Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Vermischte Gedichte. Von der begierde. 1. BEgierde feindin aller tugendDu gift der argen laster-sucht/ Du greul und schandfleck meiner jugend/ Du grab der unbefleckten zucht/ Wo sind ich rath an dich zu dencken Und mich in dir zu kräncken? 2. Jch war zu schwach dir obzusiegen/Jch wehrte mich/ doch ohne macht. Drum must ich endlich unten liegen/ Und war in dies gefängniß bracht/ Hier steckt dem pfeil noch in den wunden/ Hier bin ich angebunden. 3. Zwar klebt die schwachheit unsren sinnen/Uns allen von der wiegen an/ Doch kan manch hertze noch gewinnen/ Wenns nur zu kräfften kommen kan/ Wenn aber alle lüste stürmen/ Wer kan sich da beschirmen? 4 Hier lieg ich nun mit schmach gefangen/Und bin nicht mehr mein eigen ich; Jch wünsch und kan doch nichts erlangen/ Jch plage selbst und foltre mich; Jch bin ein hencker meiner seelen Und übe mich im qvälen. 5. Jch trau und weiß mir nicht zu rathen/Jch sehne mich und weiß nicht wie/ Jch möchte stets vor liebe braten/ Doch friert mich mitten in der müh. Jch
Vermiſchte Gedichte. Von der begierde. 1. BEgierde feindin aller tugendDu gift der argen laſter-ſucht/ Du greul und ſchandfleck meiner jugend/ Du grab der unbefleckten zucht/ Wo ſind ich rath an dich zu dencken Und mich in dir zu kraͤncken? 2. Jch war zu ſchwach dir obzuſiegen/Jch wehrte mich/ doch ohne macht. Drum muſt ich endlich unten liegen/ Und war in dies gefaͤngniß bracht/ Hier ſteckt dem pfeil noch in den wunden/ Hier bin ich angebunden. 3. Zwar klebt die ſchwachheit unſren ſinnen/Uns allen von der wiegen an/ Doch kan manch hertze noch gewinnen/ Wenns nur zu kraͤfften kommen kan/ Wenn aber alle luͤſte ſtuͤrmen/ Wer kan ſich da beſchirmen? 4 Hier lieg ich nun mit ſchmach gefangen/Und bin nicht mehr mein eigen ich; Jch wuͤnſch und kan doch nichts erlangen/ Jch plage ſelbſt und foltre mich; Jch bin ein hencker meiner ſeelen Und uͤbe mich im qvaͤlen. 5. Jch trau und weiß mir nicht zu rathen/Jch ſehne mich und weiß nicht wie/ Jch moͤchte ſtets vor liebe braten/ Doch friert mich mitten in der muͤh. Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0350" n="340"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von der begierde.</hi> </head><lb/> <lg n="1"> <head>1.</head><lb/> <l><hi rendition="#in">B</hi>Egierde feindin aller tugend</l><lb/> <l>Du gift der argen laſter-ſucht/</l><lb/> <l>Du greul und ſchandfleck meiner jugend/</l><lb/> <l>Du grab der unbefleckten zucht/</l><lb/> <l>Wo ſind ich rath an dich zu dencken</l><lb/> <l>Und mich in dir zu kraͤncken?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head>2.</head><lb/> <l>Jch war zu ſchwach dir obzuſiegen/</l><lb/> <l>Jch wehrte mich/ doch ohne macht.</l><lb/> <l>Drum muſt ich endlich unten liegen/</l><lb/> <l>Und war in dies gefaͤngniß bracht/</l><lb/> <l>Hier ſteckt dem pfeil noch in den wunden/</l><lb/> <l>Hier bin ich angebunden.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head>3.</head><lb/> <l>Zwar klebt die ſchwachheit unſren ſinnen/</l><lb/> <l>Uns allen von der wiegen an/</l><lb/> <l>Doch kan manch hertze noch gewinnen/</l><lb/> <l>Wenns nur zu kraͤfften kommen kan/</l><lb/> <l>Wenn aber alle luͤſte ſtuͤrmen/</l><lb/> <l>Wer kan ſich da beſchirmen?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <head>4</head><lb/> <l>Hier lieg ich nun mit ſchmach gefangen/</l><lb/> <l>Und bin nicht mehr mein eigen ich;</l><lb/> <l>Jch wuͤnſch und kan doch nichts erlangen/</l><lb/> <l>Jch plage ſelbſt und foltre mich;</l><lb/> <l>Jch bin ein hencker meiner ſeelen</l><lb/> <l>Und uͤbe mich im qvaͤlen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <head>5.</head><lb/> <l>Jch trau und weiß mir nicht zu rathen/</l><lb/> <l>Jch ſehne mich und weiß nicht wie/</l><lb/> <l>Jch moͤchte ſtets vor liebe braten/</l><lb/> <l>Doch friert mich mitten in der muͤh.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [340/0350]
Vermiſchte Gedichte.
Von der begierde.
1.
BEgierde feindin aller tugend
Du gift der argen laſter-ſucht/
Du greul und ſchandfleck meiner jugend/
Du grab der unbefleckten zucht/
Wo ſind ich rath an dich zu dencken
Und mich in dir zu kraͤncken?
2.
Jch war zu ſchwach dir obzuſiegen/
Jch wehrte mich/ doch ohne macht.
Drum muſt ich endlich unten liegen/
Und war in dies gefaͤngniß bracht/
Hier ſteckt dem pfeil noch in den wunden/
Hier bin ich angebunden.
3.
Zwar klebt die ſchwachheit unſren ſinnen/
Uns allen von der wiegen an/
Doch kan manch hertze noch gewinnen/
Wenns nur zu kraͤfften kommen kan/
Wenn aber alle luͤſte ſtuͤrmen/
Wer kan ſich da beſchirmen?
4
Hier lieg ich nun mit ſchmach gefangen/
Und bin nicht mehr mein eigen ich;
Jch wuͤnſch und kan doch nichts erlangen/
Jch plage ſelbſt und foltre mich;
Jch bin ein hencker meiner ſeelen
Und uͤbe mich im qvaͤlen.
5.
Jch trau und weiß mir nicht zu rathen/
Jch ſehne mich und weiß nicht wie/
Jch moͤchte ſtets vor liebe braten/
Doch friert mich mitten in der muͤh.
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |