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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Cap. LXXVII.
Vom Holunder.
[Spaltenumbruch]

WO man dessen in den Feldern und wüsten Orten
ohne diß die Menge hat/ ist unnöhtig die Gärten
damit zu beschweren/ absonderlich/ weil er we-
gen seiner leicht-gebrechlichen und nicht dauerhafften Ae-
ste/ in die Gehäge gantz ungeschickt ist. Wächset gern
fast an allen Orten/ nahe bey den Zäunen/ Häusern
und Wegen/ in Stadtgräben und schattechten Orten/
wie auch an den Wassern.

Die grünen Holunder-Stämmlein von dem in-
wendigen Marck entlediget/ sollen mit ihrer Feuchtigkeit
sehr wol und gut die Peltz-Zweiglein/ so in die Ferne
müssen verschickt seyn/ wie Tanara bezeuget/ erhalten
und conserviren.

Hat die Art zu trocknen/ zu wärmen/ zu verdau-
en/ das Gewässer aus dem Leib zu führen/ und sänfftig-
lich zu zertheilen/ purgirt Schleim und Gall/ die fri-
schen und jungen Blätter mit ein wenig Maltz vermischet/
lindern die hitzigen Geschwulsten/ und erkühlen die ent-
zündeten Glieder/ oder wann man sich verbrennt hat;
er heilet auch tieffe und fistulirte Schäden. Wir reden
aber allhier allein von dem gemeinen Holder/ weil die
übrigen in den Kräuter-Büchern zu finden/ theils aber
in dem Blumengarten einkommen werden.

Der Königliche Holländische Gärtner sagt/ der
Holder lasse sich auch durch seine abgeschnittene/ einjäh-
rige/ gerade Zweiglein vermehren/ wann sie im Februa-
rio oder Martio an feuchte schattichte Ort im wachsen-
den Monden gesetzt und besprützt werden; und das ist
desto wahrscheinlicher/ weil alles Holtz/ so grosses Marck
hat/ auf solche Weise leichtlich bekleibet/ wie die Erfah-
rung bezeuget/ und solches auch an Sambuco rosea zu sehen.

Unser Holder nun hat fast gleiche Eigenschafft mit
dem Attich; die Wurtzen in Wein gesotten/ und darüber
getruncken/ ist gut wider die Wassersucht. Etliche brau-
chen im ersten Früling die zarten Schößlein von dem
Holder/ kochen sie mit Spenat zu einem Müslein und
essen es/ das purgirt wol und gelinde; theils essen sie ü-
berbrüht mit Essig und Oel/ wie Salat/ ist aber nicht so
rahtsam/ weil der Essig leicht ein Reissen verursachen
kan.

Der ausgepresste Safft der Holderbeer mit Wein
getruncken/ treibt das Wasser mit Gewalt aus/ solches
thut auch die innerste grüne Rinden/ muß aber nur star-
cken/ und nicht jungen oder schwachen Personen einge-
geben werden/ weil er dem Magen etwas zu starck und
schädlich ist.

Der Essig aber von der dürren Holderblühe ist dem
Magen sehr bequem/ bringt wieder den verlohrnen Ap-
petit/ und zertheilet die groben und zähen Feuchtigkeiten.

Der in Essig praeparirte Saame/ eines Quintels
schwer/ mit gleich so viel Weinstein und ein wenig Anis
genommen/ führet das Wasser des geschwollenen
Bauchs ohne Beschwerung aus/ wie gleichfalls auch
das aus der mittleren Rinden distillirte Wasser/ alle
Morgen und Abend zwey Stund vor dem Essen/ acht
Loth davon getruncken/ und treibt (wie gleichfalls auch
das distillirte Holderblüh-Wasser auf 12 Loth nüchtern
genommen) den Stulgang gewaltig fort; das aus den
[Spaltenumbruch] Wurtzen aber auf 8 Loth (wie Caesar Durantes mel-
det) mit halb so viel des Wassers von Attich-Wurtzen
gebraucht/ reutet die blästige Geschwulst und Wasser-
sucht aus/ und muß man mit dem Gebrauch solcher bee-
der Wasser dreissig Tage nacheinander anhalten.

