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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
ziergänge *) um Meienberg, die so voll von Naturschönheiten sind, besonders auf
dem Tempelberg, machen eine vorzügliche Annehmlichkeit des hiesigen Aufent-
halts aus.

Pyrmont.

In dem Schooß eines sehr ausgebreiteten, angebaueten, schönen und heitern
Thals sprudelt diese lange berühmte Quelle von Deutschlands ersten Gesundheits-
brunnen. Es ist fast rings umher von waldigten Bergen und romantischen Höhen
umgeben, die eine Menge von Spazierwegen anbieten, und reich an den interessan-
testen Aussichten sind. Nichts ist reizender, als diese Umkränzung der Landschaft
mit Bergen, die so frisch und heiter in ihrem Grün, so abwechselnd in ihrer Bil-
dung und Größe sind, und die noch, wenn die ausbildende Kunst hier thätig würde,
auf ihren Höhen und Abhängen durch mannichfaltige Arten von Gebäuden, so wie
sie jede Lage forderte, der prächtigsten und erhabensten Verschönerungen fähig wären.
Die muntersten Wiesen, Fluren, Landscenen und Spaziergänge, mit tausend male-
rischen Aussichten nach den Bergen, wetteifern gleichsam unter einander zur Belusti-
gung des Auges.

Die Brunnengäste genießen hier die Bequemlichkeit, daß sie in abgesonderten
Privathäusern ruhige und zum Theil anmuthige Wohnzimmer vorfinden. Zu den
öffentlichen Gebäuden gehört das Badhaus, das Ballhaus, das Komödienhaus,
das Kaffeehaus, die von vielen umher stehenden Boutiken noch mehr belebt werden.
Das Brunnenhaus, worinn sich die Trinkquelle befindet, ist, ohne sich auszeichnende
Architektur, doch gut und weit besser gebauet, als das Meienberger. Es steht vor
dem Eingang einer sehr großen, langen und schattigten Allee, die am Morgen von
einer Menge Brunnentrinker, von Musik, von Geselligkeit und Vergnügen belebt
wird. Man hat in dem obern Theil dieser Allee rings um sich ein vermischtes Ge-
wühl, findet aber bald unten und in den Seitengängen mehr Freyheit und mehr Ent-
wickelung reizender Aussichten der Landschaft. In der geraden Aussicht dieser gros-
sen Allee hinunter, an deren Ende aus einem Wasserbehältniß eine Fontaine empor-
steigt, erheben sich in der Ferne die gegen über liegenden Berge in einer überaus ma-
lerischen Schönheit, die halb von dem sanften Dunst der Morgenluft überschleyert,
und halb von milden Beleuchtungen aufgeheitert noch lieblicher erscheint.

Eine andere Allee läuft vom Brunnenhaus gegen Westen hin. Sie ist weni-
ger schön, wird aber an Schattengewölben und Anmuth zunehmen, wenn die Bäume

ihren
*) S. den angeführten Gartenkalender S. 149-159.

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
ziergaͤnge *) um Meienberg, die ſo voll von Naturſchoͤnheiten ſind, beſonders auf
dem Tempelberg, machen eine vorzuͤgliche Annehmlichkeit des hieſigen Aufent-
halts aus.

Pyrmont.

In dem Schooß eines ſehr ausgebreiteten, angebaueten, ſchoͤnen und heitern
Thals ſprudelt dieſe lange beruͤhmte Quelle von Deutſchlands erſten Geſundheits-
brunnen. Es iſt faſt rings umher von waldigten Bergen und romantiſchen Hoͤhen
umgeben, die eine Menge von Spazierwegen anbieten, und reich an den intereſſan-
teſten Ausſichten ſind. Nichts iſt reizender, als dieſe Umkraͤnzung der Landſchaft
mit Bergen, die ſo friſch und heiter in ihrem Gruͤn, ſo abwechſelnd in ihrer Bil-
dung und Groͤße ſind, und die noch, wenn die ausbildende Kunſt hier thaͤtig wuͤrde,
auf ihren Hoͤhen und Abhaͤngen durch mannichfaltige Arten von Gebaͤuden, ſo wie
ſie jede Lage forderte, der praͤchtigſten und erhabenſten Verſchoͤnerungen faͤhig waͤren.
Die munterſten Wieſen, Fluren, Landſcenen und Spaziergaͤnge, mit tauſend male-
riſchen Ausſichten nach den Bergen, wetteifern gleichſam unter einander zur Beluſti-
gung des Auges.

