Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Begräbniß-Gedichte. Die feder wuste sie so sinnreich und geschickt Mit ihrer schönen hand im schreiben zu regieren/ Als sonst die Nymphen kaum die nadel können führen/ Wenn ihre nette kunst beliebte bilder stückt/ Und über dieses schien ein hertz der Amazonen/ Und tapffrer helden-muth in ihrer brust zu wohnen. Wie wehe muß es nun ihm/ hochbetrübter/ thun/ So was unschätzbares auf lebens-lang zu missen! Wie schmertzlich mus er die im sarg und grabe wissen/ Die noch so lange solt auf seinem lager ruhn? Und daß der schöne leib die würmer soll vergnügen/ Der nur beständig solt in seinen armen liegen. Jedoch wer kan der macht des höchsten widerstehn? Drum wird er mit gedult des himmels schlüsse tragen. Wir aber wollen hier nicht erst nach Marmel fragen/ Vielweniger nach ertz zum leichen-mahle gehn/ Diß wird der Stuartin zu schlechten dienst ertheilen/ Ein weib/ das dieser gleicht/ verdienet ehren-seulen. Auf Herrn D. George Gottfried Svendendörffers seel. ab- sterben. J. F. O. MEin beyleid/ theures haupt/ ist groß und ungemein. Die klagen schweben mir nicht nur auf mund und zungen/ Es darff das augen-paar nicht nur mein zeuge seyn/ Dein jammer ist bey mir viel tieffer eingedrungen. Denn meine seele selbst hat theil an deinem schmertz/ Jch fühle/ wie das hertz mir ungewöhnlich weinet/ Nur darum/ weil ich seh/ daß dir dein vater-hertz Um deines sohnes tod itzt recht zu bluten scheinet. Nicht frage/ grosser Mann/ was dessen ursach sey/ Und untersuche nicht den ursprung meiner klagen; Du weist am besten selbst/ was deine lehrer/ treu Am
Begraͤbniß-Gedichte. Die feder wuſte ſie ſo ſinnreich und geſchickt Mit ihrer ſchoͤnen hand im ſchreiben zu regieren/ Als ſonſt die Nymphen kaum die nadel koͤnnen fuͤhren/ Wenn ihre nette kunſt beliebte bilder ſtuͤckt/ Und uͤber dieſes ſchien ein hertz der Amazonen/ Und tapffrer helden-muth in ihrer bruſt zu wohnen. Wie wehe muß es nun ihm/ hochbetruͤbter/ thun/ So was unſchaͤtzbares auf lebens-lang zu miſſen! Wie ſchmertzlich mus er die im ſarg und grabe wiſſen/ Die noch ſo lange ſolt auf ſeinem lager ruhn? Und daß der ſchoͤne leib die wuͤrmer ſoll vergnuͤgen/ Der nur beſtaͤndig ſolt in ſeinen armen liegen. Jedoch wer kan der macht des hoͤchſten widerſtehn? Drum wird er mit gedult des himmels ſchluͤſſe tragen. Wir aber wollen hier nicht erſt nach Marmel fragen/ Vielweniger nach ertz zum leichen-mahle gehn/ Diß wird der Stuartin zu ſchlechten dienſt ertheilen/ Ein weib/ das dieſer gleicht/ verdienet ehren-ſeulen. Auf Herrn D. George Gottfried Svendendoͤrffers ſeel. ab- ſterben. J. F. O. MEin beyleid/ theures haupt/ iſt groß und ungemein. Die klagen ſchweben mir nicht nur auf mund und zungen/ Es darff das augen-paar nicht nur mein zeuge ſeyn/ Dein jammer iſt bey mir viel tieffer eingedrungen. Denn meine ſeele ſelbſt hat theil an deinem ſchmertz/ Jch fuͤhle/ wie das hertz mir ungewoͤhnlich weinet/ Nur darum/ weil ich ſeh/ daß dir dein vater-hertz Um deines ſohnes tod itzt recht zu bluten ſcheinet. Nicht frage/ groſſer Mann/ was deſſen urſach ſey/ Und unterſuche nicht den urſprung meiner klagen; Du weiſt am beſten ſelbſt/ was deine lehrer/ treu Am
