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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Zwölfftes Buch/ Holtz und Weidwerck.
[Spaltenumbruch] darzu ausgesehen hat) aufpassen; theils Jäger nehmen
zwey Röhr zu sich/ das eine am Rucken mit einem Rie-
men angehenckt/ das andere über den Nacken/ imfall
das Schwein vom ersten Schuß nicht bliebe/ alsobald
mit dem andern fertig zu seyn/ demselbigen die Flucht
damit zu benehmen.

Die Franzosen hetzen wol auch die wilden Schwei-
ne mit den Chiens Courans, ist aber/ wie oben gemel-
det/ kostbar/ mühsam/ und wegen allerhand Zufälle/
gefährlich.

[Spaltenumbruch]

Nicht weniger wird ihnen auch mit Selb-geschossen
und Fallbäumen nachgestellt/ weil es aber mißlich da-
mit/ und solches Unglück aus Unvorsichtigkeit wol einen
Menschen/ oder sonst ein anders nutzliches Thier (dem
es nicht vermeynt worden) treffen möchte/ ist es in Un-
serer Lands-Fürstlichen Jäger-Ordnung/ mit gutem
Fug/ allerhand Unglücks-Fälle/ aufs beste/ als immer
möglich/ zu praecaviren/ verbotten und aufgehebt wor-
den.

Cap. LXII.
Von den Dännhirschen/ Reenthieren und Elend.
[Spaltenumbruch]

DEr Dammhirsch wird bey den Latinern Dama
vulgaris
und Platyceros, wegen seines breiten
Geweyhes genennet/ in diesen Ländern wird er
allein in den grossen Thiergärten und Stadtgräben er-
halten/ weil es in unsern Wäldern dergleichen nicht gibt;
Jn der Schweitz aber/ als bey Lucern/ wie Gesnerus in
seinem grossen Thierbuch bezeuget/ werden sie offt und
viel in den Wäldern gefangen/ sein Faisch/ wie Aristo-
teles
saget/ gestocke sich nicht/ er soll als ein forchtsam
Thier keine Galle haben.

Sie sind mittelmässig unter den Hirschen und Re-
hen/ grösser dann diese/ und kleiner dann jene/ sind zwey-
erley Farben/ etliche weiß/ und etliche rothgelblicht mit
weissen Flecklein/ sein Geweyhe ist grösser/ breiter und
schwerer als eines Hirschen. Jn Franckreich muß man
sie ohne Zweifel auch in den Wäldern finden/ dann Ga-
ston de Foix, Seigneur du Ru,
unter dem Namen la
Chasse du Roy Phoebus
vermeldet/ daß sie mit den Chi-
ens Courans
gehetzt werden/ wie die Hirschen/ er hat einen
längern Schweiff/ als ein Hirsch/ sie setzen ihre Jungen
mehrentheils zu Ende des Maymonats; hat sonst fast mit
den Hirschen gleiche Eigenschafft/ ausser/ daß er später in
die Brunst tritt/ und wann der Hirsch schon über 14 Tage
darinnen gewesen/ macht er erstlich seinen Anfang; Man
spühret seiner Fahrt nach/ wo er wild ist/ allermassen wie
dem Hirschen/ lässet auch gleichfalls/ nachdem er Weide
hat/ unterschiedliche Geloß/ wann ihn die Hunde verfolgen/
dauret er nicht so lang als die Hirschen/ begiebt sich auch
in die Wasser/ aber nicht in so grosse und schnellfliessende/
hat keine so starcke Stimm in der Brunst/ als der Hirsch/
und verschluckt die Stimme gleichsam in der Gurgel;
Hirschen und Dämlein haben einander nicht lieb/ und
wo sich eines aufhält/ daselbst weichet das andere; das
Jägerrecht von den Dämlein ist den Jagthunden viel
angenehmer/ als von den Hirschen/ Zweifelsohne/ weil
sein Wildpret milder und lieblicher zu essen ist/ es wird
in Saltz und Kranwethbeer eingemacht und lang behal-
ten/ wie das Hirschen- und Schweinen-Wildpret;
die Dähnlein halten sich gern auf an trockenen Gegen-
den/ und gehen Schaarweise/ ausser vom Ende des
May an/ biß zu Ende des Augusti, aus Furcht der Flie-
gen und Bremen/ suchen sie dicke Gebüsche/ sie sind gern
in erhöhten Ländern/ wo es Thal und kleine Gebürge
giebt.

