Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Main.

(Variation des obigen: der Neckar.)


Wohl manches Land der lebenden Erde möcht'
Ich sehn, und öfters über die Berg' enteilt
Das Herz mir und die Wünsche wandern
Ueber das Meer, zu den Ufern, die mir
Vor andern, so ich kenne, gepriesen sind,
Doch lieb ist in der Ferne nicht eines mir,
Wie jenes, wo die Göttersöhne
Schlafen, das trauernde Land der Griechen.
Ach! einmal dort an Suniums Küste möcht'
Ich landen, deine Säulen, Olympion!
Erfragen, dort, noch eh der Nordsturm
Hin in den Schutt der Athenertempel
Und ihrer Götterbilder auch dich begräbt;
Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr ist! -- und o ihr schönen
Inseln Jöniens, wo die Lüfte
Der Main.

(Variation des obigen: der Neckar.)


Wohl manches Land der lebenden Erde moͤcht'
Ich ſehn, und oͤfters uͤber die Berg' enteilt
Das Herz mir und die Wuͤnſche wandern
Ueber das Meer, zu den Ufern, die mir
Vor andern, ſo ich kenne, geprieſen ſind,
Doch lieb iſt in der Ferne nicht eines mir,
Wie jenes, wo die Goͤtterſoͤhne
Schlafen, das trauernde Land der Griechen.
Ach! einmal dort an Suniums Kuͤſte moͤcht'
Ich landen, deine Saͤulen, Olympion!
Erfragen, dort, noch eh der Nordſturm
Hin in den Schutt der Athenertempel
Und ihrer Goͤtterbilder auch dich begraͤbt;
Denn lang ſchon einſam ſtehſt du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr iſt! — und o ihr ſchoͤnen
Inſeln Joͤniens, wo die Luͤfte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0074" n="66"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Der Main</hi>.</head><lb/>
        <p>(Variation des obigen: <hi rendition="#g">der Neckar</hi>.)</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Wohl manches Land der lebenden Erde mo&#x0364;cht'</l><lb/>
            <l>Ich &#x017F;ehn, und o&#x0364;fters u&#x0364;ber die Berg' enteilt</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Das Herz mir und die Wu&#x0364;n&#x017F;che wandern</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Ueber das Meer, zu den Ufern, die mir</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Vor andern, &#x017F;o ich kenne, geprie&#x017F;en &#x017F;ind,</l><lb/>
            <l>Doch lieb i&#x017F;t in der Ferne nicht eines mir,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Wie jenes, wo die Go&#x0364;tter&#x017F;o&#x0364;hne</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schlafen, das trauernde Land der Griechen.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Ach! einmal dort an Suniums Ku&#x0364;&#x017F;te mo&#x0364;cht'</l><lb/>
            <l>Ich landen, deine Sa&#x0364;ulen, Olympion!</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Erfragen, dort, noch eh der Nord&#x017F;turm</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Hin in den Schutt der Athenertempel</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Und ihrer Go&#x0364;tterbilder auch dich begra&#x0364;bt;</l><lb/>
            <l>Denn lang &#x017F;chon ein&#x017F;am &#x017F;teh&#x017F;t du, o Stolz der Welt,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Die nicht mehr i&#x017F;t! &#x2014; und o ihr &#x017F;cho&#x0364;nen</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">In&#x017F;eln Jo&#x0364;niens, wo die Lu&#x0364;fte</hi> </l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0074] Der Main. (Variation des obigen: der Neckar.) Wohl manches Land der lebenden Erde moͤcht' Ich ſehn, und oͤfters uͤber die Berg' enteilt Das Herz mir und die Wuͤnſche wandern Ueber das Meer, zu den Ufern, die mir Vor andern, ſo ich kenne, geprieſen ſind, Doch lieb iſt in der Ferne nicht eines mir, Wie jenes, wo die Goͤtterſoͤhne Schlafen, das trauernde Land der Griechen. Ach! einmal dort an Suniums Kuͤſte moͤcht' Ich landen, deine Saͤulen, Olympion! Erfragen, dort, noch eh der Nordſturm Hin in den Schutt der Athenertempel Und ihrer Goͤtterbilder auch dich begraͤbt; Denn lang ſchon einſam ſtehſt du, o Stolz der Welt, Die nicht mehr iſt! — und o ihr ſchoͤnen Inſeln Joͤniens, wo die Luͤfte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/74
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/74>, abgerufen am 21.11.2024.