Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Ausgepfiffen! Das Leben ist eine Komödie Und geht oft über den Spaß Und gleicht dann jener Tragödie, In der Einer den Andern fraß. Und wenn wir's auch nicht wollen, Wir kommen doch alle drin vor Und spielen die nöthigen Rollen Vom Jean bis zum Heldentenor. Und wer mit seiner Visage Am besten zu gaunern gelernt, Erhält die nobelste Gage Und wird auch mitunter besternt. Ich studirte mir manche Falte Und trat vor das volle Haus, Doch blieb ich immer der Alte -- Drum pfiff mich das Publikum aus! Ausgepfiffen! Das Leben iſt eine Komödie Und geht oft über den Spaß Und gleicht dann jener Tragödie, In der Einer den Andern fraß. Und wenn wir's auch nicht wollen, Wir kommen doch alle drin vor Und ſpielen die nöthigen Rollen Vom Jean bis zum Heldentenor. Und wer mit ſeiner Viſage Am beſten zu gaunern gelernt, Erhält die nobelſte Gage Und wird auch mitunter beſternt. Ich ſtudirte mir manche Falte Und trat vor das volle Haus, Doch blieb ich immer der Alte — Drum pfiff mich das Publikum aus! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="371" facs="#f0393"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ausgepfiffen!</hi><lb/> </head> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>as Leben iſt eine Komödie</l><lb/> <l>Und geht oft über den Spaß</l><lb/> <l>Und gleicht dann jener Tragödie,</l><lb/> <l>In der Einer den Andern fraß.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und wenn wir's auch nicht wollen,</l><lb/> <l>Wir kommen doch alle drin vor</l><lb/> <l>Und ſpielen die nöthigen Rollen</l><lb/> <l>Vom Jean bis zum Heldentenor.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Und wer mit ſeiner Viſage</l><lb/> <l>Am beſten zu gaunern gelernt,</l><lb/> <l>Erhält die nobelſte Gage</l><lb/> <l>Und wird auch mitunter beſternt.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ich ſtudirte mir manche Falte</l><lb/> <l>Und trat vor das volle Haus,</l><lb/> <l>Doch blieb ich immer der Alte —</l><lb/> <l>Drum pfiff mich das Publikum aus!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [371/0393]
Ausgepfiffen!
Das Leben iſt eine Komödie
Und geht oft über den Spaß
Und gleicht dann jener Tragödie,
In der Einer den Andern fraß.
Und wenn wir's auch nicht wollen,
Wir kommen doch alle drin vor
Und ſpielen die nöthigen Rollen
Vom Jean bis zum Heldentenor.
Und wer mit ſeiner Viſage
Am beſten zu gaunern gelernt,
Erhält die nobelſte Gage
Und wird auch mitunter beſternt.
Ich ſtudirte mir manche Falte
Und trat vor das volle Haus,
Doch blieb ich immer der Alte —
Drum pfiff mich das Publikum aus!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/393 |
Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/393>, abgerufen am 03.03.2025. |