Ein sonderliches Amuletum wider das Hinfallen-
de/ beschreibt Joh. Hartmann in Praxi Chymiatrica
cap.
7. Man nimmt ein Holderschoß/ welches auf ei-
nem alten Weidenbaum gewachsen ist/ schneidet es in
kleine Scheiblein/ deren neun bindet man in ein leinen
oder seiden Säcklein/ henckt es an den Hals/ so weit
hinunter/ daß es des Krancken Magen berühret/ lässt es
so lang hangen/ biß es von sich selbst bricht/ oder herab
fällt/ dann muß man das abgefallene Säcklein nicht mit
der Hand anrühren/ sondern mit einer Zangen fassen/
und an einem abgelegenen Ort verscharren/ damit nicht
andere davon angesteckt werden. Und so lang der Kran-
cke dieses Säcklein am Hals trägt/ soll er durch ein
ausgeholtes Rohr dieser Holunderschossen seinen Tranck
zu sich nehmen/ auch vor allen starcken Gemüts-Bewe-
gungen sich hüten.

Thomas Bartholinus M. D. Hist. rarior. Anatomic.
Cent 4. obs.
69. berichtet/ daß durch solches Mittel/ viel
von der fallenden Seuche seyen errettet worden; soll
auch/ auf diese Weise gebraucht/ gut für die Gicht
seyn.

Uber diß vertreibt der Holder die Schmertzen/ er-
öffnet die Schweißlöcher/ und zertheilet die Dünste und
Feuchtigkeiten/ treibt den Harn/ befördert den Schweiß/
zerbricht den Stein/ und bringt der Frauen verstandene
Monat-Zeit wieder/ wie dann Herr D. Daniel Be-
cker/ Churfürstl. Brandenburgischer Hof- und Stadt-
Medicus zu Königsberg in Preussen von dem Hollun-
der und Wacholdern einen absonderlichen Tractat ge-
schrieben hat/ der An. 1665 zu Giessen gedruckt worden/
dahin ich den günstigen Leser will gewiesen haben.

Des Holders Gebrauch ist auch äusserlich zu vielen
dienlich/ das distillirte Wasser aus den Blättern/ da-
mit gegurgelt/ hilfft wider die Bräune; Holderblüh-
Wasser auf die Stirn gelegt/ stillet die hitzigen Haubt-
Schmertzen; die Schwämmlein/ so im Mayen an den
Aesten wachsen/ gedörrt/ und in Rosen-Wasser einge-
weicht/ und von aussen applicirt/ zertheilen die Entzün-
dungen und Schmertzen des Haubts; die Schößlein/
die erst im Früling kommen/ mit gleich so viel Wegrich-
Wurtzen und altem Schweinen-Schmaltz gestossen und
aufgelegt/ gehen in Stillung des Podagra/ wie Caes.
Durantes
schreibet/ gleichsam allen andern Mitteln
vor.

Man macht aus den Beeren eine treffliche Salsen/
die für alles innerliche Gifft nutzet/ heilet inwendige Ge-
schwer/ und treibet durch den Schweiß alles Böse aus/
wird derhalben vor den Schweiß-Bädern eingenom-
men/ muß aber nach purgirtem Leib und nüchtern ge-
schehen; so verzehrt sie auch die anfangende Wasser-
sucht; über das Rothlauf gestrichen/ heilet und mildert
es allen Schmertzen.

Man
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Cap. LXXVII.
Vom Holunder.
[Spaltenumbruch]

WO man deſſen in den Feldern und wuͤſten Orten
ohne diß die Menge hat/ iſt unnoͤhtig die Gaͤrten
damit zu beſchweren/ abſonderlich/ weil er we-
gen ſeiner leicht-gebrechlichen und nicht dauerhafften Ae-
ſte/ in die Gehaͤge gantz ungeſchickt iſt. Waͤchſet gern
faſt an allen Orten/ nahe bey den Zaͤunen/ Haͤuſern
und Wegen/ in Stadtgraͤben und ſchattechten Orten/
wie auch an den Waſſern.

