Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Gelübde.

Am Michaelistage, eben als bei den Carmelitern
die Abendhora eingeläutet wurde, fuhr ein mit
vier Postpferden bespannter stattlicher Reisewagen,
donnernd und rasselnd durch die Gassen des klei¬
nen polnischen Gränzstädtchens L., und hielt end¬
lich still vor der Hausthür des alten teutschen
Bürgermeisters. Neugierig steckten die Kinder
die Köpfe zum Fenster heraus, aber die Hausfrau
stand auf von ihrem Sitze und rief: indem sie
ganz unmuthig ihr Nähzeug auf den Tisch warf,
dem Alten, der aus dem Nebenzimmer schnell
eintrat, entgegen: "Schon wieder Fremde, die
unser stilles Haus für eine Gastwirthschaft halten,
das kommt aber von dem Wahrzeichen her. War¬

Das Geluͤbde.

Am Michaelistage, eben als bei den Carmelitern
die Abendhora eingelaͤutet wurde, fuhr ein mit
vier Poſtpferden beſpannter ſtattlicher Reiſewagen,
donnernd und raſſelnd durch die Gaſſen des klei¬
nen polniſchen Graͤnzſtaͤdtchens L., und hielt end¬
lich ſtill vor der Hausthuͤr des alten teutſchen
Buͤrgermeiſters. Neugierig ſteckten die Kinder
die Koͤpfe zum Fenſter heraus, aber die Hausfrau
ſtand auf von ihrem Sitze und rief: indem ſie
ganz unmuthig ihr Naͤhzeug auf den Tiſch warf,
dem Alten, der aus dem Nebenzimmer ſchnell
eintrat, entgegen: „Schon wieder Fremde, die
unſer ſtilles Haus fuͤr eine Gaſtwirthſchaft halten,
das kommt aber von dem Wahrzeichen her. War¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0262" n="254"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Das Gelu&#x0364;bde.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>m Michaelistage, eben als bei den Carmelitern<lb/>
die Abendhora eingela&#x0364;utet wurde, fuhr ein mit<lb/>
vier Po&#x017F;tpferden be&#x017F;pannter &#x017F;tattlicher Rei&#x017F;ewagen,<lb/>
donnernd und ra&#x017F;&#x017F;elnd durch die Ga&#x017F;&#x017F;en des klei¬<lb/>
nen polni&#x017F;chen Gra&#x0364;nz&#x017F;ta&#x0364;dtchens L., und hielt end¬<lb/>
lich &#x017F;till vor der Hausthu&#x0364;r des alten teut&#x017F;chen<lb/>
Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ters. Neugierig &#x017F;teckten die Kinder<lb/>
die Ko&#x0364;pfe zum Fen&#x017F;ter heraus, aber die Hausfrau<lb/>
&#x017F;tand auf von ihrem Sitze und rief: indem &#x017F;ie<lb/>
ganz unmuthig ihr Na&#x0364;hzeug auf den Ti&#x017F;ch warf,<lb/>
dem Alten, der aus dem Nebenzimmer &#x017F;chnell<lb/>
eintrat, entgegen: &#x201E;Schon wieder Fremde, die<lb/>
un&#x017F;er &#x017F;tilles Haus fu&#x0364;r eine Ga&#x017F;twirth&#x017F;chaft halten,<lb/>
das kommt aber von dem Wahrzeichen her. War¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0262] Das Geluͤbde. Am Michaelistage, eben als bei den Carmelitern die Abendhora eingelaͤutet wurde, fuhr ein mit vier Poſtpferden beſpannter ſtattlicher Reiſewagen, donnernd und raſſelnd durch die Gaſſen des klei¬ nen polniſchen Graͤnzſtaͤdtchens L., und hielt end¬ lich ſtill vor der Hausthuͤr des alten teutſchen Buͤrgermeiſters. Neugierig ſteckten die Kinder die Koͤpfe zum Fenſter heraus, aber die Hausfrau ſtand auf von ihrem Sitze und rief: indem ſie ganz unmuthig ihr Naͤhzeug auf den Tiſch warf, dem Alten, der aus dem Nebenzimmer ſchnell eintrat, entgegen: „Schon wieder Fremde, die unſer ſtilles Haus fuͤr eine Gaſtwirthſchaft halten, das kommt aber von dem Wahrzeichen her. War¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/262
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/262>, abgerufen am 30.12.2024.