Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1841.Aus Germaniens Klagelied. Was soll ich armes Reich, was soll ich endlich machen, Nun mir genommen ist mein Freuen, Lust und Lachen? Kaum bin ich mehr bei Sinnen In dieser langen Noth. Was soll ich doch beginnen? Nur wünsch' ich mir den Tod. Die Kinder so ich selbst erzeuget sind die Schlangen, Die ihre Mutter, mich, zu würgen unterfangen; Die haben mich zerbissen, Daß fast mein ganzer Leib In Stücklein ist zerrissen: O weh, ich armes Weib! Ach, Lieb' und Treu ist hin, die Gottesfurcht erkaltet; Der Glaub' ist abgethan, Beständigkeit veraltet. Das deutsche Blut bedünget So manches schöne Land; Mein eignes Volk bezwinget Sich selbst mit eigner Hand. Johann Rist, + 1667. Aus Germaniens Klagelied. Was ſoll ich armes Reich, was ſoll ich endlich machen, Nun mir genommen iſt mein Freuen, Luſt und Lachen? Kaum bin ich mehr bei Sinnen In dieſer langen Noth. Was ſoll ich doch beginnen? Nur wünſch' ich mir den Tod. Die Kinder ſo ich ſelbſt erzeuget ſind die Schlangen, Die ihre Mutter, mich, zu würgen unterfangen; Die haben mich zerbiſſen, Daß faſt mein ganzer Leib In Stücklein iſt zerriſſen: O weh, ich armes Weib! Ach, Lieb' und Treu iſt hin, die Gottesfurcht erkaltet; Der Glaub' iſt abgethan, Beſtändigkeit veraltet. Das deutſche Blut bedünget So manches ſchöne Land; Mein eignes Volk bezwinget Sich ſelbſt mit eigner Hand. Johann Riſt, † 1667. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0216" n="196"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aus Germaniens Klagelied.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was ſoll ich armes Reich, was ſoll ich endlich machen,</l><lb/> <l>Nun mir genommen iſt mein Freuen, Luſt und Lachen?</l><lb/> <l>Kaum bin ich mehr bei Sinnen</l><lb/> <l>In dieſer langen Noth.</l><lb/> <l>Was ſoll ich doch beginnen?</l><lb/> <l>Nur wünſch' ich mir den Tod.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Die Kinder ſo ich ſelbſt erzeuget ſind die Schlangen,</l><lb/> <l>Die ihre Mutter, mich, zu würgen unterfangen;</l><lb/> <l>Die haben mich zerbiſſen,</l><lb/> <l>Daß faſt mein ganzer Leib</l><lb/> <l>In Stücklein iſt zerriſſen:</l><lb/> <l>O weh, ich armes Weib!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Ach, Lieb' und Treu iſt hin, die Gottesfurcht erkaltet;</l><lb/> <l>Der Glaub' iſt abgethan, Beſtändigkeit veraltet.</l><lb/> <l>Das deutſche Blut bedünget</l><lb/> <l>So manches ſchöne Land;</l><lb/> <l> <hi rendition="#g">Mein eignes Volk bezwinget</hi> </l><lb/> <l><hi rendition="#g">Sich ſelbſt mit eigner Hand</hi>.</l><lb/> </lg> </lg> <p rendition="#right">Johann Riſt, † 1667.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0216]
Aus Germaniens Klagelied.
Was ſoll ich armes Reich, was ſoll ich endlich machen,
Nun mir genommen iſt mein Freuen, Luſt und Lachen?
Kaum bin ich mehr bei Sinnen
In dieſer langen Noth.
Was ſoll ich doch beginnen?
Nur wünſch' ich mir den Tod.
Die Kinder ſo ich ſelbſt erzeuget ſind die Schlangen,
Die ihre Mutter, mich, zu würgen unterfangen;
Die haben mich zerbiſſen,
Daß faſt mein ganzer Leib
In Stücklein iſt zerriſſen:
O weh, ich armes Weib!
Ach, Lieb' und Treu iſt hin, die Gottesfurcht erkaltet;
Der Glaub' iſt abgethan, Beſtändigkeit veraltet.
Das deutſche Blut bedünget
So manches ſchöne Land;
Mein eignes Volk bezwinget
Sich ſelbſt mit eigner Hand.
Johann Riſt, † 1667.
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