Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.An Diotima. Komm und besänftige mir, die du einst Elemente versöhntest, Wonne der himmlischen Muse, das Chaos der Zeit! Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstönen des Himmels, Bis in der sterblichen Brust sich das entzweite vereint, Bis der Menschen alte Natur, die ruhige, große, Aus der gährenden Zeit mächtig und heiter sich hebt! Kehr' in die dürftigen Herzen des Volks, lebendige Schönheit, Kehr' an den gastlichen Tisch, kehr' in die Tempel zurück! Denn Diotima lebt, wie die zarten Blüthen im Winter, Reich an eigenem Geist, sucht sie die Sonne doch auch. Aber die Sonne des Geists, die schönere Welt, ist hinunter, Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nun. An Diotima. Komm und beſaͤnftige mir, die du einſt Elemente verſoͤhnteſt, Wonne der himmliſchen Muſe, das Chaos der Zeit! Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstoͤnen des Himmels, Bis in der ſterblichen Bruſt ſich das entzweite vereint, Bis der Menſchen alte Natur, die ruhige, große, Aus der gaͤhrenden Zeit maͤchtig und heiter ſich hebt! Kehr' in die duͤrftigen Herzen des Volks, lebendige Schoͤnheit, Kehr' an den gaſtlichen Tiſch, kehr' in die Tempel zuruͤck! Denn Diotima lebt, wie die zarten Bluͤthen im Winter, Reich an eigenem Geiſt, ſucht ſie die Sonne doch auch. Aber die Sonne des Geiſts, die ſchoͤnere Welt, iſt hinunter, Und in froſtiger Nacht zanken Orkane ſich nun. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0133" n="125"/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g">An Diotima</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Komm und beſaͤnftige mir, die du einſt Elemente<lb/><hi rendition="#et">verſoͤhnteſt,</hi></l><lb/> <l>Wonne der himmliſchen Muſe, das Chaos der<lb/><hi rendition="#et">Zeit!</hi></l><lb/> <l>Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstoͤnen des<lb/><hi rendition="#et">Himmels,</hi></l><lb/> <l>Bis in der ſterblichen Bruſt ſich das entzweite<lb/><hi rendition="#et">vereint,</hi></l><lb/> <l>Bis der Menſchen alte Natur, die ruhige, große,</l><lb/> <l>Aus der gaͤhrenden Zeit maͤchtig und heiter ſich<lb/><hi rendition="#et">hebt!</hi></l><lb/> <l>Kehr' in die duͤrftigen Herzen des Volks, lebendige<lb/><hi rendition="#et">Schoͤnheit,</hi></l><lb/> <l>Kehr' an den gaſtlichen Tiſch, kehr' in die Tempel<lb/><hi rendition="#et">zuruͤck!</hi></l><lb/> <l>Denn Diotima lebt, wie die zarten Bluͤthen im<lb/><hi rendition="#et">Winter,</hi></l><lb/> <l>Reich an eigenem Geiſt, ſucht ſie die Sonne<lb/><hi rendition="#et">doch auch.</hi></l><lb/> <l>Aber die Sonne des Geiſts, die ſchoͤnere Welt,<lb/><hi rendition="#et">iſt hinunter,</hi></l><lb/> <l>Und in froſtiger Nacht zanken Orkane ſich nun.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [125/0133]
An Diotima.
Komm und beſaͤnftige mir, die du einſt Elemente
verſoͤhnteſt,
Wonne der himmliſchen Muſe, das Chaos der
Zeit!
Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstoͤnen des
Himmels,
Bis in der ſterblichen Bruſt ſich das entzweite
vereint,
Bis der Menſchen alte Natur, die ruhige, große,
Aus der gaͤhrenden Zeit maͤchtig und heiter ſich
hebt!
Kehr' in die duͤrftigen Herzen des Volks, lebendige
Schoͤnheit,
Kehr' an den gaſtlichen Tiſch, kehr' in die Tempel
zuruͤck!
Denn Diotima lebt, wie die zarten Bluͤthen im
Winter,
Reich an eigenem Geiſt, ſucht ſie die Sonne
doch auch.
Aber die Sonne des Geiſts, die ſchoͤnere Welt,
iſt hinunter,
Und in froſtiger Nacht zanken Orkane ſich nun.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |