Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Ein breiter Spaziergang führt in das griechische Thal, das einen weit erhab- b. Tempel zu Kew.[Spaltenumbruch] *) Der Garten zu Kew umfaßt keinen sehr beträchtlichen Umfang, der eine große von *) Ein bekannter Ruhesitz und Garten des Königs von England, nahe bey London. Die Tempel, die man hier findet, sind aus [Spaltenumbruch] Chamber's Werk: Plans, Elevations etc. of the Gardens and Buildings at Kew, fol. London 1763. Man sehe auch 1sten B. S. 55. J 2
Einſiedeleyen, Capellen und Ruinen. Ein breiter Spaziergang fuͤhrt in das griechiſche Thal, das einen weit erhab- b. Tempel zu Kew.[Spaltenumbruch] *) Der Garten zu Kew umfaßt keinen ſehr betraͤchtlichen Umfang, der eine große von *) Ein bekannter Ruheſitz und Garten des Koͤnigs von England, nahe bey London. Die Tempel, die man hier findet, ſind aus [Spaltenumbruch] Chamber’s Werk: Plans, Elevations etc. of the Gardens and Buildings at Kew, fol. London 1763. Man ſehe auch 1ſten B. S. 55. J 2
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Einſiedeleyen, Capellen und Ruinen.
Ein breiter Spaziergang fuͤhrt in das griechiſche Thal, das einen weit erhab-
nern Auftritt ausmacht, als irgend einer in dieſem Garten ſeyn kann. Nachdem es
ſich in eine anſehnliche Breite erweitert hat, ſo faͤngt es an ſich zu kruͤmmen; es wird
ſchmaͤler und zugleich tiefer, und endlich verliert es ſich in ein dichtes Gebuͤſch hinter
einigen erhabenen Ulmen, hinter welchen ſich ſein wahres Ende verſteckt. Angeneh-
me Waͤlder und Haine neigen ſich uͤberall an den Abhaͤngen herab; und der offene
Raum iſt mit abgeſonderten Baͤumen uͤberpflanzt. So wie das Thal tiefer wird, ſo
laufen dieſe freyer von ſeinen Seiten herab, uͤberkreuzen die Tiefe, oder ziehen ſich
laͤngſt an ihrem Rande dahin, und kommen zuweilen in ſolche Gruppen und Figuren
zuſammen, welche die Abwechſelungen der groͤßern Waldungen vervielfaͤltigen. Dieſe
ſind bald dichte Gebuͤſche, bald offene Haine. In dem einen ſteigen die Baͤume in
hohe Staͤmme auf; in einem andern bedecken ſie mit ihren Aeſten den Boden; und
durch ſie erſcheinen kleine Oeffnungen. Mitten in dieſer Scene ſteht der Tempel auf
einer natuͤrlichen und bequemen Anhoͤhe von einem großen Umfange, gleich bey der
Kruͤmmung des Thals, ſo daß man beyde Seiten uͤberſehen kann. In einer gewiſſen
Gegend zeigt ſich ſeine majeſtaͤtiſche mit ſechs ioniſchen Saͤulen gezierte Vorderſeite ge-
rade vor dem Geſichte. In einer andern zieht ſich die ſchoͤne Saͤulenordnung in ein
Perſpectiv zuruͤck. Der Tempel faͤllt von allen Seiten ins Auge; und indem er ſei-
nen eigenen anſtaͤndigen Charakter allen benachbarten Gegenſtaͤnden mittheilt, ſo ver-
breitet er eine gewiſſe Ehrfurcht uͤber das Ganze. Allein er erweckt keine Traurigkeit,
keine Melancholie: die Empfindungen, die er einfloͤßt, ſind vielmehr ſanft; aber
voll Ehrfurcht, Bewunderung und Feyerlichkeit. Man ſieht kein Waſſer, die Aus-
ſicht zu beleben; keinen entfernten Proſpect, ſie zu bereichern. Die Theile des
Auftritts ſind groß; die Erfindung iſt erhaben, und die Ausfuͤhrung gluͤcklich. Die
Scene iſt unabhaͤngig von allen zufaͤlligen Umſtaͤnden, und ruhet auf ihrer eigenen
Groͤße.
b.
Tempel zu Kew.
*)
Der Garten zu Kew umfaßt keinen ſehr betraͤchtlichen Umfang, der eine große
Mannigfaltigkeit von natuͤrlichen Scenen verſtattete. Allein außer dem Reichthum
von
*) Ein bekannter Ruheſitz und Garten
des Koͤnigs von England, nahe bey London.
Die Tempel, die man hier findet, ſind aus
Chamber’s Werk: Plans, Elevations etc.
of the Gardens and Buildings at Kew, fol.
London 1763. Man ſehe auch 1ſten B. S. 55.
J 2
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