Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
von Lustschlössern.


II.
Jägerspreis.
*)

Jägerspreis liegt in einer überaus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Land-
schaft. Sie ist von dem großen Meerbusen Isefiörd umgeben, der sie bis auf
die südliche Seite, wo sich das Land mit seinen Fluren und Wäldern verbreitet, ganz
mit Wasser umschließet. Dieser Meerbusen theilet sich um diese Landschaft her in seine
beyden Hauptarme; der kleine oder Rothschilder liegt auf der östlichen Seite, und
erstreckt sich bis Rothschild; der große verbreitet sich auf der Westseite in ein ansehn-
liches Gewässer, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis Holbek
und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erhält. Man darf diese Lage nur
berühren, um die Phantasie zur Vorstellung der prächtigen Aussichten zu wecken, die
sich um Jägerspreis eröffnen.

Das Schloß ist alt, aber geräumig, mit einer Menge von Zimmern, die zum
Theil mit Gemälden geziert und sehr prächtig meublirt sind. Aus den obern Stock-
werken genießt das Auge die vortrefflichsten Prospecte auf die Gewässer des östlichen
und des weiten westlichen Meerbusens und auf die Reichthümer der Landschaft
umher.

Unmittelbar vom Schlosse verbreiten sich zunächst sowohl auf der östlichen als
auf der nordlichen Seite große und freye Rasenplätze, die mit mancherley Blumen
umkränzt sind. Die Rasen auf der Ostseite laufen auf grüne Lauben, die mit Linden
umgeben sind, zwischen welchen Blumen blühen; zur Linken zieht sich ein schattenrei-
cher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet.
Die Rasen auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkränzung mit Blumen,
eine Blumengruppe auf einer Erhöhung; sie sind außerdem mit vier schönen Vasen
mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußgestellen ruhend, und mit einer feinen
marmornen Säule verziert, deren Schimmer auf dem frischen Grün eine sehr anmu-
thige Wirkung macht. Der ganze Platz ist mit schönen Linden umgeben, zwischen
welchen die stolzen Malven ihre farbigten Häupter erheben.

In
*) Dieses Lustschloß gehört Sr. Königl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt
sechs Meilen von Kopenhagen.
B b 3
von Luſtſchloͤſſern.


II.
Jaͤgerspreis.
*)

Jaͤgerspreis liegt in einer uͤberaus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Land-
ſchaft. Sie iſt von dem großen Meerbuſen Iſefioͤrd umgeben, der ſie bis auf
die ſuͤdliche Seite, wo ſich das Land mit ſeinen Fluren und Waͤldern verbreitet, ganz
mit Waſſer umſchließet. Dieſer Meerbuſen theilet ſich um dieſe Landſchaft her in ſeine
beyden Hauptarme; der kleine oder Rothſchilder liegt auf der oͤſtlichen Seite, und
erſtreckt ſich bis Rothſchild; der große verbreitet ſich auf der Weſtſeite in ein anſehn-
liches Gewaͤſſer, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis Holbek
und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erhaͤlt. Man darf dieſe Lage nur
beruͤhren, um die Phantaſie zur Vorſtellung der praͤchtigen Ausſichten zu wecken, die
ſich um Jaͤgerspreis eroͤffnen.

Das Schloß iſt alt, aber geraͤumig, mit einer Menge von Zimmern, die zum
Theil mit Gemaͤlden geziert und ſehr praͤchtig meublirt ſind. Aus den obern Stock-
werken genießt das Auge die vortrefflichſten Proſpecte auf die Gewaͤſſer des oͤſtlichen
und des weiten weſtlichen Meerbuſens und auf die Reichthuͤmer der Landſchaft
umher.