Die Brunnengaͤſte genießen hier die Bequemlichkeit, daß ſie in abgeſonderten
Privathaͤuſern ruhige und zum Theil anmuthige Wohnzimmer vorfinden. Zu den
oͤffentlichen Gebaͤuden gehoͤrt das Badhaus, das Ballhaus, das Komoͤdienhaus,
das Kaffeehaus, die von vielen umher ſtehenden Boutiken noch mehr belebt werden.
Das Brunnenhaus, worinn ſich die Trinkquelle befindet, iſt, ohne ſich auszeichnende
Architektur, doch gut und weit beſſer gebauet, als das Meienberger. Es ſteht vor
dem Eingang einer ſehr großen, langen und ſchattigten Allee, die am Morgen von
einer Menge Brunnentrinker, von Muſik, von Geſelligkeit und Vergnuͤgen belebt
wird. Man hat in dem obern Theil dieſer Allee rings um ſich ein vermiſchtes Ge-
wuͤhl, findet aber bald unten und in den Seitengaͤngen mehr Freyheit und mehr Ent-
wickelung reizender Ausſichten der Landſchaft. In der geraden Ausſicht dieſer groſ-
ſen Allee hinunter, an deren Ende aus einem Waſſerbehaͤltniß eine Fontaine empor-
ſteigt, erheben ſich in der Ferne die gegen uͤber liegenden Berge in einer uͤberaus ma-
leriſchen Schoͤnheit, die halb von dem ſanften Dunſt der Morgenluft uͤberſchleyert,
und halb von milden Beleuchtungen aufgeheitert noch lieblicher erſcheint.

Eine andere Allee laͤuft vom Brunnenhaus gegen Weſten hin. Sie iſt weni-
ger ſchoͤn, wird aber an Schattengewoͤlben und Anmuth zunehmen, wenn die Baͤume

ihren
*) S. den angefuͤhrten Gartenkalender S. 149-159.
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[94/0102] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter ziergaͤnge *) um Meienberg, die ſo voll von Naturſchoͤnheiten ſind, beſonders auf dem Tempelberg, machen eine vorzuͤgliche Annehmlichkeit des hieſigen Aufent- halts aus. Pyrmont. In dem Schooß eines ſehr ausgebreiteten, angebaueten, ſchoͤnen und heitern Thals ſprudelt dieſe lange beruͤhmte Quelle von Deutſchlands erſten Geſundheits- brunnen. Es iſt faſt rings umher von waldigten Bergen und romantiſchen Hoͤhen umgeben, die eine Menge von Spazierwegen anbieten, und reich an den intereſſan- teſten Ausſichten ſind. Nichts iſt reizender, als dieſe Umkraͤnzung der Landſchaft mit Bergen, die ſo friſch und heiter in ihrem Gruͤn, ſo abwechſelnd in ihrer Bil- dung und Groͤße ſind, und die noch, wenn die ausbildende Kunſt hier thaͤtig wuͤrde, auf ihren Hoͤhen und Abhaͤngen durch mannichfaltige Arten von Gebaͤuden, ſo wie ſie jede Lage forderte, der praͤchtigſten und erhabenſten Verſchoͤnerungen faͤhig waͤren. Die munterſten Wieſen, Fluren, Landſcenen und Spaziergaͤnge, mit tauſend male- riſchen Ausſichten nach den Bergen, wetteifern gleichſam unter einander zur Beluſti- gung des Auges. Die Brunnengaͤſte genießen hier die Bequemlichkeit, daß ſie in abgeſonderten Privathaͤuſern ruhige und zum Theil anmuthige Wohnzimmer vorfinden. Zu den oͤffentlichen Gebaͤuden gehoͤrt das Badhaus, das Ballhaus, das Komoͤdienhaus, das Kaffeehaus, die von vielen umher ſtehenden Boutiken noch mehr belebt werden. Das Brunnenhaus, worinn ſich die Trinkquelle befindet, iſt, ohne ſich auszeichnende Architektur, doch gut und weit beſſer gebauet, als das Meienberger. Es ſteht vor dem Eingang einer ſehr großen, langen und ſchattigten Allee, die am Morgen von einer Menge Brunnentrinker, von Muſik, von Geſelligkeit und Vergnuͤgen belebt wird. Man hat in dem obern Theil dieſer Allee rings um ſich ein vermiſchtes Ge- wuͤhl, findet aber bald unten und in den Seitengaͤngen mehr Freyheit und mehr Ent- wickelung reizender Ausſichten der Landſchaft. In der geraden Ausſicht dieſer groſ- ſen Allee hinunter, an deren Ende aus einem Waſſerbehaͤltniß eine Fontaine empor- ſteigt, erheben ſich in der Ferne die gegen uͤber liegenden Berge in einer uͤberaus ma- leriſchen Schoͤnheit, die halb von dem ſanften Dunſt der Morgenluft uͤberſchleyert, und halb von milden Beleuchtungen aufgeheitert noch lieblicher erſcheint. Eine andere Allee laͤuft vom Brunnenhaus gegen Weſten hin. Sie iſt weni- ger ſchoͤn, wird aber an Schattengewoͤlben und Anmuth zunehmen, wenn die Baͤume ihren *) S. den angefuͤhrten Gartenkalender S. 149-159.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/102>, abgerufen am 21.12.2024.