den; und welche Freude könnte ich denn noch am Leben haben? Der bloße Gedanke schlägt mich nieder, und macht mich wehmüthig -- -- -- Gute Nacht, Sylli! Gute Nacht, Du Liebe, liebe, liebe!
Den 30ten März.
Ich war heute, nach dem Frühstücke, wie- der herauf in mein Zimmer gegangen, um, was ich gestern Abend geschrieben hatte, zu überlesen, und dann meinen Brief zu siegeln, als gleich darauf Clerdon und Amalia mir nachgesprungen kamen; jener mit einem offe- nen Briefe in der Hand, den er mir vorhielt; diese, mit dem noch gefaltenen Einschlusse. Es waren Deine Briefe vom 18ten und 20ten. In demselben Augenblicke standen wir auch schon dicht beysammen, um mit einander zuerst den Brief an Clerdon zu lesen. Da fielen mir, als wären sie mit anderer Dinte geschrie- ben, gleich die Worte in die Augen: "Clär- chen traf eine Saite, die bebte lan- ge!" -- Du kannst Dir vorstellen, wie das
den; und welche Freude koͤnnte ich denn noch am Leben haben? Der bloße Gedanke ſchlaͤgt mich nieder, und macht mich wehmuͤthig — — — Gute Nacht, Sylli! Gute Nacht, Du Liebe, liebe, liebe!
Den 30ten Maͤrz.
Ich war heute, nach dem Fruͤhſtuͤcke, wie- der herauf in mein Zimmer gegangen, um, was ich geſtern Abend geſchrieben hatte, zu uͤberleſen, und dann meinen Brief zu ſiegeln, als gleich darauf Clerdon und Amalia mir nachgeſprungen kamen; jener mit einem offe- nen Briefe in der Hand, den er mir vorhielt; dieſe, mit dem noch gefaltenen Einſchluſſe. Es waren Deine Briefe vom 18ten und 20ten. In demſelben Augenblicke ſtanden wir auch ſchon dicht beyſammen, um mit einander zuerſt den Brief an Clerdon zu leſen. Da fielen mir, als waͤren ſie mit anderer Dinte geſchrie- ben, gleich die Worte in die Augen: „Claͤr- chen traf eine Saite, die bebte lan- ge!” — Du kannſt Dir vorſtellen, wie das
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den; und welche Freude koͤnnte ich denn noch
am Leben haben? Der bloße Gedanke ſchlaͤgt
mich nieder, und macht mich wehmuͤthig —
— — Gute Nacht, Sylli! Gute Nacht, Du
Liebe, liebe, liebe!
Den 30ten Maͤrz.
Ich war heute, nach dem Fruͤhſtuͤcke, wie-
der herauf in mein Zimmer gegangen, um,
was ich geſtern Abend geſchrieben hatte, zu
uͤberleſen, und dann meinen Brief zu ſiegeln,
als gleich darauf Clerdon und Amalia mir
nachgeſprungen kamen; jener mit einem offe-
nen Briefe in der Hand, den er mir vorhielt;
dieſe, mit dem noch gefaltenen Einſchluſſe. Es
waren Deine Briefe vom 18ten und 20ten.
In demſelben Augenblicke ſtanden wir auch
ſchon dicht beyſammen, um mit einander zuerſt
den Brief an Clerdon zu leſen. Da fielen
mir, als waͤren ſie mit anderer Dinte geſchrie-
ben, gleich die Worte in die Augen: „Claͤr-
chen traf eine Saite, die bebte lan-
ge!” — Du kannſt Dir vorſtellen, wie das
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/206>, abgerufen am 21.11.2024.
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