Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite
Anlage 2 zu oben S. 34 und 40.
Strassenwesen in der römischen Kaiserzeit.

In technischer Beziehung bietet die kostspielige Horizon-
talität
und nivellierende Ausgleichung, der geradlinige Bau,
und die Breitspurigkeit eine hübsche Parallele zwischen der
Römerstrasse und der modernen Eisenbahn. Wo in Frankreich,
Rheinland und Süddeutschland eine ältere Fahrbahn durch einen
Hohlweg führt, also nivelliert ist, kann man darauf rechnen,
beim Nachgraben auf eine Römerstrasse zu stossen. Den Mittel-
punkt des Strassennetzes, den Triangulationspunkt, den Aus-
gangs- und Endpunkt aller Strassen des Reiches bezeichnete der
"goldene Meilenstein" am Forum Romanum 1), so wenigstens

1) Rom steht in der Entwickelung des Städtewesens und demgemäss
auch des Strassenwesens von Anfang an in einem gewissen Gegensatz zu
Griechenland, wenigstens zu dem Griechenland nach Alexanders Zeit. Während
Griechenland mehr See- als Landstrassen hat, betreibt Rom als hauptsäch-
liche Landmacht, systematisch -- wie es im 2. Jhh. vor Chr. in Vorderasien
geschieht -- die Erbauung der Städte und Strassen als ein Mittel seiner
Strategie. --
Im Mittelalter stand die Technik, so reich sich auch der Hochbau (Klöster,
Dome, Paläste) entwickelte, ebenso sehr im Strassenbau hinter der des Alter-
tums zurück. --
Wie immer und überall so erzielte auch das römische Kaiserreich die
Centralisierung und die Steigerung des Verkehrs eine einheitliche Ver-
schmelzung, eine Nivellierung und Universalierung der Lebenshaltung, eine
uniforme Civilisation und Weltanschauung -- auch in formaler Beziehung;
die universale Bildung des "Civis Romanus" umschloss die damalige Welt.
Dies gibt sich noch in den Ueberresten, welche sich bis auf unsere Tage er-
halten haben, u. a. darin kund, dass z. B. das Haus in Pompeji den gleichen
Riss und die gleiche Konstruktion zeigt, wie das etwa in Rottweil aus-
gegrabene (die Römer nahmen wie die heutigen Engländer einen einheitlichen
Zuschnitt der Lebensgewohnheit überall hin mit; es kann keiner römischen Mo-
saikarbeit angesehen werden, ob sie in Tunis oder England, in Andalusien
oder etwa in Salzburg fabriziert und ausgegraben worden ist.
Anlage 2 zu oben S. 34 und 40.
Strassenwesen in der römischen Kaiserzeit.

In technischer Beziehung bietet die kostspielige Horizon-
talität
und nivellierende Ausgleichung, der geradlinige Bau,
und die Breitspurigkeit eine hübsche Parallele zwischen der
Römerstrasse und der modernen Eisenbahn. Wo in Frankreich,
Rheinland und Süddeutschland eine ältere Fahrbahn durch einen
Hohlweg führt, also nivelliert ist, kann man darauf rechnen,
beim Nachgraben auf eine Römerstrasse zu stossen. Den Mittel-
punkt des Strassennetzes, den Triangulationspunkt, den Aus-
gangs- und Endpunkt aller Strassen des Reiches bezeichnete der
»goldene Meilenstein« am Forum Romanum 1), so wenigstens

