Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.einzelner Theile eines Landsitzes. ihn menschenfreundlich einladen, hier seinen Durst zu stillen; ein Sitz an der erfri-schenden Stelle und der Schatten einiger Bäume, die Kühlung über sie herabsän- selten, würden nicht vergebens Erquickung anbieten. Die Sorge für die öffentli- chen Trinkquellen an den Landstraßen wäre dem nächsten Beamten oder Dorf aufzu- tragen. Wie oft würde der arme Wanderer nicht seinen rührenden Dank wieder- holen, und was für einen edlen Begriff von dem Geist der Regierung eines solchen Landes würden nicht die Reisenden mit sich nehmen! 3. Die übrigen Verschönerungen der Landstraßen bestehen in der Bepflanzung Nothwendigkeit des Schattens und Anmuth empfehlen die Bepflanzung der Die gemeine Baumverstutzerey, die noch hie und da den Gartenknechten ver- Ruhe *) Im Gartenkalender auf 1783. S. 215 u. f. Z 3
einzelner Theile eines Landſitzes. ihn menſchenfreundlich einladen, hier ſeinen Durſt zu ſtillen; ein Sitz an der erfri-ſchenden Stelle und der Schatten einiger Baͤume, die Kuͤhlung uͤber ſie herabſaͤn- ſelten, wuͤrden nicht vergebens Erquickung anbieten. Die Sorge fuͤr die oͤffentli- chen Trinkquellen an den Landſtraßen waͤre dem naͤchſten Beamten oder Dorf aufzu- tragen. Wie oft wuͤrde der arme Wanderer nicht ſeinen ruͤhrenden Dank wieder- holen, und was fuͤr einen edlen Begriff von dem Geiſt der Regierung eines ſolchen Landes wuͤrden nicht die Reiſenden mit ſich nehmen! 3. Die uͤbrigen Verſchoͤnerungen der Landſtraßen beſtehen in der Bepflanzung Nothwendigkeit des Schattens und Anmuth empfehlen die Bepflanzung der Die gemeine Baumverſtutzerey, die noch hie und da den Gartenknechten ver- Ruhe *) Im Gartenkalender auf 1783. S. 215 u. f. Z 3
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einzelner Theile eines Landſitzes.
ihn menſchenfreundlich einladen, hier ſeinen Durſt zu ſtillen; ein Sitz an der erfri-
ſchenden Stelle und der Schatten einiger Baͤume, die Kuͤhlung uͤber ſie herabſaͤn-
ſelten, wuͤrden nicht vergebens Erquickung anbieten. Die Sorge fuͤr die oͤffentli-
chen Trinkquellen an den Landſtraßen waͤre dem naͤchſten Beamten oder Dorf aufzu-
tragen. Wie oft wuͤrde der arme Wanderer nicht ſeinen ruͤhrenden Dank wieder-
holen, und was fuͤr einen edlen Begriff von dem Geiſt der Regierung eines ſolchen
Landes wuͤrden nicht die Reiſenden mit ſich nehmen!
3.
Die uͤbrigen Verſchoͤnerungen der Landſtraßen beſtehen in der Bepflanzung
und in den Ausſichten. Die erſte iſt mehr ein Werk des Fleißes, die andre mehr
ein Geſchenk der Natur.
Nothwendigkeit des Schattens und Anmuth empfehlen die Bepflanzung der
Landſtraßen; nur darf dieſe keine zu dichte Beſchattung geben, die das Durchſtreichen
der Luft und das Austrocknen des Weges hindere. In ſeuchten Gegenden muß
uͤberhaupt die Baumpflanzung ſparſamer ſeyn. Auch ſollte man die Auswahl der
Baͤume mehr nach der Beſchaffenheit des Bodens beſtimmen; der oͤftere Mangel
dieſer Sorgfalt veranlaßt ſo manche verungluͤckte Anpflanzung. Man hat an ver-
ſchiedenen Orten in Deutſchland die Bepflanzung der Wege aus dem oͤkonomiſchen
Grunde vorgeſchlagen, den Holzmangel zu erſetzen. Allein da die oͤftere Umhauung
und Wiederanpflanzung der Baͤume, wenn ſie nicht etwa zu dicht ſtehen, viele Un-
bequemlichkeit hat, ſo lange man die Seiten der Landſtraßen alleenweiſe mit einer
einfachen Reihe beſetzt; ſo wuͤrde dieſer erwartete Holzgewinn nur alsdann etwas er-
heblich werden, wenn man anſehnliche Gruppen, wo ſich leichter aushauen und
wieder nachpflanzen laͤßt, anlegen wollte. Das bloße Kappen der Weiden und
andrer Baͤume giebt doch nur einen wenig betraͤchtlichen Vorrath von Brennholz,
giebt Verunſtaltung fuͤr das Auge und Mangel an Schatten.
Die gemeine Baumverſtutzerey, die noch hie und da den Gartenknechten ver-
ſtattet wird, iſt eben ſo wenig bey den Baͤumen an den Landſtraßen, als in den
Gaͤrten, zu dulden. Hier darf ich wohl eine Erinnerung, die ich an einem andern
Orte *) uͤber dieſe unſinnige Mode der Baumverſtuͤmmelung gegeben, wieder an-
fuͤhren, weil ſie Leuten, die noch immer blind an den alten Vorurtheilen hangen,
nicht oft genug geſagt werden kann. „Was iſt ſchoͤner, als die freye Rundung der
Roßkaſtanie und der praͤchtige Umfang der Linde, dieſer beyden gewoͤhnlichen Alleen-
baͤume, die uns ſo die Natur erzieht? Was erfreuender, als die majeſtaͤtiſche
Woͤlbung der hohen Laubdecken dieſer Baͤume, worunter Schatten, Kuͤhlung und
Ruhe
*) Im Gartenkalender auf 1783. S. 215 u. f.
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