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0232" n="222"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begraͤbniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg n="5"> <l>Die feder wuſte ſie ſo ſinnreich und geſchickt</l><lb/> <l>Mit ihrer ſchoͤnen hand im ſchreiben zu regieren/</l><lb/> <l>Als ſonſt die Nymphen kaum die nadel koͤnnen fuͤhren/</l><lb/> <l>Wenn ihre nette kunſt beliebte bilder ſtuͤckt/</l><lb/> <l>Und uͤber dieſes ſchien ein hertz der Amazonen/</l><lb/> <l>Und tapffrer helden-muth in ihrer bruſt zu wohnen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wie wehe muß es nun ihm/ hochbetruͤbter/ thun/</l><lb/> <l>So was unſchaͤtzbares auf lebens-lang zu miſſen!</l><lb/> <l>Wie ſchmertzlich mus er die im ſarg und grabe wiſſen/</l><lb/> <l>Die noch ſo lange ſolt auf ſeinem lager ruhn?</l><lb/> <l>Und daß der ſchoͤne leib die wuͤrmer ſoll vergnuͤgen/</l><lb/> <l>Der nur beſtaͤndig ſolt in ſeinen armen liegen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Jedoch wer kan der macht des hoͤchſten widerſtehn?</l><lb/> <l>Drum wird er mit gedult des himmels ſchluͤſſe tragen.</l><lb/> <l>Wir aber wollen hier nicht erſt nach Marmel fragen/</l><lb/> <l>Vielweniger nach ertz zum leichen-mahle gehn/</l><lb/> <l>Diß wird der Stuartin zu ſchlechten dienſt ertheilen/</l><lb/> <l>Ein weib/ das dieſer gleicht/ verdienet ehren-ſeulen.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auf Herrn <hi rendition="#aq">D.</hi> George Gottfried<lb/> Svendendoͤrffers ſeel. ab-<lb/> ſterben.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">J. F. O.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">M</hi>Ein beyleid/ theures haupt/ iſt groß und ungemein.</l><lb/> <l>Die klagen ſchweben mir nicht nur auf mund und zungen/</l><lb/> <l>Es darff das augen-paar nicht nur mein zeuge ſeyn/</l><lb/> <l>Dein jammer iſt bey mir viel tieffer eingedrungen.</l><lb/> <l>Denn meine ſeele ſelbſt hat theil an deinem ſchmertz/</l><lb/> <l>Jch fuͤhle/ wie das hertz mir ungewoͤhnlich weinet/</l><lb/> <l>Nur darum/ weil ich ſeh/ daß dir dein vater-hertz</l><lb/> <l>Um deines ſohnes tod itzt recht zu bluten ſcheinet.</l><lb/> <l>Nicht frage/ groſſer Mann/ was deſſen urſach ſey/</l><lb/> <l>Und unterſuche nicht den urſprung meiner klagen;</l><lb/> <l>Du weiſt am beſten ſelbſt/ was deine lehrer/ treu</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Am</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0232]
Begraͤbniß-Gedichte.
Die feder wuſte ſie ſo ſinnreich und geſchickt
Mit ihrer ſchoͤnen hand im ſchreiben zu regieren/
Als ſonſt die Nymphen kaum die nadel koͤnnen fuͤhren/
Wenn ihre nette kunſt beliebte bilder ſtuͤckt/
Und uͤber dieſes ſchien ein hertz der Amazonen/
Und tapffrer helden-muth in ihrer bruſt zu wohnen.
Wie wehe muß es nun ihm/ hochbetruͤbter/ thun/
So was unſchaͤtzbares auf lebens-lang zu miſſen!
Wie ſchmertzlich mus er die im ſarg und grabe wiſſen/
Die noch ſo lange ſolt auf ſeinem lager ruhn?
Und daß der ſchoͤne leib die wuͤrmer ſoll vergnuͤgen/
Der nur beſtaͤndig ſolt in ſeinen armen liegen.
Jedoch wer kan der macht des hoͤchſten widerſtehn?
Drum wird er mit gedult des himmels ſchluͤſſe tragen.
Wir aber wollen hier nicht erſt nach Marmel fragen/
Vielweniger nach ertz zum leichen-mahle gehn/
Diß wird der Stuartin zu ſchlechten dienſt ertheilen/
Ein weib/ das dieſer gleicht/ verdienet ehren-ſeulen.
Auf Herrn D. George Gottfried
Svendendoͤrffers ſeel. ab-
ſterben.
J. F. O.
MEin beyleid/ theures haupt/ iſt groß und ungemein.
Die klagen ſchweben mir nicht nur auf mund und zungen/
Es darff das augen-paar nicht nur mein zeuge ſeyn/
Dein jammer iſt bey mir viel tieffer eingedrungen.
Denn meine ſeele ſelbſt hat theil an deinem ſchmertz/
Jch fuͤhle/ wie das hertz mir ungewoͤhnlich weinet/
Nur darum/ weil ich ſeh/ daß dir dein vater-hertz
Um deines ſohnes tod itzt recht zu bluten ſcheinet.
Nicht frage/ groſſer Mann/ was deſſen urſach ſey/
Und unterſuche nicht den urſprung meiner klagen;
Du weiſt am beſten ſelbſt/ was deine lehrer/ treu
Am
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |