Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Ja/ was sie selber offt zur nachricht wolt ertheilen/
Wenn sie den nahen tod ihr mehrmahls prophezeyt.
Ach schwester/ liebstes hertz! ach daß ich dich soll missen/
Die du mir auff der welt so manche freud erweckt/
Ach daß ich dich itzt soll mit sand bedecket wissen/
Da vormals dich und mich ein mutter-hertz bedeckt!
Was aber will ich thun? ich muß mich damit trösten/
Daß du dich schon vorlängst zum sterben hast geschickt/
Und daß du zu der zahl und menge der erlösten
Bist ohne langen schmertz mit seel und geist gerückt.
Der Höchste/ welcher dich hat ie und ie geliebet/
Zog dich so schnell zu sich aus lauter gütigkeit.
Drum alle/ die ihr euch umb ihren fall betrübet/
Schaut diese grab-schrifft an/ die ihren ruhm bereit:
Hier/ leser/ hat der tod ein frommes weib gerühret/
Die in den himmel stieg/ als sie zur erden fiel.
Denn wer den lebens-lauff in stetem glauben führet/
Erlangt im fallen auch das vorgesteckte ziel.


Der mensch als ein reisender Han-
delsmann/ bey beerdigung Herrn
Hermann Süvercks/ für-
nehmen kauff- und handels-
manns in Lübeck.

N. S.

MAn sage was man wil/ so ist es doch vergebens;
Das wohl der sterblichkeit setzt nirgends festen fuß.
Was trägt die kauffmannschafft des sorgen-vollen lebens/
Davon man nackt und bloß nach hause reisen muß?
Jhr pilger dieser zeit/ im fall ihr nicht verblendet
Und halb verzaubert seyd/ so nehmt ein wort in acht:
Wie bald ist euer marckt der jahre nicht geendet/
So hat des todes hand den laden zugemacht!
Wir dringen in die welt durch enge wunder-wege;
(Nach-
P 2
Begraͤbniß-Gedichte.
Ja/ was ſie ſelber offt zur nachricht wolt ertheilen/
Wenn ſie den nahen tod ihr mehrmahls prophezeyt.
Ach ſchweſter/ liebſtes hertz! ach daß ich dich ſoll miſſen/
Die du mir auff der welt ſo manche freud erweckt/
Ach daß ich dich itzt ſoll mit ſand bedecket wiſſen/
Da vormals dich und mich ein mutter-hertz bedeckt!
Was aber will ich thun? ich muß mich damit troͤſten/
Daß du dich ſchon vorlaͤngſt zum ſterben haſt geſchickt/
Und daß du zu der zahl und menge der erloͤſten
Biſt ohne langen ſchmertz mit ſeel und geiſt geruͤckt.
Der Hoͤchſte/ welcher dich hat ie und ie geliebet/
Zog dich ſo ſchnell zu ſich aus lauter guͤtigkeit.
Drum alle/ die ihr euch umb ihren fall betruͤbet/
Schaut dieſe grab-ſchrifft an/ die ihren ruhm bereit:
Hier/ leſer/ hat der tod ein frommes weib geruͤhret/
Die in den himmel ſtieg/ als ſie zur erden fiel.
Denn wer den lebens-lauff in ſtetem glauben fuͤhret/
Erlangt im fallen auch das vorgeſteckte ziel.


Der menſch als ein reiſender Han-
delsmann/ bey beerdigung Herrn
Hermann Suͤvercks/ fuͤr-
nehmen kauff- und handels-
manns in Luͤbeck.

