Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Galante Gedichte. Der Venus sententz. BEist euch nicht ihr rabenäßer/ sondern klaget mir den streit/Heißet das respect erzeiget mir/ als eurer obrigkeit? Nehmt ein ander mahl in acht mir die sachen vorzutragen/ Sonsten werd' ich beyder part bald von etwas anders sagen. Jtzo aber solt ihr wissen/ daß ich nicht mehr leiden wil/ Daß ihr euch zusammen zancket; drumb so schweiget alle still/ Und nehmt diß zum urtheil an/ gleich itzt solt ihr euch versöhnen/ Und kein böses lästermaul soll die andre mehr verhöhnen. Daß indeßen aber keine von euch alten klagen darff/ Als wär ich den jungen günstig und den alten gar zu scharff; So beschließ ich/ daß hinfort keine jungfer soll auf erden/ Ob sie gleich schon länger lebt/ über dreyzehn jahr alt werden. Verliebte Gedichte. Der Venus klag um Adonis grab. ADonis grab ist hier; mehr sagt die liebe nicht/ Und Venus seel entschläft bey diesem leichen-steine. Ach hochgeliebter leib! ach werthste todten-beine! Ach himmlischer Adon! mein mattes hertze bricht Jn lieb und thränen aus: die thränen sollen zeugen/ Daß meine liebe wird zu keinen zeiten schweigen. Wo ist Adonis sarg? wo ist Adonis grab? Daß Venus nicht zugleich sich auf die baare leget/ Wie wenn ein rauher wind die blumen niederschläget/ Schlägt tulp und nelck entzwey/ und bricht die blumen ab. So war mein lebens-geist von hertz und seel entrißen/ Als meinen lieben schatz ein wildes schwein gebißen. Ach
Galante Gedichte. Der Venus ſententz. BEiſt euch nicht ihꝛ rabenaͤßer/ ſondeꝛn klaget miꝛ den ſtreit/Heißet das reſpect erzeiget mir/ als eurer obrigkeit? Nehmt ein ander mahl in acht mir die ſachen vorzutragen/ Sonſten werd’ ich beyder part bald von etwas anders ſagen. Jtzo aber ſolt ihr wiſſen/ daß ich nicht mehr leiden wil/ Daß ihr euch zuſam̃en zancket; drumb ſo ſchweiget alle ſtill/ Und nehmt diß zum urtheil an/ gleich itzt ſolt ihr euch verſoͤhnẽ/ Und kein boͤſes laͤſtermaul ſoll die andre mehr verhoͤhnen. Daß indeßen aber keine von euch alten klagen darff/ Als waͤr ich den jungen guͤnſtig und den alten gaꝛ zu ſcharff; So beſchließ ich/ daß hinfort keine jungfer ſoll auf erden/ Ob ſie gleich ſchon laͤnger lebt/ uͤber dreyzehn jahr alt werden. Verliebte Gedichte. Der Venus klag um Adonis grab. ADonis grab iſt hier; mehr ſagt die liebe nicht/ Und Venus ſeel entſchlaͤft bey dieſem leichen-ſteine. Ach hochgeliebter leib! ach werthſte todten-beine! Ach himmliſcher Adon! mein mattes hertze bricht Jn lieb und thraͤnen aus: die thraͤnen ſollen zeugen/ Daß meine liebe wird zu keinen zeiten ſchweigen. Wo iſt Adonis ſarg? wo iſt Adonis grab? Daß Venus nicht zugleich ſich auf die baare leget/ Wie wenn ein rauher wind die blumen niederſchlaͤget/ Schlaͤgt tulp und nelck entzwey/ und bricht die blumen ab. So war mein lebens-geiſt von hertz und ſeel entrißen/ Als meinen lieben ſchatz ein wildes ſchwein gebißen. Ach