Die gruͤnen Holunder-Staͤmmlein von dem in-
wendigen Marck entlediget/ ſollen mit ihrer Feuchtigkeit
ſehr wol und gut die Peltz-Zweiglein/ ſo in die Ferne
muͤſſen verſchickt ſeyn/ wie Tanara bezeuget/ erhalten
und conſerviren.

Hat die Art zu trocknen/ zu waͤrmen/ zu verdau-
en/ das Gewaͤſſer aus dem Leib zu fuͤhren/ und ſaͤnfftig-
lich zu zertheilen/ purgirt Schleim und Gall/ die fri-
ſchen und jungen Blaͤtter mit ein wenig Maltz vermiſchet/
lindern die hitzigen Geſchwulſten/ und erkuͤhlen die ent-
zuͤndeten Glieder/ oder wann man ſich verbrennt hat;
er heilet auch tieffe und fiſtulirte Schaͤden. Wir reden
aber allhier allein von dem gemeinen Holder/ weil die
uͤbrigen in den Kraͤuter-Buͤchern zu finden/ theils aber
in dem Blumengarten einkommen werden.

Der Koͤnigliche Hollaͤndiſche Gaͤrtner ſagt/ der
Holder laſſe ſich auch durch ſeine abgeſchnittene/ einjaͤh-
rige/ gerade Zweiglein vermehren/ wann ſie im Februa-
rio oder Martio an feuchte ſchattichte Ort im wachſen-
den Monden geſetzt und beſpruͤtzt werden; und das iſt
deſto wahrſcheinlicher/ weil alles Holtz/ ſo groſſes Marck
hat/ auf ſolche Weiſe leichtlich bekleibet/ wie die Erfah-
rung bezeuget/ uñ ſolches auch an Sambuco roſeâ zu ſehẽ.

Unſer Holder nun hat faſt gleiche Eigenſchafft mit
dem Attich; die Wurtzen in Wein geſotten/ und daruͤber
getruncken/ iſt gut wider die Waſſerſucht. Etliche brau-
chen im erſten Fruͤling die zarten Schoͤßlein von dem
Holder/ kochen ſie mit Spenat zu einem Muͤslein und
eſſen es/ das purgirt wol und gelinde; theils eſſen ſie uͤ-
berbruͤht mit Eſſig und Oel/ wie Salat/ iſt aber nicht ſo
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kan.

Der ausgepreſſte Safft der Holderbeer mit Wein
getruncken/ treibt das Waſſer mit Gewalt aus/ ſolches
thut auch die innerſte gruͤne Rinden/ muß aber nur ſtar-
cken/ und nicht jungen oder ſchwachen Perſonen einge-
geben werden/ weil er dem Magen etwas zu ſtarck und
ſchaͤdlich iſt.

Der Eſſig aber von der duͤrren Holderbluͤhe iſt dem
Magen ſehr bequem/ bringt wieder den verlohrnen Ap-
petit/ und zertheilet die groben und zaͤhen Feuchtigkeiten.

Der in Eſſig præparirte Saame/ eines Quintels
ſchwer/ mit gleich ſo viel Weinſtein und ein wenig Anis
genommen/ fuͤhret das Waſſer des geſchwollenen
Bauchs ohne Beſchwerung aus/ wie gleichfalls auch
das aus der mittleren Rinden diſtillirte Waſſer/ alle
Morgen und Abend zwey Stund vor dem Eſſen/ acht
Loth davon getruncken/ und treibt (wie gleichfalls auch
das diſtillirte Holderbluͤh-Waſſer auf 12 Loth nuͤchtern
genommen) den Stulgang gewaltig fort; das aus den
[Spaltenumbruch] Wurtzen aber auf 8 Loth (wie Cæſar Durantes mel-
det) mit halb ſo viel des Waſſers von Attich-Wurtzen
gebraucht/ reutet die blaͤſtige Geſchwulſt und Waſſer-
ſucht aus/ und muß man mit dem Gebrauch ſolcher bee-
der Waſſer dreiſſig Tage nacheinander anhalten.

