Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1841.Montag. Die Interessen. Mit jedem neuen Anlehn mehret Der Staat nun seine Schulden zwar, Doch wird er immer mehr geehret Und mehr geliebt von Jahr zu Jahr. Das lassen wir uns gern gefallen -- Der Staat ist ja ein gutes Haus, So lang' er immerfort uns allen Die Zinsen zahlet richtig aus. Doch sollte sich dies Haus nicht halten Und macht es auch einmal Bankrott, Dann wird die Liebe schnell erkalten, Ade, o Staat, dir gnade Gott! Versprich das Weltall in Decreten, Du fängst kein Unterthanenherz; Hast du nicht Taschen voll Moneten, So dreht dir jeder zu den Sterz. Montag. Die Intereſſen. Mit jedem neuen Anlehn mehret Der Staat nun ſeine Schulden zwar, Doch wird er immer mehr geehret Und mehr geliebt von Jahr zu Jahr. Das laſſen wir uns gern gefallen — Der Staat iſt ja ein gutes Haus, So lang' er immerfort uns allen Die Zinſen zahlet richtig aus. Doch ſollte ſich dies Haus nicht halten Und macht es auch einmal Bankrott, Dann wird die Liebe ſchnell erkalten, Ade, o Staat, dir gnade Gott! Verſprich das Weltall in Decreten, Du fängſt kein Unterthanenherz; Haſt du nicht Taſchen voll Moneten, So dreht dir jeder zu den Sterz. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0046" n="26"/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Montag.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Intereſſen.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Mit jedem neuen Anlehn mehret</l><lb/> <l>Der Staat nun ſeine Schulden zwar,</l><lb/> <l>Doch wird er immer mehr geehret</l><lb/> <l>Und mehr geliebt von Jahr zu Jahr.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Das laſſen wir uns gern gefallen —</l><lb/> <l>Der Staat iſt ja ein gutes Haus,</l><lb/> <l>So lang' er immerfort uns allen</l><lb/> <l>Die Zinſen zahlet richtig aus.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Doch ſollte ſich dies Haus nicht halten</l><lb/> <l>Und macht es auch einmal Bankrott,</l><lb/> <l>Dann wird die Liebe ſchnell erkalten,</l><lb/> <l>Ade, o Staat, dir gnade Gott!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Verſprich das Weltall in Decreten,</l><lb/> <l>Du fängſt kein Unterthanenherz;</l><lb/> <l>Haſt du nicht Taſchen voll Moneten,</l><lb/> <l>So dreht dir jeder zu den Sterz.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0046]
Montag.
Die Intereſſen.
Mit jedem neuen Anlehn mehret
Der Staat nun ſeine Schulden zwar,
Doch wird er immer mehr geehret
Und mehr geliebt von Jahr zu Jahr.
Das laſſen wir uns gern gefallen —
Der Staat iſt ja ein gutes Haus,
So lang' er immerfort uns allen
Die Zinſen zahlet richtig aus.
Doch ſollte ſich dies Haus nicht halten
Und macht es auch einmal Bankrott,
Dann wird die Liebe ſchnell erkalten,
Ade, o Staat, dir gnade Gott!
Verſprich das Weltall in Decreten,
Du fängſt kein Unterthanenherz;
Haſt du nicht Taſchen voll Moneten,
So dreht dir jeder zu den Sterz.
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