Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Ermunterung.

Echo des Himmels! heiliges Herz! warum
Warum verstummst du unter den Lebenden,
Schläfst, freies! von den Götterlosen
Ewig hinab in die Nacht verwiesen?
Wacht denn, wie vormals, nimmer des Aethers
Licht?
Und blüht die alte Mutter, die Erde nicht?
Und übt der Geist nicht da und dort, nicht
Lächelnd die Liebe das Recht noch immer?
Nur du nicht mehr! doch mahnen die Himmlischen,
Und stillebildend weht, wie ein kahl Gefild,
Der Athem der Natur dich an, der
Alleserheiternde, seelenvolle.
O Hoffnung! bald, bald singen die Haine nicht
Des Lebens Lob allein, denn es ist die Zeit,
Daß aus der Menschen Munde sie, die
Schönere Seele sich neu verkündet,
Ermunterung.

Echo des Himmels! heiliges Herz! warum
Warum verſtummſt du unter den Lebenden,
Schlaͤfſt, freies! von den Goͤtterloſen
Ewig hinab in die Nacht verwieſen?
Wacht denn, wie vormals, nimmer des Aethers
Licht?
Und bluͤht die alte Mutter, die Erde nicht?
Und uͤbt der Geiſt nicht da und dort, nicht
Laͤchelnd die Liebe das Recht noch immer?
Nur du nicht mehr! doch mahnen die Himmliſchen,
Und ſtillebildend weht, wie ein kahl Gefild,
Der Athem der Natur dich an, der
Alleserheiternde, ſeelenvolle.
O Hoffnung! bald, bald ſingen die Haine nicht
Des Lebens Lob allein, denn es iſt die Zeit,
Daß aus der Menſchen Munde ſie, die
Schoͤnere Seele ſich neu verkuͤndet,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0077" n="69"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Ermunterung</hi>.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Echo des Himmels! heiliges Herz! warum</l><lb/>
            <l>Warum ver&#x017F;tumm&#x017F;t du unter den Lebenden,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schla&#x0364;f&#x017F;t, freies! von den Go&#x0364;tterlo&#x017F;en</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Ewig hinab in die Nacht verwie&#x017F;en?</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Wacht denn, wie vormals, nimmer des Aethers</l><lb/>
            <l>Licht?</l><lb/>
            <l>Und blu&#x0364;ht die alte Mutter, die Erde nicht?</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Und u&#x0364;bt der Gei&#x017F;t nicht da und dort, nicht</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">La&#x0364;chelnd die Liebe das Recht noch immer?</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Nur du nicht mehr! doch mahnen die Himmli&#x017F;chen,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;tillebildend weht, wie ein kahl Gefild,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Der Athem der Natur dich an, der</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Alleserheiternde, &#x017F;eelenvolle.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>O Hoffnung! bald, bald &#x017F;ingen die Haine nicht</l><lb/>
            <l>Des Lebens Lob allein, denn es i&#x017F;t die Zeit,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Daß aus der Men&#x017F;chen Munde &#x017F;ie, die</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Scho&#x0364;nere Seele &#x017F;ich neu verku&#x0364;ndet,</hi> </l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0077] Ermunterung. Echo des Himmels! heiliges Herz! warum Warum verſtummſt du unter den Lebenden, Schlaͤfſt, freies! von den Goͤtterloſen Ewig hinab in die Nacht verwieſen? Wacht denn, wie vormals, nimmer des Aethers Licht? Und bluͤht die alte Mutter, die Erde nicht? Und uͤbt der Geiſt nicht da und dort, nicht Laͤchelnd die Liebe das Recht noch immer? Nur du nicht mehr! doch mahnen die Himmliſchen, Und ſtillebildend weht, wie ein kahl Gefild, Der Athem der Natur dich an, der Alleserheiternde, ſeelenvolle. O Hoffnung! bald, bald ſingen die Haine nicht Des Lebens Lob allein, denn es iſt die Zeit, Daß aus der Menſchen Munde ſie, die Schoͤnere Seele ſich neu verkuͤndet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/77
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/77>, abgerufen am 21.12.2024.