Seele durch Verwirrung der Gedancken
und heftige Betruͤbniß, oder am Leibe
durch Schmertzen und Kranckheit, oder
durch Verluſt an ihrem Vermoͤgen ge-
ſtraft, ſo muͤſten die Frommen und Tu-
gendhaften allezeit mit jenen leiden. Waͤ-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/28>, abgerufen am 20.11.2024.
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