Ein ſonderliches Amuletum wider das Hinfallen-
de/ beſchreibt Joh. Hartmann in Praxi Chymiatricâ
cap.
7. Man nimmt ein Holderſchoß/ welches auf ei-
nem alten Weidenbaum gewachſen iſt/ ſchneidet es in
kleine Scheiblein/ deren neun bindet man in ein leinen
oder ſeiden Saͤcklein/ henckt es an den Hals/ ſo weit
hinunter/ daß es des Krancken Magen beruͤhret/ laͤſſt es
ſo lang hangen/ biß es von ſich ſelbſt bricht/ oder herab
faͤllt/ dann muß man das abgefallene Saͤcklein nicht mit
der Hand anruͤhren/ ſondern mit einer Zangen faſſen/
und an einem abgelegenen Ort verſcharren/ damit nicht
andere davon angeſteckt werden. Und ſo lang der Kran-
cke dieſes Saͤcklein am Hals traͤgt/ ſoll er durch ein
ausgeholtes Rohr dieſer Holunderſchoſſen ſeinen Tranck
zu ſich nehmen/ auch vor allen ſtarcken Gemuͤts-Bewe-
gungen ſich huͤten.

Thomas Bartholinus M. D. Hiſt. rarior. Anatomic.
Cent 4. obſ.
69. berichtet/ daß durch ſolches Mittel/ viel
von der fallenden Seuche ſeyen errettet worden; ſoll
auch/ auf dieſe Weiſe gebraucht/ gut fuͤr die Gicht
ſeyn.

Uber diß vertreibt der Holder die Schmertzen/ er-
oͤffnet die Schweißloͤcher/ und zertheilet die Duͤnſte und
Feuchtigkeiten/ treibt den Harn/ befoͤrdert den Schweiß/
zerbricht den Stein/ und bringt der Frauen verſtandene
Monat-Zeit wieder/ wie dann Herr D. Daniel Be-
cker/ Churfuͤrſtl. Brandenburgiſcher Hof- und Stadt-
Medicus zu Koͤnigsberg in Preuſſen von dem Hollun-
der und Wacholdern einen abſonderlichen Tractat ge-
ſchrieben hat/ der An. 1665 zu Gieſſen gedruckt worden/
dahin ich den guͤnſtigen Leſer will gewieſen haben.

Des Holders Gebrauch iſt auch aͤuſſerlich zu vielen
dienlich/ das diſtillirte Waſſer aus den Blaͤttern/ da-
mit gegurgelt/ hilfft wider die Braͤune; Holderbluͤh-
Waſſer auf die Stirn gelegt/ ſtillet die hitzigen Haubt-
Schmertzen; die Schwaͤmmlein/ ſo im Mayen an den
Aeſten wachſen/ gedoͤrrt/ und in Roſen-Waſſer einge-
weicht/ und von auſſen applicirt/ zertheilen die Entzuͤn-
dungen und Schmertzen des Haubts; die Schoͤßlein/
die erſt im Fruͤling kommen/ mit gleich ſo viel Wegrich-
Wurtzen und altem Schweinen-Schmaltz geſtoſſen und
aufgelegt/ gehen in Stillung des Podagra/ wie Cæſ.
Durantes
ſchreibet/ gleichſam allen andern Mitteln
vor.

Man macht aus den Beeren eine treffliche Salſen/
die fuͤr alles innerliche Gifft nutzet/ heilet inwendige Ge-
ſchwer/ und treibet durch den Schweiß alles Boͤſe aus/
wird derhalben vor den Schweiß-Baͤdern eingenom-
men/ muß aber nach purgirtem Leib und nuͤchtern ge-
ſchehen; ſo verzehrt ſie auch die anfangende Waſſer-
ſucht; uͤber das Rothlauf geſtrichen/ heilet und mildert
es allen Schmertzen.

