Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49.

Bild:
<< vorherige Seite

gen aussendet. Nach der Natur und Farbe der Erd-
oberfläche ist die Menge dieser strahlenden Wärme
verschieden. Sie ist anders in Thonschiefer- und
in Grauwackenschiefer-Gebirgen, anders auf Kalk-
stein und in Kreidehügeln. Man findet sie grösser
über dem festen Lande, als über dem Meere, wel-
ches einen Theil des Sonnenlichtes, bis zu einer
gewissen Tiefe, frei durchlässt, und seiner Flüssig-
keit und Verdampfbarkeit wegen, keiner beträcht-
lichen Erwärmung fähig ist. Sie muss stärker auf
vegetationsleeren, als auf waldigen und dabei feuch-
ten Ebenen seyn. Das plötzliche Steigen eines
Thermometers beim Durchgange eines Gewölks
durch das Zenith des Beobachters beweist, wie be-
trächtlich die Wirkung der von der Erde ausgehen-
den Wärmestrahlung, wenigstens noch in 500 bis
600 Toisen Höhe ist. Desswegen scheint auch die
Sommerhitze dann am drückendsten, wenn der Him-
mel mit Gewölk bedeckt ist, und die strahlende
Wärme des Erdkörpers auf denselben zurück gewor-
fen wird. Schon in den Problemen des Aristote-
les
, in der 25sten Section,*) wird eine ganz ähnli-
che Erklärung dieser Naturerscheinung gegeben.
Die Dunsthülle, heisst es daselbst, hindert die Wär-
me, von der Erde zu entweichen. Wenn man diese
Stelle mit einer andern sehr merkwürdigen im er-
sten Buche der Meteorologica**) zusammen hält,

*) Aristot. Opera omnia, Ed. Casaub., T. II, p. 458.
**) Meteorologica, l, 1, c. 3; l, c., p. 327.

gen ausſendet. Nach der Natur und Farbe der Erd-
oberfläche iſt die Menge dieſer ſtrahlenden Wärme
verſchieden. Sie iſt anders in Thonſchiefer- und
in Grauwackenſchiefer-Gebirgen, anders auf Kalk-
ſtein und in Kreidehügeln. Man findet ſie gröſser
über dem feſten Lande, als über dem Meere, wel-
ches einen Theil des Sonnenlichtes, bis zu einer
gewiſſen Tiefe, frei durchläſst, und ſeiner Flüſſig-
keit und Verdampfbarkeit wegen, keiner beträcht-
lichen Erwärmung fähig iſt. Sie muſs ſtärker auf
vegetationsleeren, als auf waldigen und dabei feuch-
ten Ebenen ſeyn. Das plötzliche Steigen eines
Thermometers beim Durchgange eines Gewölks
durch das Zenith des Beobachters beweiſt, wie be-
trächtlich die Wirkung der von der Erde ausgehen-
den Wärmeſtrahlung, wenigſtens noch in 500 bis
600 Toiſen Höhe iſt. Deſswegen ſcheint auch die
Sommerhitze dann am drückendſten, wenn der Him-
mel mit Gewölk bedeckt iſt, und die ſtrahlende
Wärme des Erdkörpers auf denſelben zurück gewor-
fen wird. Schon in den Problemen des Ariſtote-
les
, in der 25ſten Section,*) wird eine ganz ähnli-
che Erklärung dieſer Naturerſcheinung gegeben.
Die Dunſthülle, heiſst es daſelbſt, hindert die Wär-
me, von der Erde zu entweichen. Wenn man dieſe
Stelle mit einer andern ſehr merkwürdigen im er-
ſten Buche der Meteorologica**) zuſammen hält,

