Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil II. seit Justinian
ganzen Reichs in ihren Versammlungen (Sy-
noden, Concilien) beschlossen hatten (Cano-
nes);
oder an die Belehrungen einzeler ehr-
würdigen Bischöfe, welche in ihren Decreta-
len, so wie die Auguste in ihren constitutio-
nes
anfangs selten etwas neues vorschrieben,
und noch seltener etwas neues vorschreiben
wollten. Solche Vorschriften sammelte man,
um sie allgemeiner brauchbar zu machen: ent-
weder schrieb man einen bloßen Codex Ca-
nonum,
wie Dionys der Kleine, ein Zeit-
genosse Justinians, oder man stellte in ei-
nem Nomocanon auch die Gesetze des Re-
genten daneben.

§. 179.

Je mehr die Gesellschaft sich bildete, de-
sto mehr entstanden neue Fragen, deren
Entscheidungen das Canonische Recht aus-
machen. Die Subordination der Bischöfe
unter die Erzbischöfe, der Erzbischöfe unter
die Patriarchen, ward immer merklicher, und
nach manchem Wechsel glücklicher und un-
glücklicher Begebenheiten, erhob sich der Pa-
triarch von Rom zum Pabste, zum Herrn
der Kirche, und zum unabhängigen Regen-
ten. Wirkungen der Hierarchie waren Ap-
pellationen und Absetzungen, die Lehre von
Legaten und dem Pallium. Als Benedict
von Nursia
, auch ein Zeitgenosse Justi-

nians

Theil II. ſeit Juſtinian
ganzen Reichs in ihren Verſammlungen (Sy-
noden, Concilien) beſchloſſen hatten (Cano-
nes);
oder an die Belehrungen einzeler ehr-
wuͤrdigen Biſchoͤfe, welche in ihren Decreta-
len, ſo wie die Auguſte in ihren conſtitutio-
nes
anfangs ſelten etwas neues vorſchrieben,
und noch ſeltener etwas neues vorſchreiben
wollten. Solche Vorſchriften ſammelte man,
um ſie allgemeiner brauchbar zu machen: ent-
weder ſchrieb man einen bloßen Codex Ca-
nonum,
wie Dionys der Kleine, ein Zeit-
genoſſe Juſtinians, oder man ſtellte in ei-
nem Nomocanon auch die Geſetze des Re-
genten daneben.

§. 179.

Je mehr die Geſellſchaft ſich bildete, de-
ſto mehr entſtanden neue Fragen, deren
Entſcheidungen das Canoniſche Recht aus-
machen. Die Subordination der Biſchoͤfe
unter die Erzbiſchoͤfe, der Erzbiſchoͤfe unter
die Patriarchen, ward immer merklicher, und
nach manchem Wechſel gluͤcklicher und un-
gluͤcklicher Begebenheiten, erhob ſich der Pa-
triarch von Rom zum Pabſte, zum Herrn
der Kirche, und zum unabhaͤngigen Regen-
ten. Wirkungen der Hierarchie waren Ap-
pellationen und Abſetzungen, die Lehre von
Legaten und dem Pallium. Als Benedict
von Nurſia
, auch ein Zeitgenoſſe Juſti-

nians
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0226" n="214"/><fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">II.</hi> &#x017F;eit Ju&#x017F;tinian</fw><lb/>
ganzen Reichs in ihren Ver&#x017F;ammlungen (Sy-<lb/>
noden, Concilien) be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatten <hi rendition="#aq">(Cano-<lb/>
nes);</hi> oder an die Belehrungen einzeler ehr-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Bi&#x017F;cho&#x0364;fe, welche in ihren Decreta-<lb/>
len, &#x017F;o wie die Augu&#x017F;te in ihren <hi rendition="#aq">con&#x017F;titutio-<lb/>
nes</hi> anfangs &#x017F;elten etwas neues vor&#x017F;chrieben,<lb/>
und noch &#x017F;eltener etwas neues vor&#x017F;chreiben<lb/>
wollten. Solche Vor&#x017F;chriften &#x017F;ammelte man,<lb/>
um &#x017F;ie allgemeiner brauchbar zu machen: ent-<lb/>
weder &#x017F;chrieb man einen bloßen <hi rendition="#aq">Codex Ca-<lb/>
nonum,</hi> wie <hi rendition="#fr">Dionys der Kleine</hi>, ein Zeit-<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tinians</hi>, oder man &#x017F;tellte in ei-<lb/>
nem <hi rendition="#aq">Nomocanon</hi> auch die Ge&#x017F;etze des Re-<lb/>
genten daneben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 179.</head><lb/>
          <p>Je mehr die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;ich bildete, de-<lb/>
&#x017F;to mehr ent&#x017F;tanden neue Fragen, deren<lb/>
Ent&#x017F;cheidungen das Canoni&#x017F;che Recht aus-<lb/>
machen. Die Subordination der Bi&#x017F;cho&#x0364;fe<lb/>
unter die Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fe, der Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fe unter<lb/>
die Patriarchen, ward immer merklicher, und<lb/>
nach manchem Wech&#x017F;el glu&#x0364;cklicher und un-<lb/>
glu&#x0364;cklicher Begebenheiten, erhob &#x017F;ich der Pa-<lb/>
triarch von Rom zum Pab&#x017F;te, zum Herrn<lb/>
der Kirche, und zum unabha&#x0364;ngigen Regen-<lb/>
ten. Wirkungen der Hierarchie waren Ap-<lb/>
pellationen und Ab&#x017F;etzungen, die Lehre von<lb/>
Legaten und dem Pallium. Als <hi rendition="#fr">Benedict<lb/>
von Nur&#x017F;ia</hi>, auch ein Zeitgeno&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;ti-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">nians</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0226] Theil II. ſeit Juſtinian ganzen Reichs in ihren Verſammlungen (Sy- noden, Concilien) beſchloſſen hatten (Cano- nes); oder an die Belehrungen einzeler ehr- wuͤrdigen Biſchoͤfe, welche in ihren Decreta- len, ſo wie die Auguſte in ihren conſtitutio- nes anfangs ſelten etwas neues vorſchrieben, und noch ſeltener etwas neues vorſchreiben wollten. Solche Vorſchriften ſammelte man, um ſie allgemeiner brauchbar zu machen: ent- weder ſchrieb man einen bloßen Codex Ca- nonum, wie Dionys der Kleine, ein Zeit- genoſſe Juſtinians, oder man ſtellte in ei- nem Nomocanon auch die Geſetze des Re- genten daneben. §. 179. Je mehr die Geſellſchaft ſich bildete, de- ſto mehr entſtanden neue Fragen, deren Entſcheidungen das Canoniſche Recht aus- machen. Die Subordination der Biſchoͤfe unter die Erzbiſchoͤfe, der Erzbiſchoͤfe unter die Patriarchen, ward immer merklicher, und nach manchem Wechſel gluͤcklicher und un- gluͤcklicher Begebenheiten, erhob ſich der Pa- triarch von Rom zum Pabſte, zum Herrn der Kirche, und zum unabhaͤngigen Regen- ten. Wirkungen der Hierarchie waren Ap- pellationen und Abſetzungen, die Lehre von Legaten und dem Pallium. Als Benedict von Nurſia, auch ein Zeitgenoſſe Juſti- nians

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/226
Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/226>, abgerufen am 03.12.2024.