Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.9. Der Mond blitzt durch die Fensterscherben, Ums dunkle Dachwerk pfeift der Wind Und Nachbars Lieschen liegt im Sterben Und ihre Mutter weint sich blind. Das Haar gebleicht von tausend Sorgen, Im dünnen Kleidchen von Kattun, Erwartet sehnlich sie den Morgen -- Der Apotheker will nicht borgen, Der Doctor hat "zu viel zu thun"! ... Der Märznacht goldne Sterne scheinen,
Ihr Himmel deckt uns alle zu: Hör auf, du Mütterchen, mit Weinen, Dein Kind ist besser dran, als du! Es braucht nicht nähend mehr zu sputen Sich spät bis in die Nacht hinein, Und wenn die Lüfte sie umfluthen Und roth die Rosen wieder bluten, Spielt um sein Grab der Sonnenschein! 9. Der Mond blitzt durch die Fenſterſcherben, Ums dunkle Dachwerk pfeift der Wind Und Nachbars Lieschen liegt im Sterben Und ihre Mutter weint ſich blind. Das Haar gebleicht von tauſend Sorgen, Im dünnen Kleidchen von Kattun, Erwartet ſehnlich ſie den Morgen — Der Apotheker will nicht borgen, Der Doctor hat „zu viel zu thun“! ... Der Märznacht goldne Sterne ſcheinen,
Ihr Himmel deckt uns alle zu: Hör auf, du Mütterchen, mit Weinen, Dein Kind iſt beſſer dran, als du! Es braucht nicht nähend mehr zu ſputen Sich ſpät bis in die Nacht hinein, Und wenn die Lüfte ſie umfluthen Und roth die Roſen wieder bluten, Spielt um ſein Grab der Sonnenſchein! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0432" n="410"/> </div> <div n="2"> <head>9.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Mond blitzt durch die Fenſterſcherben,</l><lb/> <l>Ums dunkle Dachwerk pfeift der Wind</l><lb/> <l>Und Nachbars Lieschen liegt im Sterben</l><lb/> <l>Und ihre Mutter weint ſich blind.</l><lb/> <l>Das Haar gebleicht von tauſend Sorgen,</l><lb/> <l>Im dünnen Kleidchen von Kattun,</l><lb/> <l>Erwartet ſehnlich ſie den Morgen —</l><lb/> <l>Der Apotheker will nicht borgen,</l><lb/> <l>Der Doctor hat „zu viel zu thun“! ...</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der Märznacht goldne Sterne ſcheinen,</l><lb/> <l>Ihr Himmel deckt uns alle zu:</l><lb/> <l>Hör auf, du Mütterchen, mit Weinen,</l><lb/> <l>Dein Kind iſt beſſer dran, als du!</l><lb/> <l>Es braucht nicht nähend mehr zu ſputen</l><lb/> <l>Sich ſpät bis in die Nacht hinein,</l><lb/> <l>Und wenn die Lüfte ſie umfluthen</l><lb/> <l>Und roth die Roſen wieder bluten,</l><lb/> <l>Spielt um ſein Grab der Sonnenſchein!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [410/0432]
9.
Der Mond blitzt durch die Fenſterſcherben,
Ums dunkle Dachwerk pfeift der Wind
Und Nachbars Lieschen liegt im Sterben
Und ihre Mutter weint ſich blind.
Das Haar gebleicht von tauſend Sorgen,
Im dünnen Kleidchen von Kattun,
Erwartet ſehnlich ſie den Morgen —
Der Apotheker will nicht borgen,
Der Doctor hat „zu viel zu thun“! ...
Der Märznacht goldne Sterne ſcheinen,
Ihr Himmel deckt uns alle zu:
Hör auf, du Mütterchen, mit Weinen,
Dein Kind iſt beſſer dran, als du!
Es braucht nicht nähend mehr zu ſputen
Sich ſpät bis in die Nacht hinein,
Und wenn die Lüfte ſie umfluthen
Und roth die Roſen wieder bluten,
Spielt um ſein Grab der Sonnenſchein!
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