Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.
6. Daß ich soll verdorben werden/ werd ich bloß allein gemacht/Aber/ wenn ich hingerichtet/ auch der fäulste mich nicht acht. Von viel/ das man sonst nicht weiß/ könt ich geben einen zeuge: Die verliebten trauen mir/ weil sie wissen/ daß ich schweige. 7. Ob ich schon Mercur nicht heisse/ bin ich doch ein fliegend bot.Der glaubwürdig vor kan tragen eines und des andern noth. Meinen weg nahm in die welt ich durch die corallen-pforte/ Niemahls kehr ich wiedrum hin/ wenn ich lang von diesem orte. 8. Wir sind mütter wahrer lieb/ freud- und leidens rechte kinder/Das erbarmen vor uns geht und begleitet uns nicht minder. Jn dem rund-gewölbten hause schöner zwilling uns man sieht/ Und zugleich/ wie da/ zwey sonnen/ da sonst eine wasser zieht. 9. Bey der sonnen töchtern mach ich einen klugen unterscheid/Durch mich in gewisse schrancken wird geschlossen-ein die zeit Jhre klarheit/ welche sich zu der ewigkeit gesellet/ Wird durch einen schatten vor/ wie es recht/ von mir gesteklet. 10. Ob ich schon nicht sichtbar bin/ werd ich dennoch viel geschlagen/Weil ich habe keinen leib/ pfleg ich nichts darnach zu fragen. Hertz hab ich und andre stücke/ wenn gleich arme nicht und bein/ Jene stücke viel verrichten/ wenn sie gut gemachet seyn. Grabschrifften Eines früh-kindes. JCh eilte in die welt/ ich eilte aus der welt/ Durchs erste hab ich leid/ durchs letzte freud' erwecket/ Man J 4
6. Daß ich ſoll verdorben werden/ werd ich bloß allein gemacht/Aber/ wenn ich hingerichtet/ auch der faͤulſte mich nicht acht. Von viel/ das man ſonſt nicht weiß/ koͤnt ich geben einen zeuge: Die verliebten trauen mir/ weil ſie wiſſen/ daß ich ſchweige. 7. Ob ich ſchon Mercur nicht heiſſe/ bin ich doch ein fliegend bot.Der glaubwuͤrdig vor kan tragen eines und des andern noth. Meinen weg nahm in die welt ich durch die corallen-pforte/ Niemahls kehr ich wiedrum hin/ wenn ich lang von dieſem orte. 8. Wir ſind muͤtter wahrer lieb/ freud- und leidens rechte kinder/Das erbarmen vor uns geht und begleitet uns nicht minder. Jn dem rund-gewoͤlbten hauſe ſchoͤner zwilling uns man ſieht/ Und zugleich/ wie da/ zwey ſonnen/ da ſonſt eine waſſer zieht. 9. Bey der ſonnen toͤchtern mach ich einen klugen unterſcheid/Durch mich in gewiſſe ſchrancken wird geſchloſſen-ein die zeit Jhre klarheit/ welche ſich zu der ewigkeit geſellet/ Wird durch einen ſchatten vor/ wie es recht/ von mir geſteklet. 10. Ob ich ſchon nicht ſichtbar bin/ werd ich dennoch viel geſchlagen/Weil ich habe keinen leib/ pfleg ich nichts darnach zu fragen. Hertz hab ich und andre ſtuͤcke/ wenn gleich arme nicht und bein/ Jene ſtuͤcke viel verrichten/ wenn ſie gut gemachet ſeyn. Grabſchrifften Eines fruͤh-kindes. JCh eilte in die welt/ ich eilte aus der welt/ Durchs erſte hab ich leid/ durchs letzte freud’ erwecket/ Man J 4
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Sinn-Gedichte.
Ohne ſie kan ich nicht bleiben/ ſie wohl aber ohne mich.
Wenn ſie mich zur welt gebohren/ ſo verliehren alle ſich.
6.
Daß ich ſoll verdorben werden/ werd ich bloß allein gemacht/
Aber/ wenn ich hingerichtet/ auch der faͤulſte mich nicht acht.
Von viel/ das man ſonſt nicht weiß/ koͤnt ich geben einen zeuge:
Die verliebten trauen mir/ weil ſie wiſſen/ daß ich ſchweige.
7.
Ob ich ſchon Mercur nicht heiſſe/ bin ich doch ein fliegend bot.
Der glaubwuͤrdig vor kan tragen eines und des andern noth.
Meinen weg nahm in die welt ich durch die corallen-pforte/
Niemahls kehr ich wiedrum hin/ wenn ich lang von dieſem orte.
8.
Wir ſind muͤtter wahrer lieb/ freud- und leidens rechte kinder/
Das erbarmen vor uns geht und begleitet uns nicht minder.
Jn dem rund-gewoͤlbten hauſe ſchoͤner zwilling uns man ſieht/
Und zugleich/ wie da/ zwey ſonnen/ da ſonſt eine waſſer zieht.
9.
Bey der ſonnen toͤchtern mach ich einen klugen unterſcheid/
Durch mich in gewiſſe ſchrancken wird geſchloſſen-ein die zeit
Jhre klarheit/ welche ſich zu der ewigkeit geſellet/
Wird durch einen ſchatten vor/ wie es recht/ von mir geſteklet.
10.
Ob ich ſchon nicht ſichtbar bin/ werd ich dennoch viel geſchlagen/
Weil ich habe keinen leib/ pfleg ich nichts darnach zu fragen.
Hertz hab ich und andre ſtuͤcke/ wenn gleich arme nicht und bein/
Jene ſtuͤcke viel verrichten/ wenn ſie gut gemachet ſeyn.
Grabſchrifften
Eines fruͤh-kindes.
JCh eilte in die welt/ ich eilte aus der welt/
Durchs erſte hab ich leid/ durchs letzte freud’ erwecket/
Man
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