Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten, 10. Der churfürstliche Garten zu Schwetzingen bey Manheim ist berühmt ge- Der erste Fehler bey diesem Garten war, daß man keine Gegend mit mehr Der Garten ist von einem großen Umfang; desto mehr wird man durch die Man sehe z. B. die Scene, die man Mecca nennt, und die aus einer An- ein *) Die Kosten der türkischen Gebäude
werden allein auf 120,000 Gulden ge- schätzt. Die jährliche Unterhaltung des Gartens und die Fortsetzung der Anlagen [Spaltenumbruch] kostet etwa 40,000 Gulden. Für die Schlösser zu Schwetzingen und Manheim werden zusammen 60,000 Gulden ge- rechnet. Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, 10. Der churfuͤrſtliche Garten zu Schwetzingen bey Manheim iſt beruͤhmt ge- Der erſte Fehler bey dieſem Garten war, daß man keine Gegend mit mehr Der Garten iſt von einem großen Umfang; deſto mehr wird man durch die Man ſehe z. B. die Scene, die man Mecca nennt, und die aus einer An- ein *) Die Koſten der tuͤrkiſchen Gebaͤude
werden allein auf 120,000 Gulden ge- ſchaͤtzt. Die jaͤhrliche Unterhaltung des Gartens und die Fortſetzung der Anlagen [Spaltenumbruch] koſtet etwa 40,000 Gulden. Fuͤr die Schloͤſſer zu Schwetzingen und Manheim werden zuſammen 60,000 Gulden ge- rechnet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0352" n="344"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,</hi> </fw><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">10.</hi> </head><lb/> <p>Der churfuͤrſtliche Garten zu <hi rendition="#fr">Schwetzingen</hi> bey <hi rendition="#fr">Manheim</hi> iſt beruͤhmt ge-<lb/> nug. Er ward vor einigen zwanzig Jahren angefangen, und es ſind unermeßliche<lb/> Summen hier an eine Anlage in der alten Symmetrie verſchwendet worden, <note place="foot" n="*)">Die Koſten der tuͤrkiſchen Gebaͤude<lb/> werden allein auf 120,000 Gulden ge-<lb/> ſchaͤtzt. Die jaͤhrliche Unterhaltung des<lb/> Gartens und die Fortſetzung der Anlagen<lb/><cb/> koſtet etwa 40,000 Gulden. Fuͤr die<lb/> Schloͤſſer zu Schwetzingen und Manheim<lb/> werden zuſammen 60,000 Gulden ge-<lb/> rechnet.</note> ob-<lb/> gleich im Anfange weit mehr, als jetzt.</p><lb/> <p>Der erſte Fehler bey dieſem Garten war, daß man keine Gegend mit mehr<lb/> natuͤrlichen Abwechſelungen waͤhlte, etwa naͤher nach der Bergſtraße zu; und der<lb/> zweyte, daß man ihn ganz in ſymmetriſcher Manier anlegte, zu einer Zeit, da der<lb/><hi rendition="#fr">engliſche</hi> Geſchmack ſchon uͤberall bekannt war. Allein der Anleger, Herr von <hi rendition="#fr">Pi-<lb/> gage,</hi> churfuͤrſtlicher Oberbaudirector, ein <hi rendition="#fr">Franzoſe,</hi> ſcheint davon nichts gewußt<lb/> zu haben. Es ward eine Ebene gewaͤhlt, und da man nun nicht die geringſte Un-<lb/> gleichheit dulden wollte, ſo ward alles geebnet. Fruchtbare Aecker und ſchoͤne Wie-<lb/> ſen verſchwanden, und nun war die große Flaͤche mit Sand uͤberdeckt, wo man<lb/> Muͤhe hatte, die Pflanzung fortzubringen.</p><lb/> <p>Der Garten iſt von einem großen Umfang; deſto mehr wird man durch die<lb/> ewige Symmetrie ermuͤdet, die hier durchgaͤngig herrſcht, bis auf einen kleinen Be-<lb/> zirk, den man den <hi rendition="#fr">engliſchen</hi> Garten nennt. Man ſieht nichts als große, gerade<lb/> Alleen, Hecken und Bogengaͤnge mit Linial und Schnur gezogen, Arcaden, Altane<lb/> und Niſchen von Baumwerk gebildet, eine unnuͤtze Menge von eiſernem und hoͤlzernem<lb/> Gitterwerk; und dazwiſchen Parterre, Waſſerkuͤnſte, ſtehende und liegende Figuren,<lb/> meiſtens von Marmor in natuͤrlicher, einige von Gyps in coloſſaliſcher Groͤße, end-<lb/> lich regulaͤre Waſſerbehaͤltniſſe. Ueberall erblickt man Kunſt, Pracht und Koſten,<lb/> aber deſto weniger Geſchmack, ſowohl in Ruͤckſicht auf die Anlage des Ganzen, als<lb/> auch auf einzelne Scenen.</p><lb/> <p>Man ſehe z. B. die Scene, die man <hi rendition="#fr">Mecca</hi> nennt, und die aus einer An-<lb/> zahl von <hi rendition="#fr">tuͤrkiſchen</hi> Gebaͤuden beſteht, die durch Gallerien oder Arcaden verbunden<lb/> ſind. Dieſe ſind ſo eng, daß nur eben zwey Perſonen neben einander ſpazieren koͤn-<lb/> nen; und was das Sonderbarſte iſt, dieſes <hi rendition="#fr">Mecca</hi> liegt mitten in einer <hi rendition="#fr">franzoͤſi-<lb/> ſchen</hi> Parthie, wo man nach der Beſchaffenheit des Platzes nichts weniger als eine<lb/> Reihe von <hi rendition="#fr">tuͤrkiſchen</hi> Gebaͤuden erwarten ſollte. Aus der Moſchee ſieht man gerade<lb/> nach einer <hi rendition="#fr">aͤgyptiſchen</hi> Parthie, woran noch gearbeitet wird, und die, ſo wie die<lb/><hi rendition="#fr">tuͤrkiſche,</hi> vom Himmel herabgefallen zu ſeyn ſcheint. Es iſt ein Berg, worauf<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [344/0352]
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
10.
