Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter unüberlegte Gelübde einer ewigen Ehelosigkeit, sie bewachen nur die Unschuld, undgeben die verwahrte Braut wieder zurück, sobald sie gefordert wird. Es kann demnach bey diesen verschiedenen Klöstern auch besondere Gärten ge- 2. Gärten bey Klöstern, die nicht dem Nutzbaren gewidmet sind, verlangen ihren Der Klostergarten gehört zu der Gattung vom melancholischen Charakter. *) heiligen *) S. 4ten B. S. 81 u. s. w.
Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter unuͤberlegte Geluͤbde einer ewigen Eheloſigkeit, ſie bewachen nur die Unſchuld, undgeben die verwahrte Braut wieder zuruͤck, ſobald ſie gefordert wird. Es kann demnach bey dieſen verſchiedenen Kloͤſtern auch beſondere Gaͤrten ge- 2. Gaͤrten bey Kloͤſtern, die nicht dem Nutzbaren gewidmet ſind, verlangen ihren Der Kloſtergarten gehoͤrt zu der Gattung vom melancholiſchen Charakter. *) heiligen *) S. 4ten B. S. 81 u. ſ. w.
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Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
unuͤberlegte Geluͤbde einer ewigen Eheloſigkeit, ſie bewachen nur die Unſchuld, und
geben die verwahrte Braut wieder zuruͤck, ſobald ſie gefordert wird.
Es kann demnach bey dieſen verſchiedenen Kloͤſtern auch beſondere Gaͤrten ge-
ben. Sie ſind uͤberhaupt mit der Idee eines Kloſters ſehr vereinbar. Sowohl die
Einſamkeit, als auch die Froͤmmigkeit ſelbſt laden zur Betrachtung der Natur und
zur ſtillen Behagung an den Wundern ein, die den Geiſt zu dem Schoͤpfer empor-
heben. Selten iſt ein Kloſter ohne Garten; aber auch ſelten hat der Garten einen
Charakter, wie ſeine Verbindung mit einem Kloſter fordert. Faſt alle Gaͤrten bey
ſolchen Stiftungen enthalten nur, was ihre naͤchſten Beduͤrfniſſe fordern, Gemuͤſe,
oder Baumfruͤchte, oder Wein. Einige Kloͤſter laſſen ihre Moͤnche in kleinen abge-
ſonderten Haͤuſern wohnen, wovon jeder ſein Gaͤrtchen hat, das von ſeinem Beſitzer
bearbeitet und bepflanzet wird, faſt immer mit Kuͤchengewaͤchſen; bey dieſen iſt oh-
nehin der Platz zu eingeſchraͤnkt. Sie ſind eben ſo wenig Kloſtergaͤrten, wie wir ſie
hier ſuchen.
2.
Gaͤrten bey Kloͤſtern, die nicht dem Nutzbaren gewidmet ſind, verlangen ihren
eigenen Charakter; und dieſer iſt ſowohl von der Beſtimmung des Gebaͤudes, als
auch von der Lebensart ſeiner Bewohner abhaͤngig. Es waͤre kein Werk der Ueber-
legung, hier praͤchtige, glaͤnzende oder wolluͤſtige Scenen zu eroͤffnen, die fuͤr die,
welche ſie betreten ſollen, der gewoͤhnlichen Stimmung ihrer Seele ganz widerſpre-
chen. Eingezogenheit, Ernſt, Verlaͤugnung, in ſich ſelbſt gekehrte Betrachtung
ſind das Eigenthum des aͤchten Kloſterbewohners; ſie ruhen bey ihm in der tiefen
Stille ſeiner Zelle, ſie folgen ihm nach, wenn er vom Fuß ſeines Altars ſich erhebt
und hinauswandelt, ſein noch von Bußthraͤnen naſſes Auge in dem Angeſicht der
Natur wieder zu trocknen. Doch die Natur ſcheint ihm weniger, was ſie andern
Buͤrgern der Erde iſt, und gleichwohl iſt ſie ihm mehr. Er ſieht nicht in ihr den
Strom von ſinnlichen Freuden, worinn ſich die Phantaſie berauſcht; aber er verwan-
delt den ſtillen Wald in einen Tempel der Gottheit, in einen Vorhof des Himmels.
Die Roſe iſt ihm kein Schmuck fuͤr die Scheitel der Freude, oder fuͤr den Buſen der
Schoͤnheit; ſie entblaͤttert ſich vor ihm, faͤllt und welket dahin, nur ein Bild ſeiner
eigenen Vergaͤnglichkeit.
Der Kloſtergarten gehoͤrt zu der Gattung vom melancholiſchen Charakter. *)
Entfernung von dem Getuͤmmel der Welt, Verſchloſſenheit, feyerliche Stille, und
zu ernſten Betrachtungen einladende Dunkelheit muͤſſen ihn auszeichnen. Gleich
beym Eintritt kuͤndige ſich dieſer Charakter an, und empfange die Seele mit einem
heiligen
*) S. 4ten B. S. 81 u. ſ. w.
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