Unmittelbar vom Schloſſe verbreiten ſich zunaͤchſt ſowohl auf der oͤſtlichen als
auf der nordlichen Seite große und freye Raſenplaͤtze, die mit mancherley Blumen
umkraͤnzt ſind. Die Raſen auf der Oſtſeite laufen auf gruͤne Lauben, die mit Linden
umgeben ſind, zwiſchen welchen Blumen bluͤhen; zur Linken zieht ſich ein ſchattenrei-
cher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet.
Die Raſen auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkraͤnzung mit Blumen,
eine Blumengruppe auf einer Erhoͤhung; ſie ſind außerdem mit vier ſchoͤnen Vaſen
mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußgeſtellen ruhend, und mit einer feinen
marmornen Saͤule verziert, deren Schimmer auf dem friſchen Gruͤn eine ſehr anmu-
thige Wirkung macht. Der ganze Platz iſt mit ſchoͤnen Linden umgeben, zwiſchen
welchen die ſtolzen Malven ihre farbigten Haͤupter erheben.

In
*) Dieſes Luſtſchloß gehoͤrt Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt
ſechs Meilen von Kopenhagen.
B b 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0208" n="197"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi><lb/><hi rendition="#g">Ja&#x0364;gerspreis</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;es Lu&#x017F;t&#x017F;chloß geho&#x0364;rt Sr. Ko&#x0364;nigl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt<lb/>
&#x017F;echs Meilen von Kopenhagen.</note>
          </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>a&#x0364;gerspreis liegt in einer u&#x0364;beraus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Land-<lb/>
&#x017F;chaft. Sie i&#x017F;t von dem großen Meerbu&#x017F;en <hi rendition="#fr">I&#x017F;efio&#x0364;rd</hi> umgeben, der &#x017F;ie bis auf<lb/>
die &#x017F;u&#x0364;dliche Seite, wo &#x017F;ich das Land mit &#x017F;einen Fluren und Wa&#x0364;ldern verbreitet, ganz<lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er um&#x017F;chließet. Die&#x017F;er Meerbu&#x017F;en theilet &#x017F;ich um die&#x017F;e Land&#x017F;chaft her in &#x017F;eine<lb/>
beyden Hauptarme; der kleine oder <hi rendition="#fr">Roth&#x017F;childer</hi> liegt auf der o&#x0364;&#x017F;tlichen Seite, und<lb/>
er&#x017F;treckt &#x017F;ich bis <hi rendition="#fr">Roth&#x017F;child;</hi> der große verbreitet &#x017F;ich auf der We&#x017F;t&#x017F;eite in ein an&#x017F;ehn-<lb/>
liches Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis <hi rendition="#fr">Holbek</hi><lb/>
und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erha&#x0364;lt. Man darf die&#x017F;e Lage nur<lb/>
beru&#x0364;hren, um die Phanta&#x017F;ie zur Vor&#x017F;tellung der pra&#x0364;chtigen Aus&#x017F;ichten zu wecken, die<lb/>
&#x017F;ich um <hi rendition="#fr">Ja&#x0364;gerspreis</hi> ero&#x0364;ffnen.</p><lb/>
          <p>Das Schloß i&#x017F;t alt, aber gera&#x0364;umig, mit einer Menge von Zimmern, die zum<lb/>
Theil mit Gema&#x0364;lden geziert und &#x017F;ehr pra&#x0364;chtig meublirt &#x017F;ind. Aus den obern Stock-<lb/>
werken genießt das Auge die vortrefflich&#x017F;ten Pro&#x017F;pecte auf die Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er des o&#x0364;&#x017F;tlichen<lb/>
und des weiten we&#x017F;tlichen Meerbu&#x017F;ens und auf die Reichthu&#x0364;mer der Land&#x017F;chaft<lb/>
umher.</p><lb/>
          <p>Unmittelbar vom Schlo&#x017F;&#x017F;e verbreiten &#x017F;ich zuna&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;owohl auf der o&#x0364;&#x017F;tlichen als<lb/>
