Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
Anhang. Beschreibung des fürstlichen


IX.
Der fürstliche Garten vor Zelle.
[Spaltenumbruch] *)

Beym Eingang des Gartens hat man gleich das ländliche Lustschloß vor sich, zu
welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwischen einer niedrigen Pflanzung
geschieht. Zur Linken des Gebäudes tritt man in einen überaus anmuthigen, langen,
schlängelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimischen und ausländischen Bäumen,
Sträuchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die
Bäume zeigen sich bald einzeln in der Schönheit ihres Wuchses und ihres Laubes;
bald sammeln sie sich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfal-
tige Mischung des Grüns.

Auf diesem Gange sieht man zur Rechten einen sehr großen länglichen Weide-
platz bald durch die Gebüsche hindurch schimmern, bald in ihren Oeffnungen sich freyer
verbreiten.

Dieses ansehnliche ringsumher mit einem niedrigen Geländer umgebene Rasen-
stück, das unmittelbar vor dem Gebäude anfängt, macht den Mittelpunkt des Gartens,
um welchen die übrigen Anlagen sich herumwinden. Das Auge wird von dem länd-
lichen Anblick einiger Kühe ergötzt, die hier umherweiden oder im Grase hingestreckt
ruhen. Näher nach dem Lustschloß hin erhebt sich ein von der Kunst gebildeter Berg,
und außerdem sieht man von dieser Seite die Fläche noch von zwo Gruppen, einer grös-
sern von Bäumen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von
Sträuchern verziert.

Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwischen den Gebüschen und Grup-
pen hindurch, auf angränzende Felder und Weiden, die fast die Hälfte des Gartens
umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abgesondert sind.

Gegen das Ende der großen Grasweide wenden sich allmählig die Lustgebüsche,
und der Weg erhebt sich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erhöhung, wovon man,
gerade über die ganze Länge des Weideplatzes, nach dem Lustschloß hinaufblickt. Von
hier aus umgeben fast lauter anstoßende Gärten die Gränze der Anlage, nur durch die

fort-
*) Dem Durchl. Prinzen Ernst von Meck-
lenburg-Strelitz, Königl. Großbritanni-
schen und Churbraunschweigischen Gene-
[Spaltenumbruch] rallieutenant und Gouverneur zu Zelle zu-
gehörig. Er liegt ganz nahe vor der
Stadt.
Anhang. Beſchreibung des fuͤrſtlichen


IX.
Der fuͤrſtliche Garten vor Zelle.
[Spaltenumbruch] *)

Beym Eingang des Gartens hat man gleich das laͤndliche Luſtſchloß vor ſich, zu
welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwiſchen einer niedrigen Pflanzung
geſchieht. Zur Linken des Gebaͤudes tritt man in einen uͤberaus anmuthigen, langen,
ſchlaͤngelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen,
Straͤuchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die
Baͤume zeigen ſich bald einzeln in der Schoͤnheit ihres Wuchſes und ihres Laubes;
bald ſammeln ſie ſich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfal-
tige Miſchung des Gruͤns.

Auf dieſem Gange ſieht man zur Rechten einen ſehr großen laͤnglichen Weide-
platz bald durch die Gebuͤſche hindurch ſchimmern, bald in ihren Oeffnungen ſich freyer
verbreiten.

Dieſes anſehnliche ringsumher mit einem niedrigen Gelaͤnder umgebene Raſen-
ſtuͤck, das unmittelbar vor dem Gebaͤude anfaͤngt, macht den Mittelpunkt des Gartens,
um welchen die uͤbrigen Anlagen ſich herumwinden. Das Auge wird von dem laͤnd-
lichen Anblick einiger Kuͤhe ergoͤtzt, die hier umherweiden oder im Graſe hingeſtreckt
ruhen. Naͤher nach dem Luſtſchloß hin erhebt ſich ein von der Kunſt gebildeter Berg,
und außerdem ſieht man von dieſer Seite die Flaͤche noch von zwo Gruppen, einer groͤſ-
ſern von Baͤumen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von
Straͤuchern verziert.

Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwiſchen den Gebuͤſchen und Grup-
pen hindurch, auf angraͤnzende Felder und Weiden, die faſt die Haͤlfte des Gartens
umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abgeſondert ſind.

Gegen das Ende der großen Grasweide wenden ſich allmaͤhlig die Luſtgebuͤſche,
und der Weg erhebt ſich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erhoͤhung, wovon man,
gerade uͤber die ganze Laͤnge des Weideplatzes, nach dem Luſtſchloß hinaufblickt. Von
hier aus umgeben faſt lauter anſtoßende Gaͤrten die Graͤnze der Anlage, nur durch die

