Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.I. Der Weltraum, und Vermuthungen über das, was den Weltraum zwischen den Gestirnen zu erfüllen scheint. Man ist geneigt die physische Weltbeschreibung, wenn sie von dem anhebt, was die fernsten Himmelsräume zwischen den geballten Weltkörpern ausfüllt und unseren Organen unerreichbar bleibt, mit den mythischen Anfängen der Weltgeschichte zu vergleichen. In der unendlichen Zeit wie im unendlichen Raume erscheint alles in ungewissem, oft täuschendem Dämmerlichte. Die Phantasie ist dann zwiefach angeregt, aus eigener Fülle zu schöpfen und den unbestimmten, wechselnden Gestalten Umriß und Dauer zu geben.8 Ein solches Geständniß kann genügen, denke ich, um vor dem Vorwurf zu bewahren, das, was durch unmittelbare Beobachtung oder Messung zu einer mathematischen Gewißheit erhoben worden, mit dem zu vermischen, was auf sehr unvollständige Inductionen gegründet ist. Wilde Träume gehören in die Romantik der physischen Astronomie. Ein durch wissenschaftliche Arbeiten geübter Sinn verweilt aber gern bei solchen Fragen, welche, in genauem Zusammenhange mit dem dermaligen Zustande unseres Wissens, wie mit den Hoffnungen, welche dieser Zustand erregt, schon von den ausgezeichnetsten Astronomen unserer Zeit einer ernsten Erörterung werth gehalten worden sind. Durch den Einfluß der Gravitation oder allgemeinen Schwere, durch Licht und strahlende Wärme9 stehen wir, wie man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, in I. Der Weltraum, und Vermuthungen über das, was den Weltraum zwischen den Gestirnen zu erfüllen scheint. Man ist geneigt die physische Weltbeschreibung, wenn sie von dem anhebt, was die fernsten Himmelsräume zwischen den geballten Weltkörpern ausfüllt und unseren Organen unerreichbar bleibt, mit den mythischen Anfängen der Weltgeschichte zu vergleichen. In der unendlichen Zeit wie im unendlichen Raume erscheint alles in ungewissem, oft täuschendem Dämmerlichte. Die Phantasie ist dann zwiefach angeregt, aus eigener Fülle zu schöpfen und den unbestimmten, wechselnden Gestalten Umriß und Dauer zu geben.8 Ein solches Geständniß kann genügen, denke ich, um vor dem Vorwurf zu bewahren, das, was durch unmittelbare Beobachtung oder Messung zu einer mathematischen Gewißheit erhoben worden, mit dem zu vermischen, was auf sehr unvollständige Inductionen gegründet ist. Wilde Träume gehören in die Romantik der physischen Astronomie. Ein durch wissenschaftliche Arbeiten geübter Sinn verweilt aber gern bei solchen Fragen, welche, in genauem Zusammenhange mit dem dermaligen Zustande unseres Wissens, wie mit den Hoffnungen, welche dieser Zustand erregt, schon von den ausgezeichnetsten Astronomen unserer Zeit einer ernsten Erörterung werth gehalten worden sind. Durch den Einfluß der Gravitation oder allgemeinen Schwere, durch Licht und strahlende Wärme9 stehen wir, wie man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0044" n="39"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">I. Der Weltraum, und Vermuthungen über das, was den Weltraum zwischen den Gestirnen zu erfüllen scheint.</hi> </head><lb/> <p>Man ist geneigt die physische Weltbeschreibung, wenn sie von dem anhebt, was die fernsten Himmelsräume zwischen den geballten Weltkörpern ausfüllt und unseren Organen unerreichbar bleibt, mit den mythischen Anfängen der Weltgeschichte zu vergleichen. In der unendlichen Zeit wie im unendlichen Raume erscheint alles in ungewissem, oft täuschendem Dämmerlichte. Die Phantasie ist dann zwiefach angeregt, aus eigener Fülle zu schöpfen und den unbestimmten, wechselnden Gestalten Umriß und Dauer zu geben.<note xml:id="ftn54" next="#ftn54-text" place="end" n="8"/> Ein solches Geständniß kann genügen, denke ich, um vor dem Vorwurf zu bewahren, das, was durch unmittelbare Beobachtung oder Messung zu einer mathematischen Gewißheit erhoben worden, mit dem zu vermischen, was auf sehr unvollständige Inductionen gegründet ist. Wilde Träume gehören in die Romantik der physischen Astronomie. Ein durch wissenschaftliche Arbeiten geübter Sinn verweilt aber gern bei solchen Fragen, welche, in genauem Zusammenhange mit dem dermaligen Zustande unseres Wissens, wie mit den Hoffnungen, welche dieser Zustand erregt, schon von den ausgezeichnetsten Astronomen unserer Zeit einer ernsten Erörterung werth gehalten worden sind.</p> <p>Durch den Einfluß der Gravitation oder allgemeinen Schwere, durch Licht und strahlende Wärme<note xml:id="ftn55" next="#ftn55-text" place="end" n="9"/> stehen wir, wie man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, in </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0044]
I. Der Weltraum, und Vermuthungen über das, was den Weltraum zwischen den Gestirnen zu erfüllen scheint.
Man ist geneigt die physische Weltbeschreibung, wenn sie von dem anhebt, was die fernsten Himmelsräume zwischen den geballten Weltkörpern ausfüllt und unseren Organen unerreichbar bleibt, mit den mythischen Anfängen der Weltgeschichte zu vergleichen. In der unendlichen Zeit wie im unendlichen Raume erscheint alles in ungewissem, oft täuschendem Dämmerlichte. Die Phantasie ist dann zwiefach angeregt, aus eigener Fülle zu schöpfen und den unbestimmten, wechselnden Gestalten Umriß und Dauer zu geben.
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Ein solches Geständniß kann genügen, denke ich, um vor dem Vorwurf zu bewahren, das, was durch unmittelbare Beobachtung oder Messung zu einer mathematischen Gewißheit erhoben worden, mit dem zu vermischen, was auf sehr unvollständige Inductionen gegründet ist. Wilde Träume gehören in die Romantik der physischen Astronomie. Ein durch wissenschaftliche Arbeiten geübter Sinn verweilt aber gern bei solchen Fragen, welche, in genauem Zusammenhange mit dem dermaligen Zustande unseres Wissens, wie mit den Hoffnungen, welche dieser Zustand erregt, schon von den ausgezeichnetsten Astronomen unserer Zeit einer ernsten Erörterung werth gehalten worden sind.
Durch den Einfluß der Gravitation oder allgemeinen Schwere, durch Licht und strahlende Wärme
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