Jn unsern Oesterreichischen Ländern werden sie al-
lein in gesperrten Thiergärten erhalten/ da sie sich jähr-
lich wol mehren/ im Winter muß man sie mit Heu und
[Spaltenumbruch] anderer Fütterey versehen; ist ein schönes und holdseli-
ges Thier.

Wiewol diese zwey folgende Thiere in unsern Teut-
schen Ländern nicht/ sondern nur in den Mitternächti-
schen Provinzen/ Norwegen/ Lappland gefunden wer-
den; habe ich/ weil sie auch eine Art von Hirschen sind/
dennoch allhier ihrer einige Anregung thun wollen.

Die ersten heissen die Lappones Hercki oder Pu-
atze,
die Schweden Rheen, und die Teutschen Reen-
thier/ ist grösser und stärcker als ein Hirsch/ sonderlich am
Leib/ aber an Beinen etwas niederer/ das Geweyhe
hat zwey hohe Stangen/ wie an den Hirschen/ mit vie-
len Zincken/ daran doch unten zwey/ bißweilen auch nur
ein Ast vorwärts für die Augen heraus gebogen ist/ die
Weiblein sind gleichfalls damit bewaffnet/ sind aber die
Geweyhe kleiner. Jst sonst ein wildes Thier/ und
wird in Lappland in grosser Menge angetroffen/ viel aber
sind von den Lappen gezähmet/ und werden die zahmen
Weiblein von den wilden Männlein bißweilen besaa-
met/ daraus eine dritte Art entspringet/ die stärcker und
zu dem Schlitten bequemer sind; im Herbst um S.
Matthoei tretten sie in die Brunst/ tragen 40 Wochen/
und gebären meistens im Anfang des Mayen nur allzeit
ein Junges/ die Galten werden so fett/ als wären sie
gemästet/ und diese schlachten sie zur Speise.

Der Kälber Farb ist erstlich roth und geel vermischt/
hernach ändert es sich und wird schwärtzlicht/ im vierten
Jahr erlangen sie ihre rechte Stärcke und Grösse/ die
man in Schlitten braucht/ werden alle verschnitten/
wann sie das erste Jahr erreichen; sind eines sehr ge-
schwinden Lauffs/ daß sie in einem Tag 10 und 12 Mei-
len über den Schnee lauffen können; zu 200 Weiblein
nehmen sie wegen der Zucht kaum 40 Männlein/ die
Weiblein werden von Weib und Mann gemolcken/
aber des Tags nur einmal/ ihre Milch ist dick/ und näh-
ret sehr wol/ davon kochen die Lappen/ oder machen
Käse davon/ die sind fetter und ölichter Eigenschafft/
aber Butter mögen sie nicht daraus machen/ wiewol es
offt versucht worden/ doch lassen sie die Milch in einem
Kessel/ wie Käse/ gerinnen/ und rühren es mit einem
Stöcklein fleissig herum/ biß endlich die Butter/ die eine
Farbe wie Unschlit oder Talch hat/ zubereitet wird/ die
sie mit ein wenig Saltz bestreuen/ und also in einem
Gefässe zur Speise aufheben.

Der Reenthier Nahrung ist Gras/ Kräuter und
Laub/ auch Winters-Zeiten der kleine Moos oder Mies/
davon sie fett werden; die Hitz können sie nicht ertra-
gen/ daher sie allzeit im Sommer schlechter und magerer

sind/

Zwoͤlfftes Buch/ Holtz und Weidwerck.
[Spaltenumbruch] darzu ausgeſehen hat) aufpaſſen; theils Jaͤger nehmen
zwey Roͤhr zu ſich/ das eine am Rucken mit einem Rie-
men angehenckt/ das andere uͤber den Nacken/ imfall
das Schwein vom erſten Schuß nicht bliebe/ alſobald
mit dem andern fertig zu ſeyn/ demſelbigen die Flucht
damit zu benehmen.

