Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783.An Miller. Miller, denk' ich des Tags, welcher uns scheiden wird, Fasst der Donnergedanke mich; Dann bewölkt sich mein Blick, starret zur Erd' hinab, Schaut nur Bilder der Traurigkeit. Ernst, mit finsterer Stirn, wandelt die Stunde her, Die mich fernet von meinem Freund, Wandelt ernster, und schnell fliegt der gezuckte Dolch In mein blutendes Herz hinab. Eh dem Baume das Laub röthlich und gelb entweht, Kommt der finstere Scheidetag, Stürmt die Freunde hinweg, zucket und stürzt den Dolch In mein blutendes Herz hinab. Wann nun wieder den Baum schattendes Grün umrauscht, Irr' ich einsam von Strauch zu Strauch: Vor des Einsamen Blick schliessen sich Blumen zu, Und die rieselnde Quelle weint, Und
An Miller. Miller, denk' ich des Tags, welcher uns ſcheiden wird, Faſst der Donnergedanke mich; Dann bewölkt ſich mein Blick, ſtarret zur Erd' hinab, Schaut nur Bilder der Traurigkeit. Ernſt, mit finſterer Stirn, wandelt die Stunde her, Die mich fernet von meinem Freund, Wandelt ernſter, und ſchnell fliegt der gezuckte Dolch In mein blutendes Herz hinab. Eh dem Baume das Laub röthlich und gelb entweht, Kommt der finſtere Scheidetag, Stürmt die Freunde hinweg, zucket und ſtürzt den Dolch In mein blutendes Herz hinab. Wann nun wieder den Baum ſchattendes Grün umrauſcht, Irr' ich einſam von Strauch zu Strauch: Vor des Einſamen Blick ſchlieſſen ſich Blumen zu, Und die rieſelnde Quelle weint, Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0166" n="126"/> </div> <div n="2"> <head>An Miller.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">M</hi>iller, denk' ich des Tags, welcher uns ſcheiden wird,</l><lb/> <l>Faſst der Donnergedanke mich;</l><lb/> <l>Dann bewölkt ſich mein Blick, ſtarret zur Erd' hinab,</l><lb/> <l>Schaut nur Bilder der Traurigkeit.</l><lb/> <l>Ernſt, mit finſterer Stirn, wandelt die Stunde her,</l><lb/> <l>Die mich fernet von meinem Freund,</l><lb/> <l>Wandelt ernſter, und ſchnell fliegt der gezuckte Dolch</l><lb/> <l>In mein blutendes Herz hinab.</l><lb/> <l>Eh dem Baume das Laub röthlich und gelb entweht,</l><lb/> <l>Kommt der finſtere Scheidetag,</l><lb/> <l>Stürmt die Freunde hinweg, zucket und ſtürzt den Dolch</l><lb/> <l>In mein blutendes Herz hinab.</l><lb/> <l>Wann nun wieder den Baum ſchattendes Grün umrauſcht,</l><lb/> <l>Irr' ich einſam von Strauch zu Strauch:</l><lb/> <l>Vor des Einſamen Blick ſchlieſſen ſich Blumen zu,</l><lb/> <l>Und die rieſelnde Quelle weint,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und<lb/></fw> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0166]
An Miller.
Miller, denk' ich des Tags, welcher uns ſcheiden wird,
Faſst der Donnergedanke mich;
Dann bewölkt ſich mein Blick, ſtarret zur Erd' hinab,
Schaut nur Bilder der Traurigkeit.
Ernſt, mit finſterer Stirn, wandelt die Stunde her,
Die mich fernet von meinem Freund,
Wandelt ernſter, und ſchnell fliegt der gezuckte Dolch
In mein blutendes Herz hinab.
Eh dem Baume das Laub röthlich und gelb entweht,
Kommt der finſtere Scheidetag,
Stürmt die Freunde hinweg, zucket und ſtürzt den Dolch
In mein blutendes Herz hinab.
Wann nun wieder den Baum ſchattendes Grün umrauſcht,
Irr' ich einſam von Strauch zu Strauch:
Vor des Einſamen Blick ſchlieſſen ſich Blumen zu,
Und die rieſelnde Quelle weint,
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/166 |
Zitationshilfe: | Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/166>, abgerufen am 23.02.2025. |