In Würzburg angekommen, war mein erster Gang nach dem Juliusspitale. Das prächtige Ge- bäude, die Reinlichkeit und Stille der großen Höfe, Gänge und Säle, das zufriedene Aussehen der Alten und Reconvalescenten, welche im freundlichen Garten ihren Sonnenschein genossen -- alles das machte einen wohlthuenden Eindruck auf mich. Ich ließ mich in die Kellerei führen, pries die werkthätige Menschen- liebe Julius Echter's von Messelbaum und leerte auf sein Andenken eine Flasche Leisten, eigenes Wachsthum des Spitals. Ich wurde gesprächig, der Kellermeister, welcher mir trinken helfen mußte, wurde es auch, ein Wort gab das Andere, und im Laufe dieser Gespräche sagte ich zu ihm: Es ist hier bei Ihnen so anmuthig, daß man wünschen könnte, zu Ihren Alten und Siechen zu gehören.
I. Das Juliusſpital und die beiden alten Weiber.
In Würzburg angekommen, war mein erſter Gang nach dem Juliusſpitale. Das prächtige Ge- bäude, die Reinlichkeit und Stille der großen Höfe, Gänge und Säle, das zufriedene Ausſehen der Alten und Reconvalescenten, welche im freundlichen Garten ihren Sonnenſchein genoſſen — alles das machte einen wohlthuenden Eindruck auf mich. Ich ließ mich in die Kellerei führen, pries die werkthätige Menſchen- liebe Julius Echter’s von Meſſelbaum und leerte auf ſein Andenken eine Flaſche Leiſten, eigenes Wachsthum des Spitals. Ich wurde geſprächig, der Kellermeiſter, welcher mir trinken helfen mußte, wurde es auch, ein Wort gab das Andere, und im Laufe dieſer Geſpräche ſagte ich zu ihm: Es iſt hier bei Ihnen ſo anmuthig, daß man wünſchen könnte, zu Ihren Alten und Siechen zu gehören.
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I.
Das Juliusſpital und die beiden alten
Weiber.
In Würzburg angekommen, war mein erſter
Gang nach dem Juliusſpitale. Das prächtige Ge-
bäude, die Reinlichkeit und Stille der großen Höfe,
Gänge und Säle, das zufriedene Ausſehen der Alten
und Reconvalescenten, welche im freundlichen Garten
ihren Sonnenſchein genoſſen — alles das machte einen
wohlthuenden Eindruck auf mich. Ich ließ mich in
die Kellerei führen, pries die werkthätige Menſchen-
liebe Julius Echter’s von Meſſelbaum und leerte
auf ſein Andenken eine Flaſche Leiſten, eigenes
Wachsthum des Spitals. Ich wurde geſprächig,
der Kellermeiſter, welcher mir trinken helfen mußte,
wurde es auch, ein Wort gab das Andere, und
im Laufe dieſer Geſpräche ſagte ich zu ihm: Es
iſt hier bei Ihnen ſo anmuthig, daß man wünſchen
könnte, zu Ihren Alten und Siechen zu gehören.
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/253>, abgerufen am 22.12.2024.
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