Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite
VI.
Die vielfachen oder Doppelsterne. -- Ihre Zahl und ihr
gegenseitiger Abstand. -- Umlaufszeit von zwei Sonnen um
einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt.

Wenn man in den Betrachtungen über die Fixstern-Systeme von den geahndeten allgemeineren, höheren, zu den speciellen, niederen, herabsteigt; so gewinnt man einen festeren, zur unmittelbaren Beobachtung mehr geeigneten Boden. In den vielfachen Sternen, zu denen die binären oder Doppelsterne gehören, sind mehrere selbstleuchtende Weltkörper (Sonnen) durch gegenseitige Anziehung mit einander verbunden, und diese Anziehung ruft nothwendig Bewegungen in geschlossenen krummen Linien hervor. Ehe man durch wirkliche Beobachtung den Umlauf der Doppelsterne1 erkannte, waren solche Bewegungen in geschlossenen Curven nur in unserem planetenreichen Sonnensystem bekannt. Auf diese scheinbare Analogie wurden voreilig Schlüsse gegründet, die lange auf Irrwege leiten mußten. Da man mit dem Namen Doppelstern jedes Sternpaar bezeichnete, in welchem eine sehr große Nähe dem unbewaffneten Auge die Trennung der beiden Sterne nicht gestattet (wie in Castor, a Lyrae, b Orionis, a Centauri); so mußte diese Benennung sehr natürlich zwei Classen von Sternpaaren begreifen: solche die durch ihre zufällige

VI.
Die vielfachen oder Doppelsterne. — Ihre Zahl und ihr
gegenseitiger Abstand. — Umlaufszeit von zwei Sonnen um
einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt.

Wenn man in den Betrachtungen über die Fixstern-Systeme von den geahndeten allgemeineren, höheren, zu den speciellen, niederen, herabsteigt; so gewinnt man einen festeren, zur unmittelbaren Beobachtung mehr geeigneten Boden. In den vielfachen Sternen, zu denen die binären oder Doppelsterne gehören, sind mehrere selbstleuchtende Weltkörper (Sonnen) durch gegenseitige Anziehung mit einander verbunden, und diese Anziehung ruft nothwendig Bewegungen in geschlossenen krummen Linien hervor. Ehe man durch wirkliche Beobachtung den Umlauf der Doppelsterne1 erkannte, waren solche Bewegungen in geschlossenen Curven nur in unserem planetenreichen Sonnensystem bekannt. Auf diese scheinbare Analogie wurden voreilig Schlüsse gegründet, die lange auf Irrwege leiten mußten. Da man mit dem Namen Doppelstern jedes Sternpaar bezeichnete, in welchem eine sehr große Nähe dem unbewaffneten Auge die Trennung der beiden Sterne nicht gestattet (wie in Castor, α Lyrae, β Orionis, α Centauri); so mußte diese Benennung sehr natürlich zwei Classen von Sternpaaren begreifen: solche die durch ihre zufällige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0294" n="289"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">VI.<lb/>
Die vielfachen oder Doppelsterne. &#x2014; Ihre Zahl und ihr<lb/>
gegenseitiger Abstand. &#x2014; Umlaufszeit von zwei Sonnen um<lb/>
einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt.</hi> </head><lb/>
              <p>Wenn man in den Betrachtungen über die Fixstern-Systeme von den geahndeten allgemeineren, höheren, zu den speciellen, niederen, herabsteigt; so gewinnt man einen festeren, zur unmittelbaren Beobachtung mehr geeigneten Boden. In den <hi rendition="#g">vielfachen Sternen,</hi> zu denen die <hi rendition="#g">binären</hi> oder <hi rendition="#g">Doppelsterne</hi> gehören, sind mehrere selbstleuchtende Weltkörper (Sonnen) durch gegenseitige Anziehung mit einander verbunden, und diese Anziehung ruft nothwendig Bewegungen in <hi rendition="#g">geschlossenen</hi> krummen Linien hervor. Ehe man durch wirkliche Beobachtung den Umlauf der Doppelsterne<note xml:id="ftn329" next="#ftn329-text" place="end" n="1"/> erkannte, waren solche Bewegungen in geschlossenen Curven nur in unserem planetenreichen Sonnensystem bekannt. Auf diese scheinbare Analogie wurden voreilig Schlüsse gegründet, die lange auf Irrwege leiten mußten. Da man mit dem Namen <hi rendition="#g">Doppelstern</hi> jedes Sternpaar bezeichnete, in welchem eine sehr große Nähe dem unbewaffneten Auge die Trennung der beiden Sterne nicht gestattet (wie in Castor, <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> Lyrae, <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi> Orionis, <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> Centauri); so mußte diese Benennung sehr natürlich zwei Classen von Sternpaaren begreifen: solche die durch ihre zufällige
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0294] VI. Die vielfachen oder Doppelsterne. — Ihre Zahl und ihr gegenseitiger Abstand. — Umlaufszeit von zwei Sonnen um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt. Wenn man in den Betrachtungen über die Fixstern-Systeme von den geahndeten allgemeineren, höheren, zu den speciellen, niederen, herabsteigt; so gewinnt man einen festeren, zur unmittelbaren Beobachtung mehr geeigneten Boden. In den vielfachen Sternen, zu denen die binären oder Doppelsterne gehören, sind mehrere selbstleuchtende Weltkörper (Sonnen) durch gegenseitige Anziehung mit einander verbunden, und diese Anziehung ruft nothwendig Bewegungen in geschlossenen krummen Linien hervor. Ehe man durch wirkliche Beobachtung den Umlauf der Doppelsterne ¹ erkannte, waren solche Bewegungen in geschlossenen Curven nur in unserem planetenreichen Sonnensystem bekannt. Auf diese scheinbare Analogie wurden voreilig Schlüsse gegründet, die lange auf Irrwege leiten mußten. Da man mit dem Namen Doppelstern jedes Sternpaar bezeichnete, in welchem eine sehr große Nähe dem unbewaffneten Auge die Trennung der beiden Sterne nicht gestattet (wie in Castor, α Lyrae, β Orionis, α Centauri); so mußte diese Benennung sehr natürlich zwei Classen von Sternpaaren begreifen: solche die durch ihre zufällige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/294
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/294>, abgerufen am 21.11.2024.