Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.einzelner Theile eines Landsitzes. 2. Wohl angelegte Dörfer gehören zu den wohlthätigsten Verschönerungen eines Die schönsten Dörfer, die ich in Deutschland gefunden, find die Maynzi- Die meisten Dörfer in Schwaben sind nach Sulzers Bemerkung, die ich Diese V Band. X
einzelner Theile eines Landſitzes. 2. Wohl angelegte Doͤrfer gehoͤren zu den wohlthaͤtigſten Verſchoͤnerungen eines Die ſchoͤnſten Doͤrfer, die ich in Deutſchland gefunden, find die Maynzi- Die meiſten Doͤrfer in Schwaben ſind nach Sulzers Bemerkung, die ich Dieſe V Band. X
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einzelner Theile eines Landſitzes.
2.
Wohl angelegte Doͤrfer gehoͤren zu den wohlthaͤtigſten Verſchoͤnerungen eines
Landes, und ihr Anblick iſt ſo anziehend, ſo erheiternd, daß aufgeklaͤrte Reiſende ſie
immer mit einem beſondern Vergnuͤgen zu bemerken pflegen. Zwar ſind ſie noch
nicht ſo allgemein oder ſo zahlreich in den europaͤiſchen Reichen, als ein Menſchen-
freund wuͤnſchen moͤchte; indeſſen giebt es hin und wieder doch ſchon ſchaͤtzbare Mu-
ſter, die zur Nachahmung anleiten koͤnnen.
Die ſchoͤnſten Doͤrfer, die ich in Deutſchland gefunden, find die Maynzi-
ſchen an den Ufern und in der Nachbarſchaft des Mayns und des Rheins. Sie
ſind faſt durchgaͤngig mit Ziegeln gedeckt, und fallen in der Ferne ſo lebhaft und
freundlich ins Auge, daß die Landſchaft mit einer Menge kleiner Staͤdte beſaͤet ſcheint.
Sie ſind groß und geraͤumig gebauet, und haben vollkommen das Anſehen der Rein-
lichkeit und des Wohlſtandes. Einige genießen an den Ufern des Mayns eine rei-
zende Lage. Verſchiedene Haͤuſer ſind anmuthig mit Weinranken uͤberzogen. Bey
allen Doͤrfern aber erblickt man große Umpflanzungen von Obſtbaͤumen; man faͤhrt
zuweilen durch ganze Waͤlder von ihnen hin. Die Straßen, die durch ſie fuͤhren,
ſind ſo reinlich, daß manche kleine fuͤrſtliche Reſidenzen ihnen weichen muͤſſen, und
hin und wleder mit vielen Obſtbaͤumen beſetzt, die einen Reichthum von Fruͤchten
geben. Man ſieht ganze Gefilde in einen Garten verwandelt, wo Erbſen, Bohnen,
verſchiedene Kohlarten, Gurken u. ſ. w. in langen Strecken angepflanzt ſind, zwi-
ſchen welchen Obſtbaͤume zerſtreut ſtehen, die ſo wenig hier, als in den mit Korn be-
ſaͤeten Flaͤchen, dem Fortkommen der unter ihnen angebaueten Gewaͤchſe ſchaden,
wie der Augenſchein lehrt. — Nichts aber iſt einnehmender, als die Lage
und Schoͤnheit der Doͤrfer am Rhein, indem man von Maynz nach Coblenz auf
dem Strom hinunterfaͤhrt. Man fragt jeden Augenblick nach dem Namen des
Staͤdtchens, und hoͤrt es ein Dorf nennen. Die Wohnungen ſind alle ſo ſchoͤn ge-
bauet, ſo rein und einladend von Anſehen, mit graulichem und blaͤulichem Schiefer
gedeckt, mit heitern Fenſtern und weißen Waͤnden, ſo nahe am Waſſer, daß ſie
darinn ihren Wiederſchein mit einem maleriſchen Reiz verbreiten.
Die meiſten Doͤrfer in Schwaben ſind nach Sulzers Bemerkung, die ich
ſelbſt richtig befunden, gegen die ſaͤchſiſchen und brandenburgiſchen, Staͤdte,
und die Bauerhaͤuſer beynahe Pallaͤſte in Vergleichung der elenden Huͤtten in Nie-
derdeutſchland. Das Landvolk iſt auch, je weiter man nach der ſuͤdlichen Graͤnze
von Deutſchland koͤmmt, verſtaͤndiger, arbeitſamer, gerader und ehrlicher, auch
weit beſſer gekleidet, als in den andern Provinzen.
Dieſe
V Band. X
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