Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Begräbniß-Gedichte. Das weiß ein weichling nicht/ der stets das pfläster drückt/Und unauffhörlich schwatzt von abgelegten reisen/ Da doch das auge nichts als sein contor erblickt. Erfahrung lehret offt weit mehr in wenig stunden/ Als vieler jahre schweiß im winckel suchen kan; Denn was zum öfftern kaum im laden wird gefunden/ Das schaut man anderswo mit nahen augen an. Und diß/ entseelter/ war dein zweg von mancher reise: (Das lob verbleibet dir als wahres eigenthum) Du sahest manches land/ iedoch auff christen-weise/ Die reich in GOtt zu seyn nennt ihren höchsten ruhm. Dein wünschen war/ dereinst mit Simeon zu fahren/ An den gewissen port der ungestörten ruh. Mich eckelt/ sprach dein geist/ o welt für deinen waaren! Drauff gieng die letzte farth nach Cabo Finis zu. Das lager ward vertauscht mit des Eliä wagen/ Auff diesen sahe sich dein edler theil gesetzt/ Und nach der engelburg von Seraphim getragen/ Wo arbeit und gefahr nicht mehr die stirne netzt. Drumb steckt/ betrübteste/ dem trauren ziel und masse/ Schaut den entseeleten in seiner heimat an; Er schloß das lebens-buch/ und fand die himmels-strasse/ Nun heisst er erst mit recht ein wohlgereister mann! Die saat und erndte der bösen und frommen/ bey volckreicher leich-bestat- tung Fr. Anna Elisabeth Dürkopin/ gebohrnen Leopoldin. N. S. GEehrter/ laß mich doch in diesen zeilen weinen/ Weil hertz und auge sich hiezu am besten schickt; Mit trost mag dir und mir ein ander freund erscheinen/ Den keine centner-last gehäuffter plagen drückt. Jch
Begraͤbniß-Gedichte. Das weiß ein weichling nicht/ der ſtets das pflaͤſter druͤckt/Und unauffhoͤrlich ſchwatzt von abgelegten reiſen/ Da doch das auge nichts als ſein contor erblickt. Erfahrung lehret offt weit mehr in wenig ſtunden/ Als vieler jahre ſchweiß im winckel ſuchen kan; Denn was zum oͤfftern kaum im laden wird gefunden/ Das ſchaut man anderswo mit nahen augen an. Und diß/ entſeelter/ war dein zweg von mancher reiſe: (Das lob verbleibet dir als wahres eigenthum) Du ſaheſt manches land/ iedoch auff chriſten-weiſe/ Die reich in GOtt zu ſeyn nennt ihren hoͤchſten ruhm. Dein wuͤnſchen war/ dereinſt mit Simeon zu fahren/ An den gewiſſen port der ungeſtoͤrten ruh. Mich eckelt/ ſprach dein geiſt/ o welt fuͤr deinen waaren! Drauff gieng die letzte farth nach Cabo Finis zu. Das lager ward vertauſcht mit des Eliaͤ wagen/ Auff dieſen ſahe ſich dein edler theil geſetzt/ Und nach der engelburg von Seraphim getragen/ Wo arbeit und gefahr nicht mehr die ſtirne netzt. Drumb ſteckt/ betruͤbteſte/ dem trauren ziel und maſſe/ Schaut den entſeeleten in ſeiner heimat an; Er ſchloß das lebens-buch/ und fand die himmels-ſtraſſe/ Nun heiſſt er erſt mit recht ein wohlgereiſter mann! Die ſaat und erndte der boͤſen und frommen/ bey volckreicher leich-beſtat- tung Fr. Anna Eliſabeth Duͤrkopin/ gebohrnen Leopoldin. N. S. GEehrter/ laß mich doch in dieſen zeilen weinen/ Weil hertz und auge ſich hiezu am beſten ſchickt; Mit troſt mag dir und mir ein ander freund erſcheinen/ Den keine centner-laſt gehaͤuffter plagen druͤckt. Jch
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Begraͤbniß-Gedichte.
Das weiß ein weichling nicht/ der ſtets das pflaͤſter druͤckt/
Und unauffhoͤrlich ſchwatzt von abgelegten reiſen/
Da doch das auge nichts als ſein contor erblickt.
Erfahrung lehret offt weit mehr in wenig ſtunden/
Als vieler jahre ſchweiß im winckel ſuchen kan;
Denn was zum oͤfftern kaum im laden wird gefunden/
Das ſchaut man anderswo mit nahen augen an.
Und diß/ entſeelter/ war dein zweg von mancher reiſe:
(Das lob verbleibet dir als wahres eigenthum)
Du ſaheſt manches land/ iedoch auff chriſten-weiſe/
Die reich in GOtt zu ſeyn nennt ihren hoͤchſten ruhm.
Dein wuͤnſchen war/ dereinſt mit Simeon zu fahren/
An den gewiſſen port der ungeſtoͤrten ruh.
Mich eckelt/ ſprach dein geiſt/ o welt fuͤr deinen waaren!
Drauff gieng die letzte farth nach Cabo Finis zu.
Das lager ward vertauſcht mit des Eliaͤ wagen/
Auff dieſen ſahe ſich dein edler theil geſetzt/
Und nach der engelburg von Seraphim getragen/
Wo arbeit und gefahr nicht mehr die ſtirne netzt.
Drumb ſteckt/ betruͤbteſte/ dem trauren ziel und maſſe/
Schaut den entſeeleten in ſeiner heimat an;
Er ſchloß das lebens-buch/ und fand die himmels-ſtraſſe/
Nun heiſſt er erſt mit recht ein wohlgereiſter mann!
Die ſaat und erndte der boͤſen und
frommen/ bey volckreicher leich-beſtat-
tung Fr. Anna Eliſabeth Duͤrkopin/
gebohrnen Leopoldin.
N. S.
GEehrter/ laß mich doch in dieſen zeilen weinen/
Weil hertz und auge ſich hiezu am beſten ſchickt;
Mit troſt mag dir und mir ein ander freund erſcheinen/
Den keine centner-laſt gehaͤuffter plagen druͤckt.
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