Eilftes Capitel. Worin der Freiherr seinen Abscheu vor dem Laster des Lügens nicht allein aus- spricht, sondern auch bethätigt.
Was für ein schändliches Laster ist das Lügen! Denn erstens kommt es leicht heraus, wenn Einer zu arg flunkert, und zweitens kann Jemand, der sich's angewöhnt hat, auch einmal die Wahrheit sprechen, und Keiner glaubt sie ihm dann.
Daß mein Ahnherr, der Freiherr von Münch- hausen auf Bodenwerder einmal in seinem Leben die Wahrheit sagte, und Niemand ihm glauben wollte, das hat bei dreihundert Menschen das Leben gekostet.
Wie? riefen der Baron und seine Tochter aus einem Munde.
Geschätzte Freunde und liebe Wirthe, mäßiget Euer Erstaunen, versetzte der Gast, indem er, wie
1*
Eilftes Capitel. Worin der Freiherr ſeinen Abſcheu vor dem Laſter des Lügens nicht allein aus- ſpricht, ſondern auch bethätigt.
Was für ein ſchändliches Laſter iſt das Lügen! Denn erſtens kommt es leicht heraus, wenn Einer zu arg flunkert, und zweitens kann Jemand, der ſich’s angewöhnt hat, auch einmal die Wahrheit ſprechen, und Keiner glaubt ſie ihm dann.
Daß mein Ahnherr, der Freiherr von Münch- hauſen auf Bodenwerder einmal in ſeinem Leben die Wahrheit ſagte, und Niemand ihm glauben wollte, das hat bei dreihundert Menſchen das Leben gekoſtet.
Wie? riefen der Baron und ſeine Tochter aus einem Munde.
Geſchätzte Freunde und liebe Wirthe, mäßiget Euer Erſtaunen, verſetzte der Gaſt, indem er, wie
1*
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0011"n="[3]"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Eilftes Capitel</hi>.<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><hirendition="#g">Worin der Freiherr ſeinen Abſcheu vor<lb/>
dem Laſter des Lügens nicht allein aus-<lb/>ſpricht, ſondern auch bethätigt</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Was für ein ſchändliches Laſter iſt das Lügen!<lb/>
Denn erſtens kommt es leicht heraus, wenn Einer<lb/>
zu arg flunkert, und zweitens kann Jemand, der<lb/>ſich’s angewöhnt hat, auch einmal die Wahrheit<lb/>ſprechen, und Keiner glaubt ſie ihm dann.</p><lb/><p>Daß mein Ahnherr, der Freiherr von Münch-<lb/>
hauſen auf Bodenwerder einmal in ſeinem Leben<lb/>
die Wahrheit ſagte, und Niemand ihm glauben<lb/>
wollte, das hat bei dreihundert Menſchen das<lb/>
Leben gekoſtet.</p><lb/><p>Wie? riefen der Baron und ſeine Tochter aus<lb/><hirendition="#g">einem</hi> Munde.</p><lb/><p>Geſchätzte Freunde und liebe Wirthe, mäßiget<lb/>
Euer Erſtaunen, verſetzte der Gaſt, indem er, wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[3]/0011]
Eilftes Capitel.
Worin der Freiherr ſeinen Abſcheu vor
dem Laſter des Lügens nicht allein aus-
ſpricht, ſondern auch bethätigt.
Was für ein ſchändliches Laſter iſt das Lügen!
Denn erſtens kommt es leicht heraus, wenn Einer
zu arg flunkert, und zweitens kann Jemand, der
ſich’s angewöhnt hat, auch einmal die Wahrheit
ſprechen, und Keiner glaubt ſie ihm dann.
Daß mein Ahnherr, der Freiherr von Münch-
hauſen auf Bodenwerder einmal in ſeinem Leben
die Wahrheit ſagte, und Niemand ihm glauben
wollte, das hat bei dreihundert Menſchen das
Leben gekoſtet.
Wie? riefen der Baron und ſeine Tochter aus
einem Munde.
Geſchätzte Freunde und liebe Wirthe, mäßiget
Euer Erſtaunen, verſetzte der Gaſt, indem er, wie
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/11>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.