N. S.

MAn ſage was man wil/ ſo iſt es doch vergebens;
Das wohl der ſterblichkeit ſetzt nirgends feſten fuß.
Was traͤgt die kauffmannſchafft des ſorgen-vollen lebens/
Davon man nackt und bloß nach hauſe reiſen muß?
Jhr pilger dieſer zeit/ im fall ihr nicht verblendet
Und halb verzaubert ſeyd/ ſo nehmt ein wort in acht:
Wie bald iſt euer marckt der jahre nicht geendet/
So hat des todes hand den laden zugemacht!
Wir dringen in die welt durch enge wunder-wege;
(Nach-
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0235" n="225"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Ja/ was &#x017F;ie &#x017F;elber offt zur nachricht wolt ertheilen/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie den nahen tod ihr mehrmahls prophezeyt.</l><lb/>
            <l>Ach &#x017F;chwe&#x017F;ter/ lieb&#x017F;tes hertz! ach daß ich dich &#x017F;oll mi&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Die du mir auff der welt &#x017F;o manche freud erweckt/</l><lb/>
            <l>Ach daß ich dich itzt &#x017F;oll mit &#x017F;and bedecket wi&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Da vormals dich und mich ein mutter-hertz bedeckt!</l><lb/>
            <l>Was aber will ich thun? ich muß mich damit tro&#x0364;&#x017F;ten/</l><lb/>
            <l>Daß du dich &#x017F;chon vorla&#x0364;ng&#x017F;t zum &#x017F;terben ha&#x017F;t ge&#x017F;chickt/</l><lb/>
            <l>Und daß du zu der zahl und menge der erlo&#x0364;&#x017F;ten</l><lb/>
            <l>Bi&#x017F;t ohne langen &#x017F;chmertz mit &#x017F;eel und gei&#x017F;t geru&#x0364;ckt.</l><lb/>
            <l>Der Ho&#x0364;ch&#x017F;te/ welcher dich hat ie und ie geliebet/</l><lb/>
            <l>Zog dich &#x017F;o &#x017F;chnell zu &#x017F;ich aus lauter gu&#x0364;tigkeit.</l><lb/>
            <l>Drum alle/ die ihr euch umb ihren fall betru&#x0364;bet/</l><lb/>
            <l>Schaut die&#x017F;e grab-&#x017F;chrifft an/ die ihren ruhm bereit:</l><lb/>
            <l>Hier/ le&#x017F;er/ hat der tod ein frommes weib geru&#x0364;hret/</l><lb/>
            <l>Die in den himmel &#x017F;tieg/ als &#x017F;ie zur erden fiel.</l><lb/>
            <l>Denn wer den lebens-lauff in &#x017F;tetem glauben fu&#x0364;hret/</l><lb/>
            <l>Erlangt im fallen auch das vorge&#x017F;teckte ziel.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der men&#x017F;ch als ein rei&#x017F;ender Han-<lb/>
delsmann/ bey beerdigung Herrn<lb/>
Hermann Su&#x0364;vercks/ fu&#x0364;r-<lb/>
nehmen kauff- und handels-<lb/>
manns in Lu&#x0364;beck.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">N. S.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>An &#x017F;age was man wil/ &#x017F;o i&#x017F;t es doch vergebens;</l><lb/>
            <l>Das wohl der &#x017F;terblichkeit &#x017F;etzt nirgends fe&#x017F;ten fuß.</l><lb/>
            <l>Was tra&#x0364;gt die kauffmann&#x017F;chafft des &#x017F;orgen-vollen lebens/</l><lb/>
            <l>Davon man nackt und bloß nach hau&#x017F;e rei&#x017F;en muß?</l><lb/>
            <l>Jhr pilger die&#x017F;er zeit/ im fall ihr nicht verblendet</l><lb/>
            <l>Und halb verzaubert &#x017F;eyd/ &#x017F;o nehmt ein wort in acht:</l><lb/>
            <l>Wie bald i&#x017F;t euer marckt der jahre nicht geendet/</l><lb/>
            <l>So hat des todes hand den laden zugemacht!</l><lb/>
            <l>Wir dringen in die welt durch enge wunder-wege;</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">P 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">(Nach-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0235] Begraͤbniß-Gedichte. Ja/ was ſie ſelber offt zur nachricht wolt ertheilen/ Wenn ſie den nahen tod ihr mehrmahls prophezeyt. Ach ſchweſter/ liebſtes hertz! ach daß ich dich ſoll miſſen/ Die du mir auff der welt ſo manche freud erweckt/ Ach daß ich dich itzt ſoll mit ſand bedecket wiſſen/ Da vormals dich und mich ein mutter-hertz bedeckt! Was aber will ich thun? ich muß mich damit troͤſten/ Daß du dich ſchon vorlaͤngſt zum ſterben haſt geſchickt/ Und daß du zu der zahl und menge der erloͤſten Biſt ohne langen ſchmertz mit ſeel und geiſt geruͤckt. Der Hoͤchſte/ welcher dich hat ie und ie geliebet/ Zog dich ſo ſchnell zu ſich aus lauter guͤtigkeit. Drum alle/ die ihr euch umb ihren fall betruͤbet/ Schaut dieſe grab-ſchrifft an/ die ihren ruhm bereit: Hier/ leſer/ hat der tod ein frommes weib geruͤhret/ Die in den himmel ſtieg/ als ſie zur erden fiel. Denn wer den lebens-lauff in ſtetem glauben fuͤhret/ Erlangt im fallen auch das vorgeſteckte ziel. Der menſch als ein reiſender Han- delsmann/ bey beerdigung Herrn Hermann Suͤvercks/ fuͤr- nehmen kauff- und handels- manns in Luͤbeck. N. S. MAn ſage was man wil/ ſo iſt es doch vergebens; Das wohl der ſterblichkeit ſetzt nirgends feſten fuß. Was traͤgt die kauffmannſchafft des ſorgen-vollen lebens/ Davon man nackt und bloß nach hauſe reiſen muß? Jhr pilger dieſer zeit/ im fall ihr nicht verblendet Und halb verzaubert ſeyd/ ſo nehmt ein wort in acht: Wie bald iſt euer marckt der jahre nicht geendet/ So hat des todes hand den laden zugemacht! Wir dringen in die welt durch enge wunder-wege; (Nach- P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/235
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/235>, abgerufen am 30.12.2024.