auf der nordlichen Seite große und freye Ra&#x017F;enpla&#x0364;tze, die mit mancherley Blumen<lb/>
umkra&#x0364;nzt &#x017F;ind. Die Ra&#x017F;en auf der O&#x017F;t&#x017F;eite laufen auf gru&#x0364;ne Lauben, die mit Linden<lb/>
umgeben &#x017F;ind, zwi&#x017F;chen welchen Blumen blu&#x0364;hen; zur Linken zieht &#x017F;ich ein &#x017F;chattenrei-<lb/>
cher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet.<lb/>
Die Ra&#x017F;en auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkra&#x0364;nzung mit Blumen,<lb/>
eine Blumengruppe auf einer Erho&#x0364;hung; &#x017F;ie &#x017F;ind außerdem mit vier &#x017F;cho&#x0364;nen Va&#x017F;en<lb/>
mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußge&#x017F;tellen ruhend, und mit einer feinen<lb/>
marmornen Sa&#x0364;ule verziert, deren Schimmer auf dem fri&#x017F;chen Gru&#x0364;n eine &#x017F;ehr anmu-<lb/>
thige Wirkung macht. Der ganze Platz i&#x017F;t mit &#x017F;cho&#x0364;nen Linden umgeben, zwi&#x017F;chen<lb/>
welchen die &#x017F;tolzen Malven ihre farbigten Ha&#x0364;upter erheben.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">B b 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0208] von Luſtſchloͤſſern. II. Jaͤgerspreis. *) Jaͤgerspreis liegt in einer uͤberaus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Land- ſchaft. Sie iſt von dem großen Meerbuſen Iſefioͤrd umgeben, der ſie bis auf die ſuͤdliche Seite, wo ſich das Land mit ſeinen Fluren und Waͤldern verbreitet, ganz mit Waſſer umſchließet. Dieſer Meerbuſen theilet ſich um dieſe Landſchaft her in ſeine beyden Hauptarme; der kleine oder Rothſchilder liegt auf der oͤſtlichen Seite, und erſtreckt ſich bis Rothſchild; der große verbreitet ſich auf der Weſtſeite in ein anſehn- liches Gewaͤſſer, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis Holbek und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erhaͤlt. Man darf dieſe Lage nur beruͤhren, um die Phantaſie zur Vorſtellung der praͤchtigen Ausſichten zu wecken, die ſich um Jaͤgerspreis eroͤffnen. Das Schloß iſt alt, aber geraͤumig, mit einer Menge von Zimmern, die zum Theil mit Gemaͤlden geziert und ſehr praͤchtig meublirt ſind. Aus den obern Stock- werken genießt das Auge die vortrefflichſten Proſpecte auf die Gewaͤſſer des oͤſtlichen und des weiten weſtlichen Meerbuſens und auf die Reichthuͤmer der Landſchaft umher. Unmittelbar vom Schloſſe verbreiten ſich zunaͤchſt ſowohl auf der oͤſtlichen als auf der nordlichen Seite große und freye Raſenplaͤtze, die mit mancherley Blumen umkraͤnzt ſind. Die Raſen auf der Oſtſeite laufen auf gruͤne Lauben, die mit Linden umgeben ſind, zwiſchen welchen Blumen bluͤhen; zur Linken zieht ſich ein ſchattenrei- cher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet. Die Raſen auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkraͤnzung mit Blumen, eine Blumengruppe auf einer Erhoͤhung; ſie ſind außerdem mit vier ſchoͤnen Vaſen mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußgeſtellen ruhend, und mit einer feinen marmornen Saͤule verziert, deren Schimmer auf dem friſchen Gruͤn eine ſehr anmu- thige Wirkung macht. Der ganze Platz iſt mit ſchoͤnen Linden umgeben, zwiſchen welchen die ſtolzen Malven ihre farbigten Haͤupter erheben. In *) Dieſes Luſtſchloß gehoͤrt Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt ſechs Meilen von Kopenhagen. B b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/208
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/208>, abgerufen am 21.11.2024.