Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Vom Baumwerk. der Mannichfaltigkeit der Natur einen Ekel zu haben schien, suchte sie auf Wegen,worauf nichts anders als Einförmigkeit, unter einem leeren Scheine von Pracht, an- zutreffen war. Wir wollen noch einen Blick auf die Anwendung zurückwerfen, die man vormals von Bäumen und Sträuchern in den Gärten machte; nicht sowohl in der Absicht, um alte Misbräuche mit einem neuen Tadel zu verfolgen, als vielmehr um zu sehen, wie weit sich daraus noch einige nützliche Belehrungen herausheben lassen. aa. Baum. Schon bey einzelnen Bäumen fieng die Verunstaltung der alten Manier an. bb. Hecke. Dieser Geist der Verkünstelung, der bey dem Einzelnen anfieng, breitete sich Hier ist wenig angenehme Unterhaltung, noch weniger Unterricht. Nichts sowohl
Vom Baumwerk. der Mannichfaltigkeit der Natur einen Ekel zu haben ſchien, ſuchte ſie auf Wegen,worauf nichts anders als Einfoͤrmigkeit, unter einem leeren Scheine von Pracht, an- zutreffen war. Wir wollen noch einen Blick auf die Anwendung zuruͤckwerfen, die man vormals von Baͤumen und Straͤuchern in den Gaͤrten machte; nicht ſowohl in der Abſicht, um alte Misbraͤuche mit einem neuen Tadel zu verfolgen, als vielmehr um zu ſehen, wie weit ſich daraus noch einige nuͤtzliche Belehrungen herausheben laſſen. aa. Baum. Schon bey einzelnen Baͤumen fieng die Verunſtaltung der alten Manier an. bb. Hecke. Dieſer Geiſt der Verkuͤnſtelung, der bey dem Einzelnen anfieng, breitete ſich Hier iſt wenig angenehme Unterhaltung, noch weniger Unterricht. Nichts ſowohl
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Vom Baumwerk.
der Mannichfaltigkeit der Natur einen Ekel zu haben ſchien, ſuchte ſie auf Wegen,
worauf nichts anders als Einfoͤrmigkeit, unter einem leeren Scheine von Pracht, an-
zutreffen war. Wir wollen noch einen Blick auf die Anwendung zuruͤckwerfen, die
man vormals von Baͤumen und Straͤuchern in den Gaͤrten machte; nicht ſowohl in
der Abſicht, um alte Misbraͤuche mit einem neuen Tadel zu verfolgen, als vielmehr
um zu ſehen, wie weit ſich daraus noch einige nuͤtzliche Belehrungen herausheben
laſſen.
aa.
Baum.
Schon bey einzelnen Baͤumen fieng die Verunſtaltung der alten Manier an.
Man vergaß zu bedenken, daß die Kunſt nirgends ekelhafter iſt, als wenn ſie in Ge-
genſtaͤnde der laͤndlichen Natur gewaltſame Formen hineinzwingt. Ein ſchoͤner Baum
in der freyen und nachlaͤſſigen Ausbreitung ſeiner Zweige und Blaͤtter muß jedes un-
verwoͤhnte Auge reizen; aber er muß misfallen, ſobald ihn die freche Hand des Gaͤrt-
ners in Kugeln, Pyramiden, Vaſen und andere widerſinnige Geſtalten verkuͤnſtelt.
Man begnuͤgte ſich nicht, einzelne Baͤume zu verunſtalten; man legte von Gebuͤſchen
Kabinette, Speiſeſaͤle, Kloͤſter, Theater, Triumphbogen an; man ließ nichts un-
verſucht, um dieſe kindiſchen Spielwerke ſo weit zu treiben, als man konnte; und
alles dies in der ſeltſamen Meynung, dadurch gartenmaͤßige Schoͤnheiten hervor-
zubringen.
bb.
Hecke.
Dieſer Geiſt der Verkuͤnſtelung, der bey dem Einzelnen anfieng, breitete ſich
auch in der Zuſammenſetzung aus. Man zog Hecken, die durch die Verſperrung et-
was Aengſtliches, und durch die Umformung in Waͤnde viel Widriges haben. Ihre
Menge machte die Gaͤrten dumpfigt und traurig. Die Einfoͤrmigkeit war ihr Eigen-
thum. Um ihre verdrießliche Einwirkung zu verbeſſern, gab man einigen aus den
Hecken hervorragenden Baͤumen allerley Umbildungen in menſchliche, thieriſche, oder
andere eben ſo abgeſchmackte Geſtalten.
Hier iſt wenig angenehme Unterhaltung, noch weniger Unterricht. Nichts
kann uns abhalten, die kuͤnſtlich geſchornen Hecken zu verwerfen, zumal da ſelbſt in
kleinern Gaͤrten Straͤucher und Gebuͤſche, die in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachſen,
ſowohl
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