Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Abendphantasie. Vor seiner Hütte ruhigem Schatten sitzt Der Pflüger, dem Genügsamen rauscht sein Heerd. Gastfreundlich tönt dem Wanderer im Friedlichen Dorfe die Abendglocke. Wohl kehren jetzt die Schiffer zum Hafen auch, In fernen Städten fröhlich verrauscht des Markts Geschäft'ger Lärm; in stiller Laube Glänzt das gesellige Mahl den Freunden. Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh' und Ruh' Ist alles freudig; warum schläft denn Nimmer nur mir in der Brust der Stachel? Am Abendhimmel blüht ein Frühling auf; Unzählig blüh'n die Rosen und ruhig scheint Die goldne Welt; o dorthin nehmt mich Purpurne Wolken! und möge droben Abendphantaſie. Vor ſeiner Huͤtte ruhigem Schatten ſitzt Der Pfluͤger, dem Genuͤgſamen rauſcht ſein Heerd. Gaſtfreundlich toͤnt dem Wanderer im Friedlichen Dorfe die Abendglocke. Wohl kehren jetzt die Schiffer zum Hafen auch, In fernen Staͤdten froͤhlich verrauſcht des Markts Geſchaͤft'ger Laͤrm; in ſtiller Laube Glaͤnzt das geſellige Mahl den Freunden. Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen Von Lohn und Arbeit; wechſelnd in Muͤh' und Ruh' Iſt alles freudig; warum ſchlaͤft denn Nimmer nur mir in der Bruſt der Stachel? Am Abendhimmel bluͤht ein Fruͤhling auf; Unzaͤhlig bluͤh'n die Roſen und ruhig ſcheint Die goldne Welt; o dorthin nehmt mich Purpurne Wolken! und moͤge droben <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0055" n="47"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g">Abendphantaſie</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Vor ſeiner Huͤtte ruhigem Schatten ſitzt</l><lb/> <l>Der Pfluͤger, dem Genuͤgſamen rauſcht ſein Heerd.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Gaſtfreundlich toͤnt dem Wanderer im</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Friedlichen Dorfe die Abendglocke.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wohl kehren jetzt die Schiffer zum Hafen auch,</l><lb/> <l>In fernen Staͤdten froͤhlich verrauſcht des Markts</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Geſchaͤft'ger Laͤrm; in ſtiller Laube</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Glaͤnzt das geſellige Mahl den Freunden.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen</l><lb/> <l>Von Lohn und Arbeit; wechſelnd in Muͤh' und Ruh'</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Iſt alles freudig; warum ſchlaͤft denn</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Nimmer nur mir in der Bruſt der Stachel?</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Am Abendhimmel bluͤht ein Fruͤhling auf;</l><lb/> <l>Unzaͤhlig bluͤh'n die Roſen und ruhig ſcheint</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die goldne Welt; o dorthin nehmt mich</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Purpurne Wolken! und moͤge droben</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [47/0055]
Abendphantaſie.
Vor ſeiner Huͤtte ruhigem Schatten ſitzt
Der Pfluͤger, dem Genuͤgſamen rauſcht ſein Heerd.
Gaſtfreundlich toͤnt dem Wanderer im
Friedlichen Dorfe die Abendglocke.
Wohl kehren jetzt die Schiffer zum Hafen auch,
In fernen Staͤdten froͤhlich verrauſcht des Markts
Geſchaͤft'ger Laͤrm; in ſtiller Laube
Glaͤnzt das geſellige Mahl den Freunden.
Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
Von Lohn und Arbeit; wechſelnd in Muͤh' und Ruh'
Iſt alles freudig; warum ſchlaͤft denn
Nimmer nur mir in der Bruſt der Stachel?
Am Abendhimmel bluͤht ein Fruͤhling auf;
Unzaͤhlig bluͤh'n die Roſen und ruhig ſcheint
Die goldne Welt; o dorthin nehmt mich
Purpurne Wolken! und moͤge droben
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