Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc. II. Die Schweiz. Die Natur scheint über die Schweiz das Füllhorn ihrer Schönheiten ausgel[e]ert Die *) 1ster B. S. 33 -- 35. J i 2
Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. II. Die Schweiz. Die Natur ſcheint uͤber die Schweiz das Fuͤllhorn ihrer Schoͤnheiten ausgel[e]ert Die *) 1ſter B. S. 33 — 35. J i 2
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Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
II.
Die Schweiz.
Die Natur ſcheint uͤber die Schweiz das Fuͤllhorn ihrer Schoͤnheiten ausgeleert
zu haben, und Bewohnung und Cultur vereinigten ſich nach ihr, mitten
unter den Wundern des Erhabenen und Romantiſchen, die keine Hand des Men-
ſchen zu ſchaffen vermag, noch die ſanfteſten Reize einzuſtreuen *). Man kann
faſt keinen Schritt thun, ohne auf Scenen zu treffen, die in ſo vielen Reichen des
Erdbodens entweder ganz unbekannt ſind, oder die, wenn ſie auch zu den gewoͤhn-
lichen Auftritten gehoͤren, die bloß ergoͤtzen, doch hier durch die pikanteſten Verbin-
dungen und Gegenſtellungen zur Wirkung der lebhafteſten Ueberraſchung ſteigen.
Was dabey dem Geſchmack gehoͤrt oder ſein Antheil zu ſeyn ſcheint, betrifft die Wahl
der Lagen fuͤr die Landhaͤuſer, die beſcheidene Zierlichkeit und edle Einfalt ihrer Ein-
richtung, die Einfachheit der buͤrgerlichen Sommerwohnungen, die Annehmlichkeit
der Weinberge, und die Vereinigung einer gemaͤßigten Anmuth mit der ſtillen Nutz-
barkeit der eingeſchraͤnkten Gartenreviere. Denn Land gehoͤrt hier zu den Koſtbar-
keiten des Landes. In den Gaͤrten bleibt nur wenig Raum, den die Goͤttinn des
Vergnuͤgens mit ihren Blumen beſtreuen und mit ihren Springbrunnen beleben kann.
Viele edle auslaͤndiſche Pflanzen warmer Zonen gedeihen unter dieſem Klima; doch
fuͤr die nordamerikaniſchen Baͤume und Straͤucher, woran ſich England und
Deutſchland ergoͤtzen, ſind die niedrigen Gegenden Helvetiens faſt ſchon zu warm.
Die Kunſt der Pflanzung iſt hier noch unbekannt. Hecken mit Kugeln und Pyra-
miden und ausgeſchnittenen Oeffnungen, wie Guckloͤcher in Kraͤmerbuden, Kronen
und Spitzſaͤulen von Taxus gehoͤren noch zu den gewoͤhnlichen Werken der Kunſt,
die man im Angeſicht der herrlichſten Landſchaften hin und wieder immer noch herr-
lich findet. Die hoͤhern Abhaͤnge der Weinberge und Gartenplaͤtze machen oft die
Einfaſſung mit Mauern und Eintheilung in Terraſſen noͤthig, aber auch zugleich den
Spaziergang unbequem. Dieſen verfolgt der Bewohner mit groͤßerm Vergnuͤgen
auf den umliegenden Bergen, oder in den Thaͤlern und Wieſen, die von weidenden
Rindern und rauſchenden Fluͤſſen und Waſſerfaͤllen belebt ſind. Sogar die Anpflan-
zungen von Alleen bey den Staͤdten, die man in Deutſchland ſo haͤufig antrifft, daß
daß man kaum mehr darauf achtet, ſind in Helvetien ſo ſelten, daß Sinner ſie
als beſondere Merkwuͤrdigkeiten der Oerter anzufuͤhren wichtig genug fand. Nur Bern
kann ſich von dieſer Seite des Rangs mit betraͤchtlichen deutſchen Staͤdten ruͤhmen.
Die
*) 1ſter B. S. 33 — 35.
J i 2
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