1) Rom steht in der Entwickelung des Städtewesens und demgemäss
auch des Strassenwesens von Anfang an in einem gewissen Gegensatz zu
Griechenland, wenigstens zu dem Griechenland nach Alexanders Zeit. Während
Griechenland mehr See- als Landstrassen hat, betreibt Rom als hauptsäch-
liche Landmacht, systematisch — wie es im 2. Jhh. vor Chr. in Vorderasien
geschieht — die Erbauung der Städte und Strassen als ein Mittel seiner
Strategie. —
Im Mittelalter stand die Technik, so reich sich auch der Hochbau (Klöster,
Dome, Paläste) entwickelte, ebenso sehr im Strassenbau hinter der des Alter-
tums zurück. —
Wie immer und überall so erzielte auch das römische Kaiserreich die
Centralisierung und die Steigerung des Verkehrs eine einheitliche Ver-
schmelzung, eine Nivellierung und Universalierung der Lebenshaltung, eine
uniforme Civilisation und Weltanschauung — auch in formaler Beziehung;
die universale Bildung des »Civis Romanus« umschloss die damalige Welt.
Dies gibt sich noch in den Ueberresten, welche sich bis auf unsere Tage er-
halten haben, u. a. darin kund, dass z. B. das Haus in Pompeji den gleichen
Riss und die gleiche Konstruktion zeigt, wie das etwa in Rottweil aus-
gegrabene (die Römer nahmen wie die heutigen Engländer einen einheitlichen
Zuschnitt der Lebensgewohnheit überall hin mit; es kann keiner römischen Mo-
saikarbeit angesehen werden, ob sie in Tunis oder England, in Andalusien
oder etwa in Salzburg fabriziert und ausgegraben worden ist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0155" n="[139]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Anlage 2 zu oben S. 34 und 40.</hi><lb/><hi rendition="#g">Strassenwesen in der römischen Kaiserzeit</hi>.</head><lb/>
          <p>In technischer Beziehung bietet die kostspielige <hi rendition="#g">Horizon-<lb/>
talität</hi> und nivellierende Ausgleichung, der geradlinige Bau,<lb/>
und die Breitspurigkeit eine hübsche Parallele zwischen der<lb/>
Römerstrasse und der modernen Eisenbahn. Wo in Frankreich,<lb/>
Rheinland und Süddeutschland eine ältere Fahrbahn durch einen<lb/>
Hohlweg führt, also nivelliert ist, kann man darauf rechnen,<lb/>
beim Nachgraben auf eine Römerstrasse zu stossen. Den Mittel-<lb/>
punkt des Strassennetzes, den Triangulationspunkt, den Aus-<lb/>
gangs- und Endpunkt aller Strassen des Reiches bezeichnete der<lb/>
»goldene Meilenstein« am Forum Romanum <note place="foot" n="1)">Rom steht in der Entwickelung des Städtewesens und demgemäss<lb/>
auch des Strassenwesens von Anfang an in einem gewissen Gegensatz zu<lb/>
Griechenland, wenigstens zu dem Griechenland nach Alexanders Zeit. Während<lb/>
Griechenland mehr See- als Landstrassen hat, betreibt Rom als hauptsäch-<lb/>
liche Landmacht, systematisch &#x2014; wie es im 2. Jhh. vor Chr. in Vorderasien<lb/>
geschieht &#x2014; die Erbauung der Städte und Strassen als ein Mittel seiner<lb/>
Strategie. &#x2014;<lb/>
Im Mittelalter stand die Technik, so reich sich auch der Hochbau (Klöster,<lb/>
Dome, Paläste) entwickelte, ebenso sehr im Strassenbau hinter der des Alter-<lb/>
tums zurück. &#x2014;<lb/>
Wie immer und überall so erzielte auch das römische Kaiserreich die<lb/>
Centralisierung und die Steigerung des Verkehrs eine einheitliche Ver-<lb/>
schmelzung, eine Nivellierung und Universalierung der Lebenshaltung, eine<lb/>
uniforme Civilisation und Weltanschauung &#x2014; auch in formaler Beziehung;<lb/>
die universale Bildung des »Civis Romanus« umschloss die damalige Welt.<lb/>
Dies gibt sich noch in den Ueberresten, welche sich bis auf unsere Tage er-<lb/>
halten haben, u. a. darin kund, dass z. B. das Haus in Pompeji den gleichen<lb/>
Riss und die gleiche Konstruktion zeigt, wie das etwa in Rottweil aus-<lb/>
gegrabene (die Römer nahmen wie die heutigen Engländer einen einheitlichen<lb/>
Zuschnitt der Lebensgewohnheit überall hin mit; es kann keiner römischen Mo-<lb/>
saikarbeit angesehen werden, ob sie in Tunis oder England, in Andalusien<lb/>
oder etwa in Salzburg fabriziert und ausgegraben worden ist.</note>, so wenigstens<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[139]/0155] Anlage 2 zu oben S. 34 und 40. Strassenwesen in der römischen Kaiserzeit. In technischer Beziehung bietet die kostspielige Horizon- talität und nivellierende Ausgleichung, der geradlinige Bau, und die Breitspurigkeit eine hübsche Parallele zwischen der Römerstrasse und der modernen Eisenbahn. Wo in Frankreich, Rheinland und Süddeutschland eine ältere Fahrbahn durch einen Hohlweg führt, also nivelliert ist, kann man darauf rechnen, beim Nachgraben auf eine Römerstrasse zu stossen. Den Mittel- punkt des Strassennetzes, den Triangulationspunkt, den Aus- gangs- und Endpunkt aller Strassen des Reiches bezeichnete der »goldene Meilenstein« am Forum Romanum 1), so wenigstens 1) Rom steht in der Entwickelung des Städtewesens und demgemäss auch des Strassenwesens von Anfang an in einem gewissen Gegensatz zu Griechenland, wenigstens zu dem Griechenland nach Alexanders Zeit. Während Griechenland mehr See- als Landstrassen hat, betreibt Rom als hauptsäch- liche Landmacht, systematisch — wie es im 2. Jhh. vor Chr. in Vorderasien geschieht — die Erbauung der Städte und Strassen als ein Mittel seiner Strategie. — Im Mittelalter stand die Technik, so reich sich auch der Hochbau (Klöster, Dome, Paläste) entwickelte, ebenso sehr im Strassenbau hinter der des Alter- tums zurück. — Wie immer und überall so erzielte auch das römische Kaiserreich die Centralisierung und die Steigerung des Verkehrs eine einheitliche Ver- schmelzung, eine Nivellierung und Universalierung der Lebenshaltung, eine uniforme Civilisation und Weltanschauung — auch in formaler Beziehung; die universale Bildung des »Civis Romanus« umschloss die damalige Welt. Dies gibt sich noch in den Ueberresten, welche sich bis auf unsere Tage er- halten haben, u. a. darin kund, dass z. B. das Haus in Pompeji den gleichen Riss und die gleiche Konstruktion zeigt, wie das etwa in Rottweil aus- gegrabene (die Römer nahmen wie die heutigen Engländer einen einheitlichen Zuschnitt der Lebensgewohnheit überall hin mit; es kann keiner römischen Mo- saikarbeit angesehen werden, ob sie in Tunis oder England, in Andalusien oder etwa in Salzburg fabriziert und ausgegraben worden ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/155
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. [139]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/155>, abgerufen am 22.12.2024.