Man
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[528[526]/0544] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Cap. LXXVII. Vom Holunder. WO man deſſen in den Feldern und wuͤſten Orten ohne diß die Menge hat/ iſt unnoͤhtig die Gaͤrten damit zu beſchweren/ abſonderlich/ weil er we- gen ſeiner leicht-gebrechlichen und nicht dauerhafften Ae- ſte/ in die Gehaͤge gantz ungeſchickt iſt. Waͤchſet gern faſt an allen Orten/ nahe bey den Zaͤunen/ Haͤuſern und Wegen/ in Stadtgraͤben und ſchattechten Orten/ wie auch an den Waſſern. Die gruͤnen Holunder-Staͤmmlein von dem in- wendigen Marck entlediget/ ſollen mit ihrer Feuchtigkeit ſehr wol und gut die Peltz-Zweiglein/ ſo in die Ferne muͤſſen verſchickt ſeyn/ wie Tanara bezeuget/ erhalten und conſerviren. Hat die Art zu trocknen/ zu waͤrmen/ zu verdau- en/ das Gewaͤſſer aus dem Leib zu fuͤhren/ und ſaͤnfftig- lich zu zertheilen/ purgirt Schleim und Gall/ die fri- ſchen und jungen Blaͤtter mit ein wenig Maltz vermiſchet/ lindern die hitzigen Geſchwulſten/ und erkuͤhlen die ent- zuͤndeten Glieder/ oder wann man ſich verbrennt hat; er heilet auch tieffe und fiſtulirte Schaͤden. Wir reden aber allhier allein von dem gemeinen Holder/ weil die uͤbrigen in den Kraͤuter-Buͤchern zu finden/ theils aber in dem Blumengarten einkommen werden. Der Koͤnigliche Hollaͤndiſche Gaͤrtner ſagt/ der Holder laſſe ſich auch durch ſeine abgeſchnittene/ einjaͤh- rige/ gerade Zweiglein vermehren/ wann ſie im Februa- rio oder Martio an feuchte ſchattichte Ort im wachſen- den Monden geſetzt und beſpruͤtzt werden; und das iſt deſto wahrſcheinlicher/ weil alles Holtz/ ſo groſſes Marck hat/ auf ſolche Weiſe leichtlich bekleibet/ wie die Erfah- rung bezeuget/ uñ ſolches auch an Sambuco roſeâ zu ſehẽ. Unſer Holder nun hat faſt gleiche Eigenſchafft mit dem Attich; die Wurtzen in Wein geſotten/ und daruͤber getruncken/ iſt gut wider die Waſſerſucht. Etliche brau- chen im erſten Fruͤling die zarten Schoͤßlein von dem Holder/ kochen ſie mit Spenat zu einem Muͤslein und eſſen es/ das purgirt wol und gelinde; theils eſſen ſie uͤ- berbruͤht mit Eſſig und Oel/ wie Salat/ iſt aber nicht ſo rahtſam/ weil der Eſſig leicht ein Reiſſen verurſachen kan. Der ausgepreſſte Safft der Holderbeer mit Wein getruncken/ treibt das Waſſer mit Gewalt aus/ ſolches thut auch die innerſte gruͤne Rinden/ muß aber nur ſtar- cken/ und nicht jungen oder ſchwachen Perſonen einge- geben werden/ weil er dem Magen etwas zu ſtarck und ſchaͤdlich iſt. Der Eſſig aber von der duͤrren Holderbluͤhe iſt dem Magen ſehr bequem/ bringt wieder den verlohrnen Ap- petit/ und zertheilet die groben und zaͤhen Feuchtigkeiten. Der in Eſſig præparirte Saame/ eines Quintels ſchwer/ mit gleich ſo viel Weinſtein und ein wenig Anis genommen/ fuͤhret das Waſſer des geſchwollenen Bauchs ohne Beſchwerung aus/ wie gleichfalls auch das aus der mittleren Rinden diſtillirte Waſſer/ alle Morgen und Abend zwey Stund vor dem Eſſen/ acht Loth davon getruncken/ und treibt (wie gleichfalls auch das diſtillirte Holderbluͤh-Waſſer auf 12 Loth nuͤchtern genommen) den