Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840.Lapidarstil. Ist das Deutsch schon so verdorben, Daß man's kaum noch schreiben kann? Oder ist es ausgestorben, Daß man's spricht nur dann und wann? Oder habet ihr vernommen, Daß es bald zu Ende geht? Daß die Zeiten nächstens kommen, Wo kein Mensch mehr deutsch versteht? Jedes Denkmal wird frisieret Von der Philologen Hand, Und so haben sie beschmieret Erz und Stein und Tisch und Wand. Wo man hinschaut, strotzt und glotzet Eine Inschrift in Latein, Die sich trotzig hat schmarotzet In das Denkmal mit hinein. Deutsches Volk, du musst studieren Und vor allem das Latein, Niemals kannst du sonst capieren Was dein eigner Ruhm soll sein! Lapidarſtil. Iſt das Deutſch ſchon ſo verdorben, Daß man's kaum noch ſchreiben kann? Oder iſt es ausgeſtorben, Daß man's ſpricht nur dann und wann? Oder habet ihr vernommen, Daß es bald zu Ende geht? Daß die Zeiten nächſtens kommen, Wo kein Menſch mehr deutſch verſteht? Jedes Denkmal wird friſieret Von der Philologen Hand, Und ſo haben ſie beſchmieret Erz und Stein und Tiſch und Wand. Wo man hinſchaut, ſtrotzt und glotzet Eine Inſchrift in Latein, Die ſich trotzig hat ſchmarotzet In das Denkmal mit hinein. Deutſches Volk, du muſſt ſtudieren Und vor allem das Latein, Niemals kannſt du ſonſt capieren Was dein eigner Ruhm ſoll ſein! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0075" n="57"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Lapidarſtil.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Iſt das Deutſch ſchon ſo verdorben,</l><lb/> <l>Daß man's kaum noch ſchreiben kann?</l><lb/> <l>Oder iſt es ausgeſtorben,</l><lb/> <l>Daß man's ſpricht nur dann und wann?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Oder habet ihr vernommen,</l><lb/> <l>Daß es bald zu Ende geht?</l><lb/> <l>Daß die Zeiten nächſtens kommen,</l><lb/> <l>Wo kein Menſch mehr deutſch verſteht?</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Jedes Denkmal wird friſieret</l><lb/> <l>Von der Philologen Hand,</l><lb/> <l>Und ſo haben ſie beſchmieret</l><lb/> <l>Erz und Stein und Tiſch und Wand.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Wo man hinſchaut, ſtrotzt und glotzet</l><lb/> <l>Eine Inſchrift in Latein,</l><lb/> <l>Die ſich trotzig hat ſchmarotzet</l><lb/> <l>In das Denkmal mit hinein.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Deutſches Volk, du muſſt ſtudieren</l><lb/> <l>Und vor allem das Latein,</l><lb/> <l>Niemals kannſt du ſonſt capieren</l><lb/> <l>Was dein eigner Ruhm ſoll ſein!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0075]
Lapidarſtil.
Iſt das Deutſch ſchon ſo verdorben,
Daß man's kaum noch ſchreiben kann?
Oder iſt es ausgeſtorben,
Daß man's ſpricht nur dann und wann?
Oder habet ihr vernommen,
Daß es bald zu Ende geht?
Daß die Zeiten nächſtens kommen,
Wo kein Menſch mehr deutſch verſteht?
Jedes Denkmal wird friſieret
Von der Philologen Hand,
Und ſo haben ſie beſchmieret
Erz und Stein und Tiſch und Wand.
Wo man hinſchaut, ſtrotzt und glotzet
Eine Inſchrift in Latein,
Die ſich trotzig hat ſchmarotzet
In das Denkmal mit hinein.
Deutſches Volk, du muſſt ſtudieren
Und vor allem das Latein,
Niemals kannſt du ſonſt capieren
Was dein eigner Ruhm ſoll ſein!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |