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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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segefährte nur Dich anzurühren braucht, um unabsehlich, über die schneidenden Zaken hinab, Dich in die dämmernde Tiefe zu stürzen.

Wir hatten eine herrliche Fahrt nach Chios gemacht, hatten tausend Freude an uns gehabt. Wie Lüftchen über die Meeresfläche, walteten über uns die freundlichen Zauber der Natur. Mit freudigem Staunen sah einer den andern, ohne ein Wort zu sprechen, aber das Auge sagte, so hab' ich dich nie gesehen! So verherrlicht waren wir von den Kräften der Erde und des Himmels.

Wir hatten dann auch mit heitrem Feuer uns über manches gestritten, während der Fahrt; ich hatte, wie sonst, auch diessmal wieder meines Herzens Freude daran gehabt, diesem Geist auf seiner kühnen Irrbahn zuzusehn, wo er so regellos, so in ungebundner Fröhlichkeit, und doch meist so sicher seinen Weg verfolgte.

Wir eilten, wie wir ausgestiegen waren, allein zu seyn.

Du kannst niemand überzeugen, sagt' ich jezt mit inniger Liebe, Du überredest, Du bestichst die Menschen, ehe Du anfängst; man kann nicht zweifeln, wenn Du sprichst, und wer nicht zweifelt, wird nicht überzeugt.

segefährte nur Dich anzurühren braucht, um unabsehlich, über die schneidenden Zaken hinab, Dich in die dämmernde Tiefe zu stürzen.

Wir hatten eine herrliche Fahrt nach Chios gemacht, hatten tausend Freude an uns gehabt. Wie Lüftchen über die Meeresfläche, walteten über uns die freundlichen Zauber der Natur. Mit freudigem Staunen sah einer den andern, ohne ein Wort zu sprechen, aber das Auge sagte, so hab’ ich dich nie gesehen! So verherrlicht waren wir von den Kräften der Erde und des Himmels.

Wir hatten dann auch mit heitrem Feuer uns über manches gestritten, während der Fahrt; ich hatte, wie sonst, auch diessmal wieder meines Herzens Freude daran gehabt, diesem Geist auf seiner kühnen Irrbahn zuzusehn, wo er so regellos, so in ungebundner Fröhlichkeit, und doch meist so sicher seinen Weg verfolgte.

Wir eilten, wie wir ausgestiegen waren, allein zu seyn.

Du kannst niemand überzeugen, sagt’ ich jezt mit inniger Liebe, Du überredest, Du bestichst die Menschen, ehe Du anfängst; man kann nicht zweifeln, wenn Du sprichst, und wer nicht zweifelt, wird nicht überzeugt.

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[0057] segefährte nur Dich anzurühren braucht, um unabsehlich, über die schneidenden Zaken hinab, Dich in die dämmernde Tiefe zu stürzen. Wir hatten eine herrliche Fahrt nach Chios gemacht, hatten tausend Freude an uns gehabt. Wie Lüftchen über die Meeresfläche, walteten über uns die freundlichen Zauber der Natur. Mit freudigem Staunen sah einer den andern, ohne ein Wort zu sprechen, aber das Auge sagte, so hab’ ich dich nie gesehen! So verherrlicht waren wir von den Kräften der Erde und des Himmels. Wir hatten dann auch mit heitrem Feuer uns über manches gestritten, während der Fahrt; ich hatte, wie sonst, auch diessmal wieder meines Herzens Freude daran gehabt, diesem Geist auf seiner kühnen Irrbahn zuzusehn, wo er so regellos, so in ungebundner Fröhlichkeit, und doch meist so sicher seinen Weg verfolgte. Wir eilten, wie wir ausgestiegen waren, allein zu seyn. Du kannst niemand überzeugen, sagt’ ich jezt mit inniger Liebe, Du überredest, Du bestichst die Menschen, ehe Du anfängst; man kann nicht zweifeln, wenn Du sprichst, und wer nicht zweifelt, wird nicht überzeugt.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/57>, abgerufen am 26.04.2024.