Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Die Liebe. Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all', O ihr Dankbaren, sie, euere Dichter schmäht, Gott vergeb' es, doch ehret Nur die Seele der Liebenden. Denn o saget, wo lebt menschliches Leben sonst, Da die knechtische jetzt alles, die Sorge, zwingt? Darum wandelt der Gott auch Sorglos über dem Haupt uns längst. Doch, wie immer das Jahr kalt und gesanglos ist, Zur beschiedenen Zeit, aber aus weißem Feld Grüne Halme doch sprossen. Oft ein einsamer Vogel singt. Wenn sich mählig der Wald dehnet, der Strom sich regt. Schon die mildere Luft leise von Mittag weht Zur erlesenen Stunde, So ein Zeichen der schönern Zeit, Die Liebe. Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all', O ihr Dankbaren, ſie, euere Dichter ſchmaͤht, Gott vergeb' es, doch ehret Nur die Seele der Liebenden. Denn o ſaget, wo lebt menſchliches Leben ſonſt, Da die knechtiſche jetzt alles, die Sorge, zwingt? Darum wandelt der Gott auch Sorglos uͤber dem Haupt uns laͤngſt. Doch, wie immer das Jahr kalt und geſanglos iſt, Zur beſchiedenen Zeit, aber aus weißem Feld Gruͤne Halme doch ſproſſen. Oft ein einſamer Vogel ſingt. Wenn ſich maͤhlig der Wald dehnet, der Strom ſich regt. Schon die mildere Luft leiſe von Mittag weht Zur erleſenen Stunde, So ein Zeichen der ſchoͤnern Zeit, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0081" n="73"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g">Die Liebe</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all',</l><lb/> <l>O ihr Dankbaren, ſie, euere Dichter ſchmaͤht,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Gott vergeb' es, doch ehret</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Nur die Seele der Liebenden.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn o ſaget, wo lebt menſchliches Leben ſonſt,</l><lb/> <l>Da die knechtiſche jetzt alles, die Sorge, zwingt?</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Darum wandelt der Gott auch</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Sorglos uͤber dem Haupt uns laͤngſt.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch, wie immer das Jahr kalt und geſanglos iſt,</l><lb/> <l>Zur beſchiedenen Zeit, aber aus weißem Feld</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Gruͤne Halme doch ſproſſen.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Oft ein einſamer Vogel ſingt.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wenn ſich maͤhlig der Wald dehnet, der Strom</l><lb/> <l>ſich regt.</l><lb/> <l>Schon die mildere Luft leiſe von Mittag weht</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zur erleſenen Stunde,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">So ein Zeichen der ſchoͤnern Zeit,</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [73/0081]
Die Liebe.
Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all',
O ihr Dankbaren, ſie, euere Dichter ſchmaͤht,
Gott vergeb' es, doch ehret
Nur die Seele der Liebenden.
Denn o ſaget, wo lebt menſchliches Leben ſonſt,
Da die knechtiſche jetzt alles, die Sorge, zwingt?
Darum wandelt der Gott auch
Sorglos uͤber dem Haupt uns laͤngſt.
Doch, wie immer das Jahr kalt und geſanglos iſt,
Zur beſchiedenen Zeit, aber aus weißem Feld
Gruͤne Halme doch ſproſſen.
Oft ein einſamer Vogel ſingt.
Wenn ſich maͤhlig der Wald dehnet, der Strom
ſich regt.
Schon die mildere Luft leiſe von Mittag weht
Zur erleſenen Stunde,
So ein Zeichen der ſchoͤnern Zeit,
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/81>, abgerufen am 23.02.2025. |