Die Franzoſen hetzen wol auch die wilden Schwei-
ne mit den Chiens Courans, iſt aber/ wie oben gemel-
det/ koſtbar/ muͤhſam/ und wegen allerhand Zufaͤlle/
gefaͤhrlich.

[Spaltenumbruch]

Nicht weniger wird ihnen auch mit Selb-geſchoſſen
und Fallbaͤumen nachgeſtellt/ weil es aber mißlich da-
mit/ und ſolches Ungluͤck aus Unvorſichtigkeit wol einen
Menſchen/ oder ſonſt ein anders nutzliches Thier (dem
es nicht vermeynt worden) treffen moͤchte/ iſt es in Un-
ſerer Lands-Fuͤrſtlichen Jaͤger-Ordnung/ mit gutem
Fug/ allerhand Ungluͤcks-Faͤlle/ aufs beſte/ als immer
moͤglich/ zu præcaviren/ verbotten und aufgehebt wor-
den.

Cap. LXII.
Von den Daͤnnhirſchen/ Reenthieren und Elend.
[Spaltenumbruch]

DEr Dammhirſch wird bey den Latinern Dama
vulgaris
und Platyceros, wegen ſeines breiten
Geweyhes genennet/ in dieſen Laͤndern wird er
allein in den groſſen Thiergaͤrten und Stadtgraͤben er-
halten/ weil es in unſern Waͤldern dergleichen nicht gibt;
Jn der Schweitz aber/ als bey Lucern/ wie Geſnerus in
ſeinem groſſen Thierbuch bezeuget/ werden ſie offt und
viel in den Waͤldern gefangen/ ſein Faiſch/ wie Ariſto-
teles
ſaget/ geſtocke ſich nicht/ er ſoll als ein forchtſam
Thier keine Galle haben.

Sie ſind mittelmaͤſſig unter den Hirſchen und Re-
hen/ groͤſſer dann dieſe/ und kleiner dann jene/ ſind zwey-
erley Farben/ etliche weiß/ und etliche rothgelblicht mit
weiſſen Flecklein/ ſein Geweyhe iſt groͤſſer/ breiter und
ſchwerer als eines Hirſchen. Jn Franckreich muß man
ſie ohne Zweifel auch in den Waͤldern finden/ dann Ga-
ſton de Foix, Seigneur du Rù,
unter dem Namen la
Chaſſe du Roy Phœbus
vermeldet/ daß ſie mit den Chi-
ens Courans
gehetzt werden/ wie die Hirſchen/ er hat einẽ
laͤngern Schweiff/ als ein Hirſch/ ſie ſetzen ihre Jungen
mehrentheils zu Ende des Maymonats; hat ſonſt faſt mit
den Hirſchen gleiche Eigenſchafft/ auſſer/ daß er ſpaͤter in
die Brunſt tritt/ und wann der Hirſch ſchon uͤber 14 Tage
darinnen geweſen/ macht er erſtlich ſeinen Anfang; Man
ſpuͤhret ſeiner Fahrt nach/ wo er wild iſt/ allermaſſen wie
dem Hirſchen/ laͤſſet auch gleichfalls/ nachdem er Weide
hat/ unterſchiedliche Geloß/ wañ ihn die Hunde verfolgen/
dauret er nicht ſo lang als die Hirſchen/ begiebt ſich auch
in die Waſſer/ aber nicht in ſo groſſe und ſchnellflieſſende/
hat keine ſo ſtarcke Stimm in der Brunſt/ als der Hirſch/
und verſchluckt die Stimme gleichſam in der Gurgel;
Hirſchen und Daͤmlein haben einander nicht lieb/ und
wo ſich eines aufhaͤlt/ daſelbſt weichet das andere; das
Jaͤgerrecht von den Daͤmlein iſt den Jagthunden viel
angenehmer/ als von den Hirſchen/ Zweifelsohne/ weil
ſein Wildpret milder und lieblicher zu eſſen iſt/ es wird
in Saltz und Kranwethbeer eingemacht und lang behal-
ten/ wie das Hirſchen- und Schweinen-Wildpret;
die Daͤhnlein halten ſich gern auf an trockenen Gegen-
den/ und gehen Schaarweiſe/ auſſer vom Ende des
May an/ biß zu Ende des Auguſti, aus Furcht der Flie-
gen und Bremen/ ſuchen ſie dicke Gebuͤſche/ ſie ſind gern
in erhoͤhten Laͤndern/ wo es Thal und kleine Gebuͤrge
giebt.