Der churfuͤrſtliche Garten zu Schwetzingen bey Manheim iſt beruͤhmt ge-
nug. Er ward vor einigen zwanzig Jahren angefangen, und es ſind unermeßliche
Summen hier an eine Anlage in der alten Symmetrie verſchwendet worden, *) ob-
gleich im Anfange weit mehr, als jetzt.
Der erſte Fehler bey dieſem Garten war, daß man keine Gegend mit mehr
natuͤrlichen Abwechſelungen waͤhlte, etwa naͤher nach der Bergſtraße zu; und der
zweyte, daß man ihn ganz in ſymmetriſcher Manier anlegte, zu einer Zeit, da der
engliſche Geſchmack ſchon uͤberall bekannt war. Allein der Anleger, Herr von Pi-
gage, churfuͤrſtlicher Oberbaudirector, ein Franzoſe, ſcheint davon nichts gewußt
zu haben. Es ward eine Ebene gewaͤhlt, und da man nun nicht die geringſte Un-
gleichheit dulden wollte, ſo ward alles geebnet. Fruchtbare Aecker und ſchoͤne Wie-
ſen verſchwanden, und nun war die große Flaͤche mit Sand uͤberdeckt, wo man
Muͤhe hatte, die Pflanzung fortzubringen.
Der Garten iſt von einem großen Umfang; deſto mehr wird man durch die
ewige Symmetrie ermuͤdet, die hier durchgaͤngig herrſcht, bis auf einen kleinen Be-
zirk, den man den engliſchen Garten nennt. Man ſieht nichts als große, gerade
Alleen, Hecken und Bogengaͤnge mit Linial und Schnur gezogen, Arcaden, Altane
und Niſchen von Baumwerk gebildet, eine unnuͤtze Menge von eiſernem und hoͤlzernem
Gitterwerk; und dazwiſchen Parterre, Waſſerkuͤnſte, ſtehende und liegende Figuren,
meiſtens von Marmor in natuͤrlicher, einige von Gyps in coloſſaliſcher Groͤße, end-
lich regulaͤre Waſſerbehaͤltniſſe. Ueberall erblickt man Kunſt, Pracht und Koſten,
aber deſto weniger Geſchmack, ſowohl in Ruͤckſicht auf die Anlage des Ganzen, als
auch auf einzelne Scenen.
Man ſehe z. B. die Scene, die man Mecca nennt, und die aus einer An-
zahl von tuͤrkiſchen Gebaͤuden beſteht, die durch Gallerien oder Arcaden verbunden
ſind. Dieſe ſind ſo eng, daß nur eben zwey Perſonen neben einander ſpazieren koͤn-
nen; und was das Sonderbarſte iſt, dieſes Mecca liegt mitten in einer franzoͤſi-
ſchen Parthie, wo man nach der Beſchaffenheit des Platzes nichts weniger als eine
Reihe von tuͤrkiſchen Gebaͤuden erwarten ſollte. Aus der Moſchee ſieht man gerade
nach einer aͤgyptiſchen Parthie, woran noch gearbeitet wird, und die, ſo wie die
tuͤrkiſche, vom Himmel herabgefallen zu ſeyn ſcheint. Es iſt ein Berg, worauf
ein
*) Die Koſten der tuͤrkiſchen Gebaͤude
werden allein auf 120,000 Gulden ge-
ſchaͤtzt. Die jaͤhrliche Unterhaltung des
Gartens und die Fortſetzung der Anlagen
koſtet etwa 40,000 Gulden. Fuͤr die
Schloͤſſer zu Schwetzingen und Manheim
werden zuſammen 60,000 Gulden ge-
rechnet.
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