Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Hochzeit-Gedichte. Die holde morgenröthe legt Mit lust den purpur von den wangen/ Dieweil/ so bald ihr schmuck vergangen/ Das sonnen-gold zu scheinen pflegt. So mag denn auch die Jungfer untergehen/ Wenn erst die blüthe fällt/ wird rechte frucht entstehen. 6. Jhr Nymphen/ die ihrs treu gemeynt/Und bey dem trauermal erschienen/ Last euch den trost zur stärckung dienen/ Wenn einst auch euer tod erscheint/ Und sprecht behertzt/ wenn iemand euch wil klagen: Die mutter-plag ist nicht so schwer als Jungfern-plagen. Die verkürtzten winter-nächte bey der Güttner- und Knäbelischen Hochzeit. C. M. A. NUmehro tritt bereits der winter auff die bahn/ Das laub der bäume fällt/ der erden schooß gefrieret/ Das wasser legt das eyß als einen harnisch an/ Und in den lüften wird ein scharffer frost gespüret. Doch was die Jungfern-schaar bey dieser kalten zeit Am allermeisten kränckt/ das sind die langen nächte/ Denn diese sind gewiß bey steter einsamkeit Ein alzuhartes joch vor ihr beliebt geschlechte. Dem übel/ welches sonst der winter mit sich bringt/ Weiß ihr geübter geist gar leicht zu widerstehen/ Denn wenn der kleinste frost auff ihre glieder dringt/ Verschweren sie es gleich vom ofen weg zu gehen. Der kurtze tag läst sich durch eine schlittenfahrt/ Durch spielen und geschwätz mit leichter müh vertreiben. Allein die nächte sind von einer andern art/ Wy will das gute volck vor ihrer länge bleiben? Der M 2
Hochzeit-Gedichte. Die holde morgenroͤthe legt Mit luſt den purpur von den wangen/ Dieweil/ ſo bald ihr ſchmuck vergangen/ Das ſonnen-gold zu ſcheinen pflegt. So mag denn auch die Jungfer untergehen/ Wenn erſt die bluͤthe faͤllt/ wird rechte frucht entſtehen. 6. Jhr Nymphen/ die ihrs treu gemeynt/Und bey dem trauermal erſchienen/ Laſt euch den troſt zur ſtaͤrckung dienen/ Wenn einſt auch euer tod erſcheint/ Und ſprecht behertzt/ wenn iemand euch wil klagen: Die mutter-plag iſt nicht ſo ſchwer als Jungfern-plagen. Die verkuͤrtzten winter-naͤchte bey der Guͤttner- und Knaͤbeliſchen Hochzeit. C. M. A. NUmehro tritt bereits der winter auff die bahn/ Das laub der baͤume faͤllt/ der erden ſchooß gefrieret/ Das waſſer legt das eyß als einen harniſch an/ Und in den luͤften wird ein ſcharffer froſt geſpuͤret. Doch was die Jungfern-ſchaar bey dieſer kalten zeit Am allermeiſten kraͤnckt/ das ſind die langen naͤchte/ Denn dieſe ſind gewiß bey ſteter einſamkeit Ein alzuhartes joch vor ihr beliebt geſchlechte. Dem uͤbel/ welches ſonſt der winter mit ſich bringt/ Weiß ihr geuͤbter geiſt gar leicht zu widerſtehen/ Denn wenn der kleinſte froſt auff ihre glieder dringt/ Verſchweren ſie es gleich vom ofen weg zu gehen. Der kurtze tag laͤſt ſich durch eine ſchlittenfahrt/ Durch ſpielen und geſchwaͤtz mit leichter muͤh vertreiben. Allein die naͤchte ſind von einer andern art/ Wy will das gute volck vor ihrer laͤnge bleiben? Der M 2
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Hochzeit-Gedichte.
Die holde morgenroͤthe legt
Mit luſt den purpur von den wangen/
Dieweil/ ſo bald ihr ſchmuck vergangen/
Das ſonnen-gold zu ſcheinen pflegt.
So mag denn auch die Jungfer untergehen/
Wenn erſt die bluͤthe faͤllt/ wird rechte frucht entſtehen.
6.
Jhr Nymphen/ die ihrs treu gemeynt/
Und bey dem trauermal erſchienen/
Laſt euch den troſt zur ſtaͤrckung dienen/
Wenn einſt auch euer tod erſcheint/
Und ſprecht behertzt/ wenn iemand euch wil klagen:
Die mutter-plag iſt nicht ſo ſchwer als Jungfern-plagen.
Die verkuͤrtzten winter-naͤchte bey
der Guͤttner- und Knaͤbeliſchen
Hochzeit.
C. M. A.
NUmehro tritt bereits der winter auff die bahn/
Das laub der baͤume faͤllt/ der erden ſchooß gefrieret/
Das waſſer legt das eyß als einen harniſch an/
Und in den luͤften wird ein ſcharffer froſt geſpuͤret.
Doch was die Jungfern-ſchaar bey dieſer kalten zeit
Am allermeiſten kraͤnckt/ das ſind die langen naͤchte/
Denn dieſe ſind gewiß bey ſteter einſamkeit
Ein alzuhartes joch vor ihr beliebt geſchlechte.
Dem uͤbel/ welches ſonſt der winter mit ſich bringt/
Weiß ihr geuͤbter geiſt gar leicht zu widerſtehen/
Denn wenn der kleinſte froſt auff ihre glieder dringt/
Verſchweren ſie es gleich vom ofen weg zu gehen.
Der kurtze tag laͤſt ſich durch eine ſchlittenfahrt/
Durch ſpielen und geſchwaͤtz mit leichter muͤh vertreiben.
Allein die naͤchte ſind von einer andern art/
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