fort-
*) Dem Durchl. Prinzen Ernſt von Meck-
lenburg-Strelitz, Koͤnigl. Großbritanni-
ſchen und Churbraunſchweigiſchen Gene-
[Spaltenumbruch] rallieutenant und Gouverneur zu Zelle zu-
gehoͤrig. Er liegt ganz nahe vor der
Stadt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0259" n="248"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anhang. Be&#x017F;chreibung des fu&#x0364;r&#x017F;tlichen</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IX.</hi><lb/>
Der fu&#x0364;r&#x017F;tliche Garten vor Zelle.</hi> <cb/>
            <note place="foot" n="*)">Dem Durchl. Prinzen Ern&#x017F;t von Meck-<lb/>
lenburg-Strelitz, Ko&#x0364;nigl. Großbritanni-<lb/>
&#x017F;chen und Churbraun&#x017F;chweigi&#x017F;chen Gene-<lb/><cb/>
rallieutenant und Gouverneur zu Zelle zu-<lb/>
geho&#x0364;rig. Er liegt ganz nahe vor der<lb/>
Stadt.</note>
          </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>eym Eingang des Gartens hat man gleich das la&#x0364;ndliche Lu&#x017F;t&#x017F;chloß vor &#x017F;ich, zu<lb/>
welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwi&#x017F;chen einer niedrigen Pflanzung<lb/>
ge&#x017F;chieht. Zur Linken des Geba&#x0364;udes tritt man in einen u&#x0364;beraus anmuthigen, langen,<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ngelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimi&#x017F;chen und ausla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ba&#x0364;umen,<lb/>
Stra&#x0364;uchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die<lb/>
Ba&#x0364;ume zeigen &#x017F;ich bald einzeln in der Scho&#x0364;nheit ihres Wuch&#x017F;es und ihres Laubes;<lb/>
bald &#x017F;ammeln &#x017F;ie &#x017F;ich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfal-<lb/>
tige Mi&#x017F;chung des Gru&#x0364;ns.</p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;em Gange &#x017F;ieht man zur Rechten einen &#x017F;ehr großen la&#x0364;nglichen Weide-<lb/>
platz bald durch die Gebu&#x0364;&#x017F;che hindurch &#x017F;chimmern, bald in ihren Oeffnungen &#x017F;ich freyer<lb/>
verbreiten.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es an&#x017F;ehnliche ringsumher mit einem niedrigen Gela&#x0364;nder umgebene Ra&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck, das unmittelbar vor dem Geba&#x0364;ude anfa&#x0364;ngt, macht den Mittelpunkt des Gartens,<lb/>
um welchen die u&#x0364;brigen Anlagen &#x017F;ich herumwinden. Das Auge wird von dem la&#x0364;nd-<lb/>
lichen Anblick einiger Ku&#x0364;he ergo&#x0364;tzt, die hier umherweiden oder im Gra&#x017F;e hinge&#x017F;treckt<lb/>
ruhen. Na&#x0364;her nach dem Lu&#x017F;t&#x017F;chloß hin erhebt &#x017F;ich ein von der Kun&#x017F;t gebildeter Berg,<lb/>
und außerdem &#x017F;ieht man von die&#x017F;er Seite die Fla&#x0364;che noch von zwo Gruppen, einer gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern von Ba&#x0364;umen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von<lb/>
Stra&#x0364;uchern verziert.</p><lb/>
          <p>Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwi&#x017F;chen den Gebu&#x0364;&#x017F;chen und Grup-<lb/>
pen hindurch, auf angra&#x0364;nzende Felder und Weiden, die fa&#x017F;t die Ha&#x0364;lfte des Gartens<lb/>
umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abge&#x017F;ondert &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Gegen das Ende der großen Grasweide wenden &#x017F;ich allma&#x0364;hlig die Lu&#x017F;tgebu&#x0364;&#x017F;che,<lb/>
und der Weg erhebt &#x017F;ich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erho&#x0364;hung, wovon man,<lb/>
gerade u&#x0364;ber die ganze La&#x0364;nge des Weideplatzes, nach dem Lu&#x017F;t&#x017F;chloß hinaufblickt. Von<lb/>
hier aus umgeben fa&#x017F;t lauter an&#x017F;toßende Ga&#x0364;rten die Gra&#x0364;nze der Anlage, nur durch die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fort-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0259] Anhang. Beſchreibung des fuͤrſtlichen IX. Der fuͤrſtliche Garten vor Zelle. *) Beym Eingang des Gartens hat man gleich das laͤndliche Luſtſchloß vor ſich, zu welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwiſchen einer niedrigen Pflanzung geſchieht. Zur Linken des Gebaͤudes tritt man in einen uͤberaus anmuthigen, langen, ſchlaͤngelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen, Straͤuchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die Baͤume zeigen ſich bald einzeln in der Schoͤnheit ihres Wuchſes und ihres Laubes; bald ſammeln ſie ſich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfal- tige Miſchung des Gruͤns. Auf dieſem Gange ſieht man zur Rechten einen ſehr großen laͤnglichen Weide- platz bald durch die Gebuͤſche hindurch ſchimmern, bald in ihren Oeffnungen ſich freyer verbreiten. Dieſes anſehnliche ringsumher mit einem niedrigen Gelaͤnder umgebene Raſen- ſtuͤck, das unmittelbar vor dem Gebaͤude anfaͤngt, macht den Mittelpunkt des Gartens, um welchen die uͤbrigen Anlagen ſich herumwinden. Das Auge wird von dem laͤnd- lichen Anblick einiger Kuͤhe ergoͤtzt, die hier umherweiden oder im Graſe hingeſtreckt ruhen. Naͤher nach dem Luſtſchloß hin erhebt ſich ein von der Kunſt gebildeter Berg, und außerdem ſieht man von dieſer Seite die Flaͤche noch von zwo Gruppen, einer groͤſ- ſern von Baͤumen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von Straͤuchern verziert. Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwiſchen den Gebuͤſchen und Grup- pen hindurch, auf angraͤnzende Felder und Weiden, die faſt die Haͤlfte des Gartens umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abgeſondert ſind. Gegen das Ende der großen Grasweide wenden ſich allmaͤhlig die Luſtgebuͤſche, und der Weg erhebt ſich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erhoͤhung, wovon man, gerade uͤber die ganze Laͤnge des Weideplatzes, nach dem Luſtſchloß hinaufblickt. Von hier aus umgeben faſt lauter anſtoßende Gaͤrten die Graͤnze der Anlage, nur durch die fort- *) Dem Durchl. Prinzen Ernſt von Meck- lenburg-Strelitz, Koͤnigl. Großbritanni- ſchen und Churbraunſchweigiſchen Gene- rallieutenant und Gouverneur zu Zelle zu- gehoͤrig. Er liegt ganz nahe vor der Stadt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/259
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/259>, abgerufen am 21.12.2024.