Jn unſern Oeſterreichiſchen Laͤndern werden ſie al-
lein in geſperrten Thiergaͤrten erhalten/ da ſie ſich jaͤhr-
lich wol mehren/ im Winter muß man ſie mit Heu und
[Spaltenumbruch] anderer Fuͤtterey verſehen; iſt ein ſchoͤnes und holdſeli-
ges Thier.

Wiewol dieſe zwey folgende Thiere in unſern Teut-
ſchen Laͤndern nicht/ ſondern nur in den Mitternaͤchti-
ſchen Provinzen/ Norwegen/ Lappland gefunden wer-
den; habe ich/ weil ſie auch eine Art von Hirſchen ſind/
dennoch allhier ihrer einige Anregung thun wollen.

Die erſten heiſſen die Lappones Hercki oder Pu-
atze,
die Schweden Rheen, und die Teutſchen Reen-
thier/ iſt groͤſſer und ſtaͤrcker als ein Hirſch/ ſonderlich am
Leib/ aber an Beinen etwas niederer/ das Geweyhe
hat zwey hohe Stangen/ wie an den Hirſchen/ mit vie-
len Zincken/ daran doch unten zwey/ bißweilen auch nur
ein Aſt vorwaͤrts fuͤr die Augen heraus gebogen iſt/ die
Weiblein ſind gleichfalls damit bewaffnet/ ſind aber die
Geweyhe kleiner. Jſt ſonſt ein wildes Thier/ und
wird in Lappland in groſſer Menge angetroffen/ viel aber
ſind von den Lappen gezaͤhmet/ und werden die zahmen
Weiblein von den wilden Maͤnnlein bißweilen beſaa-
met/ daraus eine dritte Art entſpringet/ die ſtaͤrcker und
zu dem Schlitten bequemer ſind; im Herbſt um S.
Matthœi tretten ſie in die Brunſt/ tragen 40 Wochen/
und gebaͤren meiſtens im Anfang des Mayen nur allzeit
ein Junges/ die Galten werden ſo fett/ als waͤren ſie
gemaͤſtet/ und dieſe ſchlachten ſie zur Speiſe.

Der Kaͤlber Farb iſt erſtlich roth und geel vermiſcht/
hernach aͤndert es ſich und wird ſchwaͤrtzlicht/ im vierten
Jahr erlangen ſie ihre rechte Staͤrcke und Groͤſſe/ die
man in Schlitten braucht/ werden alle verſchnitten/
wann ſie das erſte Jahr erreichen; ſind eines ſehr ge-
ſchwinden Lauffs/ daß ſie in einem Tag 10 und 12 Mei-
len uͤber den Schnee lauffen koͤnnen; zu 200 Weiblein
nehmen ſie wegen der Zucht kaum 40 Maͤnnlein/ die
Weiblein werden von Weib und Mann gemolcken/
aber des Tags nur einmal/ ihre Milch iſt dick/ und naͤh-
ret ſehr wol/ davon kochen die Lappen/ oder machen
Kaͤſe davon/ die ſind fetter und oͤlichter Eigenſchafft/
aber Butter moͤgen ſie nicht daraus machen/ wiewol es
offt verſucht worden/ doch laſſen ſie die Milch in einem
Keſſel/ wie Kaͤſe/ gerinnen/ und ruͤhren es mit einem
Stoͤcklein fleiſſig herum/ biß endlich die Butter/ die eine
Farbe wie Unſchlit oder Talch hat/ zubereitet wird/ die
ſie mit ein wenig Saltz beſtreuen/ und alſo in einem
Gefaͤſſe zur Speiſe aufheben.