Stulgang gewaltig fort; das aus den Wurtzen aber auf 8 Loth (wie Cæſar Durantes mel- det) mit halb ſo viel des Waſſers von Attich-Wurtzen gebraucht/ reutet die blaͤſtige Geſchwulſt und Waſſer- ſucht aus/ und muß man mit dem Gebrauch ſolcher bee- der Waſſer dreiſſig Tage nacheinander anhalten. Ein ſonderliches Amuletum wider das Hinfallen- de/ beſchreibt Joh. Hartmann in Praxi Chymiatricâ cap. 7. Man nimmt ein Holderſchoß/ welches auf ei- nem alten Weidenbaum gewachſen iſt/ ſchneidet es in kleine Scheiblein/ deren neun bindet man in ein leinen oder ſeiden Saͤcklein/ henckt es an den Hals/ ſo weit hinunter/ daß es des Krancken Magen beruͤhret/ laͤſſt es ſo lang hangen/ biß es von ſich ſelbſt bricht/ oder herab faͤllt/ dann muß man das abgefallene Saͤcklein nicht mit der Hand anruͤhren/ ſondern mit einer Zangen faſſen/ und an einem abgelegenen Ort verſcharren/ damit nicht andere davon angeſteckt werden. Und ſo lang der Kran- cke dieſes Saͤcklein am Hals traͤgt/ ſoll er durch ein ausgeholtes Rohr dieſer Holunderſchoſſen ſeinen Tranck zu ſich nehmen/ auch vor allen ſtarcken Gemuͤts-Bewe- gungen ſich huͤten. Thomas Bartholinus M. D. Hiſt. rarior. Anatomic. Cent 4. obſ. 69. berichtet/ daß durch ſolches Mittel/ viel von der fallenden Seuche ſeyen errettet worden; ſoll auch/ auf dieſe Weiſe gebraucht/ gut fuͤr die Gicht ſeyn. Uber diß vertreibt der Holder die Schmertzen/ er- oͤffnet die Schweißloͤcher/ und zertheilet die Duͤnſte und Feuchtigkeiten/ treibt den Harn/ befoͤrdert den Schweiß/ zerbricht den Stein/ und bringt der Frauen verſtandene Monat-Zeit wieder/ wie dann Herr D. Daniel Be- cker/ Churfuͤrſtl. Brandenburgiſcher Hof- und Stadt- Medicus zu Koͤnigsberg in Preuſſen von dem Hollun- der und Wacholdern einen abſonderlichen Tractat ge- ſchrieben hat/ der An. 1665 zu Gieſſen gedruckt worden/ dahin ich den guͤnſtigen Leſer will gewieſen haben. Des Holders Gebrauch iſt auch aͤuſſerlich zu vielen dienlich/ das diſtillirte Waſſer aus den Blaͤttern/ da- mit gegurgelt/ hilfft wider die Braͤune; Holderbluͤh- Waſſer auf die Stirn gelegt/ ſtillet die hitzigen Haubt- Schmertzen; die Schwaͤmmlein/ ſo im Mayen an den Aeſten wachſen/ gedoͤrrt/ und in Roſen-Waſſer einge- weicht/ und von auſſen applicirt/ zertheilen die Entzuͤn- dungen und Schmertzen des Haubts; die Schoͤßlein/ die erſt im Fruͤling kommen/ mit gleich ſo viel Wegrich- Wurtzen und altem Schweinen-Schmaltz geſtoſſen und aufgelegt/ gehen in Stillung des Podagra/ wie Cæſ. Durantes ſchreibet/ gleichſam allen andern Mitteln vor. Man macht aus den Beeren eine treffliche Salſen/ die fuͤr alles innerliche Gifft nutzet/ heilet inwendige Ge- ſchwer/ und treibet durch den Schweiß alles Boͤſe aus/ wird derhalben vor den Schweiß-Baͤdern eingenom- men/ muß aber nach purgirtem Leib und nuͤchtern ge- ſchehen; ſo verzehrt ſie auch die anfangende Waſſer- ſucht; uͤber das Rothlauf geſtrichen/ heilet und mildert es allen Schmertzen. Man

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 528[526]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/544>, abgerufen am 30.12.2024.