*) Ariſtot. Opera omnia, Ed. Caſaub., T. II, p. 458.
**) Meteorologica, l, 1, c. 3; l, c., p. 327.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0019" n="18"/>
gen aus&#x017F;endet. Nach der Natur und Farbe der Erd-<lb/>
oberfläche i&#x017F;t die Menge die&#x017F;er &#x017F;trahlenden Wärme<lb/>
ver&#x017F;chieden. Sie i&#x017F;t anders in Thon&#x017F;chiefer- und<lb/>
in Grauwacken&#x017F;chiefer-Gebirgen, anders auf Kalk-<lb/>
&#x017F;tein und in Kreidehügeln. Man findet &#x017F;ie grö&#x017F;ser<lb/>
über dem fe&#x017F;ten Lande, als über dem Meere, wel-<lb/>
ches einen Theil des Sonnenlichtes, bis zu einer<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Tiefe, frei durchlä&#x017F;st, und &#x017F;einer Flü&#x017F;&#x017F;ig-<lb/>
keit und Verdampfbarkeit wegen, keiner beträcht-<lb/>
lichen Erwärmung fähig i&#x017F;t. Sie mu&#x017F;s &#x017F;tärker auf<lb/>
vegetationsleeren, als auf waldigen und dabei feuch-<lb/>
ten Ebenen &#x017F;eyn. Das plötzliche Steigen eines<lb/>
Thermometers beim Durchgange eines Gewölks<lb/>
durch das Zenith des Beobachters bewei&#x017F;t, wie be-<lb/>
trächtlich die Wirkung der von der Erde ausgehen-<lb/>
den Wärme&#x017F;trahlung, wenig&#x017F;tens noch in 500 bis<lb/>
600 Toi&#x017F;en Höhe i&#x017F;t. De&#x017F;swegen &#x017F;cheint auch die<lb/>
Sommerhitze dann am drückend&#x017F;ten, wenn der Him-<lb/>
mel mit Gewölk bedeckt i&#x017F;t, und die &#x017F;trahlende<lb/>
Wärme des Erdkörpers auf den&#x017F;elben zurück gewor-<lb/>
fen wird. Schon in den <hi rendition="#i">Problemen</hi> des <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;tote-<lb/>
les</persName></hi>, in der 25&#x017F;ten Section,<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#i"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ari&#x017F;tot.</persName> Opera omnia, Ed. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116467541">Ca&#x017F;aub.</persName>,</hi> T. II, p. 458.</note> wird eine ganz ähnli-<lb/>
che Erklärung die&#x017F;er Naturer&#x017F;cheinung gegeben.<lb/>
Die Dun&#x017F;thülle, hei&#x017F;st es da&#x017F;elb&#x017F;t, hindert die Wär-<lb/>
me, von der Erde zu entweichen. Wenn man die&#x017F;e<lb/>
Stelle mit einer andern &#x017F;ehr merkwürdigen im er-<lb/>
&#x017F;ten Buche der <hi rendition="#i">Meteorologica</hi><note place="foot" n="**)"><hi rendition="#i">Meteorologica</hi>, l, 1, c. 3; l, c., p. 327.</note> zu&#x017F;ammen hält,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0019] gen ausſendet. Nach der Natur und Farbe der Erd- oberfläche iſt die Menge dieſer ſtrahlenden Wärme verſchieden. Sie iſt anders in Thonſchiefer- und in Grauwackenſchiefer-Gebirgen, anders auf Kalk- ſtein und in Kreidehügeln. Man findet ſie gröſser über dem feſten Lande, als über dem Meere, wel- ches einen Theil des Sonnenlichtes, bis zu einer gewiſſen Tiefe, frei durchläſst, und ſeiner Flüſſig- keit und Verdampfbarkeit wegen, keiner beträcht- lichen Erwärmung fähig iſt. Sie muſs ſtärker auf vegetationsleeren, als auf waldigen und dabei feuch- ten Ebenen ſeyn. Das plötzliche Steigen eines Thermometers beim Durchgange eines Gewölks durch das Zenith des Beobachters beweiſt, wie be- trächtlich die Wirkung der von der Erde ausgehen- den Wärmeſtrahlung, wenigſtens noch in 500 bis 600 Toiſen Höhe iſt. Deſswegen ſcheint auch die Sommerhitze dann am drückendſten, wenn der Him- mel mit Gewölk bedeckt iſt, und die ſtrahlende Wärme des Erdkörpers auf denſelben zurück gewor- fen wird. Schon in den Problemen des Ariſtote- les, in der 25ſten Section, *) wird eine ganz ähnli- che Erklärung dieſer Naturerſcheinung gegeben. Die Dunſthülle, heiſst es daſelbſt, hindert die Wär- me, von der Erde zu entweichen. Wenn man dieſe Stelle mit einer andern ſehr merkwürdigen im er- ſten Buche der Meteorologica **) zuſammen hält, *) Ariſtot. Opera omnia, Ed. Caſaub., T. II, p. 458. **) Meteorologica, l, 1, c. 3; l, c., p. 327.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806/19
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49, hier S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806/19>, abgerufen am 26.04.2024.