Der Reenthier Nahrung iſt Gras/ Kraͤuter und
Laub/ auch Winters-Zeiten der kleine Moos oder Mies/
davon ſie fett werden; die Hitz koͤnnen ſie nicht ertra-
gen/ daher ſie allzeit im Sommer ſchlechter und magerer

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[623/0641] Zwoͤlfftes Buch/ Holtz und Weidwerck. darzu ausgeſehen hat) aufpaſſen; theils Jaͤger nehmen zwey Roͤhr zu ſich/ das eine am Rucken mit einem Rie- men angehenckt/ das andere uͤber den Nacken/ imfall das Schwein vom erſten Schuß nicht bliebe/ alſobald mit dem andern fertig zu ſeyn/ demſelbigen die Flucht damit zu benehmen. Die Franzoſen hetzen wol auch die wilden Schwei- ne mit den Chiens Courans, iſt aber/ wie oben gemel- det/ koſtbar/ muͤhſam/ und wegen allerhand Zufaͤlle/ gefaͤhrlich. Nicht weniger wird ihnen auch mit Selb-geſchoſſen und Fallbaͤumen nachgeſtellt/ weil es aber mißlich da- mit/ und ſolches Ungluͤck aus Unvorſichtigkeit wol einen Menſchen/ oder ſonſt ein anders nutzliches Thier (dem es nicht vermeynt worden) treffen moͤchte/ iſt es in Un- ſerer Lands-Fuͤrſtlichen Jaͤger-Ordnung/ mit gutem Fug/ allerhand Ungluͤcks-Faͤlle/ aufs beſte/ als immer moͤglich/ zu præcaviren/ verbotten und aufgehebt wor- den. Cap. LXII. Von den Daͤnnhirſchen/ Reenthieren und Elend. DEr Dammhirſch wird bey den Latinern Dama vulgaris und Platyceros, wegen ſeines breiten Geweyhes genennet/ in dieſen Laͤndern wird er allein in den groſſen Thiergaͤrten und Stadtgraͤben er- halten/ weil es in unſern Waͤldern dergleichen nicht gibt; Jn der Schweitz aber/ als bey Lucern/ wie Geſnerus in ſeinem groſſen Thierbuch bezeuget/ werden ſie offt und viel in den Waͤldern gefangen/ ſein Faiſch/ wie Ariſto- teles ſaget/ geſtocke ſich nicht/ er ſoll als ein forchtſam Thier keine Galle haben. Sie ſind mittelmaͤſſig unter den Hirſchen und Re- hen/ groͤſſer dann dieſe/ und kleiner dann jene/ ſind zwey- erley Farben/ etliche weiß/ und etliche rothgelblicht mit weiſſen Flecklein/ ſein Geweyhe iſt groͤſſer/ breiter und ſchwerer als eines Hirſchen. Jn Franckreich muß man ſie ohne Zweifel auch in den Waͤldern finden/ dann Ga- ſton de Foix, Seigneur du Rù, unter dem Namen la Chaſſe du Roy Phœbus vermeldet/ daß ſie mit den Chi- ens Courans gehetzt werden/ wie die Hirſchen/ er hat einẽ laͤngern Schweiff/ als ein Hirſch/ ſie ſetzen ihre Jungen mehrentheils zu Ende des Maymonats; hat ſonſt faſt mit den Hirſchen gleiche Eigenſchafft/ auſſer/ daß er ſpaͤter in die Brunſt tritt/ und wann der Hirſch ſchon uͤber 14 Tage darinnen geweſen/ macht er erſtlich ſeinen Anfang; Man ſpuͤhret ſeiner Fahrt nach/ wo er wild iſt/ allermaſſen wie dem Hirſchen/ laͤſſet auch gleichfalls/ nachdem er Weide hat/ unterſchiedliche Geloß/ wañ ihn die Hunde verfolgen/ dauret er nicht ſo lang als die Hirſchen/ begiebt ſich auch in die Waſſer/ aber nicht in ſo groſſe und ſchnellflieſſende/ hat keine ſo ſtarcke Stimm in der Brunſt/ als der Hirſch/ und verſchluckt die Stimme gleichſam in der Gurgel; Hirſchen und Daͤmlein haben einander nicht lieb/ und wo ſich eines aufhaͤlt/ daſelbſt weichet das andere; das Jaͤgerrecht von den Daͤmlein iſt den Jagthunden viel angenehmer/ als von den Hirſchen/ Zweifelsohne/ weil ſein Wildpret milder