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0084" n="68"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Der Venus ſententz.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">B</hi>Eiſt euch nicht ihꝛ rabenaͤßer/ ſondeꝛn klaget miꝛ den ſtreit/</l><lb/> <l>Heißet das reſpect erzeiget mir/ als eurer obrigkeit?</l><lb/> <l>Nehmt ein ander mahl in acht mir die ſachen vorzutragen/</l><lb/> <l>Sonſten werd’ ich beyder part bald von etwas anders ſagen.</l><lb/> <l>Jtzo aber ſolt ihr wiſſen/ daß ich nicht mehr leiden wil/</l><lb/> <l>Daß ihr euch zuſam̃en zancket; drumb ſo ſchweiget alle ſtill/</l><lb/> <l>Und nehmt diß zum urtheil an/ gleich itzt ſolt ihr euch verſoͤhnẽ/</l><lb/> <l>Und kein boͤſes laͤſtermaul ſoll die andre mehr verhoͤhnen.</l><lb/> <l>Daß indeßen aber keine von euch alten klagen darff/</l><lb/> <l>Als waͤr ich den jungen guͤnſtig und den alten gaꝛ zu ſcharff;</l><lb/> <l>So beſchließ ich/ daß hinfort keine jungfer ſoll auf erden/</l><lb/> <l>Ob ſie gleich ſchon laͤnger lebt/ uͤber dreyzehn jahr alt werden.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Verliebte Gedichte.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Der Venus klag um Adonis grab.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">A</hi>Donis grab iſt hier; mehr ſagt die liebe nicht/</l><lb/> <l>Und Venus ſeel entſchlaͤft bey dieſem leichen-ſteine.</l><lb/> <l>Ach hochgeliebter leib! ach werthſte todten-beine!</l><lb/> <l>Ach himmliſcher Adon! mein mattes hertze bricht</l><lb/> <l>Jn lieb und thraͤnen aus: die thraͤnen ſollen zeugen/</l><lb/> <l>Daß meine liebe wird zu keinen zeiten ſchweigen.</l><lb/> <l>Wo iſt Adonis ſarg? wo iſt Adonis grab?</l><lb/> <l>Daß Venus nicht zugleich ſich auf die baare leget/</l><lb/> <l>Wie wenn ein rauher wind die blumen niederſchlaͤget/</l><lb/> <l>Schlaͤgt tulp und nelck entzwey/ und bricht die blumen ab.</l><lb/> <l>So war mein lebens-geiſt von hertz und ſeel entrißen/</l><lb/> <l>Als meinen lieben ſchatz ein wildes ſchwein gebißen.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ach</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [68/0084]
Galante Gedichte.
Der Venus ſententz.
BEiſt euch nicht ihꝛ rabenaͤßer/ ſondeꝛn klaget miꝛ den ſtreit/
Heißet das reſpect erzeiget mir/ als eurer obrigkeit?
Nehmt ein ander mahl in acht mir die ſachen vorzutragen/
Sonſten werd’ ich beyder part bald von etwas anders ſagen.
Jtzo aber ſolt ihr wiſſen/ daß ich nicht mehr leiden wil/
Daß ihr euch zuſam̃en zancket; drumb ſo ſchweiget alle ſtill/
Und nehmt diß zum urtheil an/ gleich itzt ſolt ihr euch verſoͤhnẽ/
Und kein boͤſes laͤſtermaul ſoll die andre mehr verhoͤhnen.
Daß indeßen aber keine von euch alten klagen darff/
Als waͤr ich den jungen guͤnſtig und den alten gaꝛ zu ſcharff;
So beſchließ ich/ daß hinfort keine jungfer ſoll auf erden/
Ob ſie gleich ſchon laͤnger lebt/ uͤber dreyzehn jahr alt werden.
Verliebte Gedichte.
Der Venus klag um Adonis grab.
ADonis grab iſt hier; mehr ſagt die liebe nicht/
Und Venus ſeel entſchlaͤft bey dieſem leichen-ſteine.
Ach hochgeliebter leib! ach werthſte todten-beine!
Ach himmliſcher Adon! mein mattes hertze bricht
Jn lieb und thraͤnen aus: die thraͤnen ſollen zeugen/
Daß meine liebe wird zu keinen zeiten ſchweigen.
Wo iſt Adonis ſarg? wo iſt Adonis grab?
Daß Venus nicht zugleich ſich auf die baare leget/
Wie wenn ein rauher wind die blumen niederſchlaͤget/
Schlaͤgt tulp und nelck entzwey/ und bricht die blumen ab.
So war mein lebens-geiſt von hertz und ſeel entrißen/
Als meinen lieben ſchatz ein wildes ſchwein gebißen.
Ach
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |