Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, 4. Home *) verlangt, daß man Ruinen nach der gothischen und nicht nach der Allein ein noch mehr wichtiger Grund für gothische Ruinen, der dem Lord nicht Vorausgesetzt demnach, daß die Ruinen der in dem Lande bekannten oder üblich Ein *) Grundsätze der Kritik, 24stes Kap.
Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten, 4. Home *) verlangt, daß man Ruinen nach der gothiſchen und nicht nach der Allein ein noch mehr wichtiger Grund fuͤr gothiſche Ruinen, der dem Lord nicht Vorausgeſetzt demnach, daß die Ruinen der in dem Lande bekannten oder uͤblich Ein *) Grundſaͤtze der Kritik, 24ſtes Kap.
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Dritter Abſchnitt. Von Tempeln, Grotten,
4.
Home *) verlangt, daß man Ruinen nach der gothiſchen und nicht nach der
griechiſchen Baukunſt anlegen ſoll, weil man in jenen den Triumph der Zeit uͤber die
Staͤrke ſieht, ein melancholiſcher, aber nicht unangenehmer Gedanke; griechiſche
Ruinen aber erinnern uns mehr an den Triumph der Barbarey uͤber den Geſchmack,
ein finſtrerer und niederſchlagender Gedanke.
Allein ein noch mehr wichtiger Grund fuͤr gothiſche Ruinen, der dem Lord nicht
einfiel, iſt der, daß dieſe in unſern Laͤndern allein eine Wahrſcheinlichkeit haben, die
den griechiſchen entgeht. Wir wiſſen, daß Gothen unter unſerm Himmel gebauet,
oder doch ihre Bauart ausgebreitet haben. Allein die Baukunſt der Griechen iſt
noch nicht ſo allgemein in dem noͤrdlichen Europa geworden, daß deren Ueberbleibſel
wahrſcheinlich ſeyn koͤnnten. Ruinen muͤſſen alle Taͤuſchung verlieren, ſobald ſich der
Gedanke erhebt, daß die Gebaͤude ſelbſt, wovon ſie Reſte vorſtellen ſollen, hier nie
vorhanden waren, noch vorhanden ſeyn konnten. Man ſieht demnach die große Un-
ſchicklichkeit ein, in unſern Gaͤrten Ruinen von alten Tempeln anzulegen, wie man
ſehr unbedaͤchtig verſucht hat. Gerne laſſen wir uns zu ihnen, auf den Grund und
Boden des Alterthums, in der angenehmen Geſellſchaft eines Riedeſels und Chand-
lers fuͤhren. Aber in einem englaͤndiſchen Park die erkuͤnſtelten Ueberbleibſel eines
Gebaͤudes, das in Griechenland ſtand, und deſſen Reſte nur da geſucht werden koͤn-
nen, welcher Widerſpruch des Gegenſtandes und des Orts! Der Betrug entdeckt ſich
bald; und Widerwille verfolgt den verungluͤckten Verſuch.
Vorausgeſetzt demnach, daß die Ruinen der in dem Lande bekannten oder uͤblich
geweſenen Bauart nicht widerſprechen, ſo muͤſſen ſie die Lage haben, die ſie nach ih-
rem Charakter erfordern, und wo ſie ihre Wirkungen unverfaͤlſcht beweiſen koͤnnen.
In oͤden Vertiefungen, an duͤrren felſichten Anhoͤhen, ſcheinen ſie am meiſten natuͤr-
lich; nicht aber an heitern Gewaͤffern, in anmuthigen Hainen, in Blumenrevieren,
uͤberhaupt in Scenen von einem lebhaften und muntern Charakter. Sie koͤnnen des
Contraſtes wegen zwar auf ſolche Scenen folgen; ſie muͤſſen aber nie zwiſchen ihnen
liegen oder ein Theil von ihnen ſeyn, wodurch nur ein unangenehmes Gemiſch entſte-
hen wuͤrde. Denn Ruinen ſind ein Zubehoͤr der einſamen, ſanftmelancholiſchen,
ernſthaften und feyerlichen Gegend; ſie machen daher ein Gegentheil von der belebten
und heitern Gegend, mit welcher ſie nicht zu gleicher Zeit und von eben demſelben Platz
wirken koͤnnen, ohne eine Verwirrung der Eindruͤcke zu veranlaſſen.
Ein
*) Grundſaͤtze der Kritik, 24ſtes Kap.
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