und lieblicher zu eſſen iſt/ es wird in Saltz und Kranwethbeer eingemacht und lang behal- ten/ wie das Hirſchen- und Schweinen-Wildpret; die Daͤhnlein halten ſich gern auf an trockenen Gegen- den/ und gehen Schaarweiſe/ auſſer vom Ende des May an/ biß zu Ende des Auguſti, aus Furcht der Flie- gen und Bremen/ ſuchen ſie dicke Gebuͤſche/ ſie ſind gern in erhoͤhten Laͤndern/ wo es Thal und kleine Gebuͤrge giebt. Jn unſern Oeſterreichiſchen Laͤndern werden ſie al- lein in geſperrten Thiergaͤrten erhalten/ da ſie ſich jaͤhr- lich wol mehren/ im Winter muß man ſie mit Heu und anderer Fuͤtterey verſehen; iſt ein ſchoͤnes und holdſeli- ges Thier. Wiewol dieſe zwey folgende Thiere in unſern Teut- ſchen Laͤndern nicht/ ſondern nur in den Mitternaͤchti- ſchen Provinzen/ Norwegen/ Lappland gefunden wer- den; habe ich/ weil ſie auch eine Art von Hirſchen ſind/ dennoch allhier ihrer einige Anregung thun wollen. Die erſten heiſſen die Lappones Hercki oder Pu- atze, die Schweden Rheen, und die Teutſchen Reen- thier/ iſt groͤſſer und ſtaͤrcker als ein Hirſch/ ſonderlich am Leib/ aber an Beinen etwas niederer/ das Geweyhe hat zwey hohe Stangen/ wie an den Hirſchen/ mit vie- len Zincken/ daran doch unten zwey/ bißweilen auch nur ein Aſt vorwaͤrts fuͤr die Augen heraus gebogen iſt/ die Weiblein ſind gleichfalls damit bewaffnet/ ſind aber die Geweyhe kleiner. Jſt ſonſt ein wildes Thier/ und wird in Lappland in groſſer Menge angetroffen/ viel aber ſind von den Lappen gezaͤhmet/ und werden die zahmen Weiblein von den wilden Maͤnnlein bißweilen beſaa- met/ daraus eine dritte Art entſpringet/ die ſtaͤrcker und zu dem Schlitten bequemer ſind; im Herbſt um S. Matthœi tretten ſie in die Brunſt/ tragen 40 Wochen/ und gebaͤren meiſtens im Anfang des Mayen nur allzeit ein Junges/ die Galten werden ſo fett/ als waͤren ſie gemaͤſtet/ und dieſe ſchlachten ſie zur Speiſe. Der Kaͤlber Farb iſt erſtlich roth und geel vermiſcht/ hernach aͤndert es ſich und wird ſchwaͤrtzlicht/ im vierten Jahr erlangen ſie ihre rechte Staͤrcke und Groͤſſe/ die man in Schlitten braucht/ werden alle verſchnitten/ wann ſie das erſte Jahr erreichen; ſind eines ſehr ge- ſchwinden Lauffs/ daß ſie in einem Tag 10 und 12 Mei- len uͤber den Schnee lauffen koͤnnen; zu 200 Weiblein nehmen ſie wegen der Zucht kaum 40 Maͤnnlein/ die Weiblein werden von Weib und Mann gemolcken/ aber des Tags nur einmal/ ihre Milch iſt dick/ und naͤh- ret ſehr wol/ davon kochen die Lappen/ oder machen Kaͤſe davon/ die ſind fetter und oͤlichter Eigenſchafft/ aber Butter moͤgen ſie nicht daraus machen/ wiewol es offt verſucht worden/ doch laſſen ſie die Milch in einem Keſſel/ wie Kaͤſe/ gerinnen/ und ruͤhren es mit einem Stoͤcklein fleiſſig herum/ biß endlich die Butter/ die eine Farbe wie Unſchlit oder Talch hat/ zubereitet wird/ die ſie mit ein wenig Saltz beſtreuen/ und alſo in einem Gefaͤſſe zur Speiſe aufheben. Der Reenthier Nahrung iſt Gras/ Kraͤuter und Laub/ auch Winters-Zeiten der kleine Moos oder Mies/ davon ſie fett werden; die Hitz koͤnnen ſie nicht ertra- gen/ daher ſie allzeit im Sommer ſchlechter und magerer ſind/

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/641>, abgerufen am 20.11.2024.