Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibungen von Gärten.

VII.
Beschreibung des Parks zu Persfield.
*)

Persfield ist kein großer Ort. Der Park besteht ungefähr aus dreyhundert Mor-
gen Landes, und das Haus stehet in der Mitte desselben. Auf der einen
Seite des Weges zu demselben sind die Ungleichheiten des Bodens ganz allmäh-
lig, und mit artigen Pflanzungen besetzt. Aber nichts ist hier groß. Auf der
andern Seite fällt eine überall sehr abhängige Wildbahn in ein tiefes Thal herab,
welches in der Mitte eine besondere Anhöhe hat. Die Abhänge unterscheiden sich
durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Bäume stehet zerstreut in
der Tiefe herum. Diese Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den
Wald sind Alleen angelegt, die sich am Ende desselben gegen die romanhaften Auf-
tritte öffnen, welche den Park umschließen, und den Ruhm von Persfield ausma-
chen. Die Wye fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß
hat eine schlammigte Farbe; allein die Richtung seines Laufs ist sehr abwechselnd,
indem er sich anfangs in der Gestalt eines Hufeisens krümmet, alsdenn in einer gro-
ßen Wendung nach dem Städtchen Chepstowe, und darauf nach der Severn zu
fließt. Die Ufer sind hohe Berge. Diese sind auf den Seiten an verschiedenen Or-
ten steil, oder stehen hervor, oder sind ausgehöhlt. Die Gipfel derselben sind rund.
Ueberhaupt sind sie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Felsen vermischt.
Bald zeigen sie sich von vorne, bald in der Perspective; bald weichen sie zurück, um
nicht den Lauf des Flusses zu hemmen; bald schließen sie sich hinter einer Wendung
desselben zusammen; sie scheinen sich zu vereinigen, indem sich einer über den andern
erhebt, oder hinter den andern zurückzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn
einschließt, krönet eine weit gestreckte Reihe von diesen Bergen, von welchen man die
auf dem entgegengesetzten Ufer befindlichen, nebst der Landgegend, welche über oder
zwischen denselben erscheint, übersehen kann. Indem sie dem gekrümmten Laufe des
Flusses nachgehen, so kommen ihre Seiten, welche alle bewachsen und schön sind,
nach und nach zum Vorschein; und der Gesichtspunct in der einen Gegend wird ein
Gegenstand des folgenden. An verschiedenen Orten ist die Hauptfigur, welche vor-
züglich in die Augen fällt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, senkrechter, hoher,

und
*) Ein Landsitz des Herrn Morris, bey Chepstowe in Monmouthshire.
II Band. B b
Beſchreibungen von Gaͤrten.

VII.
Beſchreibung des Parks zu Persfield.
*)

Persfield iſt kein großer Ort. Der Park beſteht ungefaͤhr aus dreyhundert Mor-
gen Landes, und das Haus ſtehet in der Mitte deſſelben. Auf der einen
Seite des Weges zu demſelben ſind die Ungleichheiten des Bodens ganz allmaͤh-
lig, und mit artigen Pflanzungen beſetzt. Aber nichts iſt hier groß. Auf der
andern Seite faͤllt eine uͤberall ſehr abhaͤngige Wildbahn in ein tiefes Thal herab,
welches in der Mitte eine beſondere Anhoͤhe hat. Die Abhaͤnge unterſcheiden ſich
durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Baͤume ſtehet zerſtreut in
der Tiefe herum. Dieſe Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den
Wald ſind Alleen angelegt, die ſich am Ende deſſelben gegen die romanhaften Auf-
tritte oͤffnen, welche den Park umſchließen, und den Ruhm von Persfield ausma-
chen. Die Wye fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß
hat eine ſchlammigte Farbe; allein die Richtung ſeines Laufs iſt ſehr abwechſelnd,
indem er ſich anfangs in der Geſtalt eines Hufeiſens kruͤmmet, alsdenn in einer gro-
ßen Wendung nach dem Staͤdtchen Chepſtowe, und darauf nach der Severn zu
fließt. Die Ufer ſind hohe Berge. Dieſe ſind auf den Seiten an verſchiedenen Or-
ten ſteil, oder ſtehen hervor, oder ſind ausgehoͤhlt. Die Gipfel derſelben ſind rund.
Ueberhaupt ſind ſie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Felſen vermiſcht.
Bald zeigen ſie ſich von vorne, bald in der Perſpective; bald weichen ſie zuruͤck, um
nicht den Lauf des Fluſſes zu hemmen; bald ſchließen ſie ſich hinter einer Wendung
deſſelben zuſammen; ſie ſcheinen ſich zu vereinigen, indem ſich einer uͤber den andern
erhebt, oder hinter den andern zuruͤckzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn
einſchließt, kroͤnet eine weit geſtreckte Reihe von dieſen Bergen, von welchen man die
auf dem entgegengeſetzten Ufer befindlichen, nebſt der Landgegend, welche uͤber oder
zwiſchen denſelben erſcheint, uͤberſehen kann. Indem ſie dem gekruͤmmten Laufe des
Fluſſes nachgehen, ſo kommen ihre Seiten, welche alle bewachſen und ſchoͤn ſind,
nach und nach zum Vorſchein; und der Geſichtspunct in der einen Gegend wird ein
Gegenſtand des folgenden. An verſchiedenen Orten iſt die Hauptfigur, welche vor-
zuͤglich in die Augen faͤllt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, ſenkrechter, hoher,

und
*) Ein Landſitz des Herrn Morris, bey Chepſtowe in Monmouthſhire.
II Band. B b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0187" n="183"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibungen von Ga&#x0364;rten.</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/><hi rendition="#g">Be&#x017F;chreibung des Parks zu Persfield</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)">Ein Land&#x017F;itz des Herrn Morris, bey Chep&#x017F;towe in Monmouth&#x017F;hire.</note>
        </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">P</hi>ersfield i&#x017F;t kein großer Ort. Der Park be&#x017F;teht ungefa&#x0364;hr aus dreyhundert Mor-<lb/>
gen Landes, und das Haus &#x017F;tehet in der Mitte de&#x017F;&#x017F;elben. Auf der einen<lb/>
Seite des Weges zu dem&#x017F;elben &#x017F;ind die Ungleichheiten des Bodens ganz allma&#x0364;h-<lb/>
lig, und mit artigen Pflanzungen be&#x017F;etzt. Aber nichts i&#x017F;t hier groß. Auf der<lb/>
andern Seite fa&#x0364;llt eine u&#x0364;berall &#x017F;ehr abha&#x0364;ngige Wildbahn in ein tiefes Thal herab,<lb/>
welches in der Mitte eine be&#x017F;ondere Anho&#x0364;he hat. Die Abha&#x0364;nge unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich<lb/>
durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Ba&#x0364;ume &#x017F;tehet zer&#x017F;treut in<lb/>
der Tiefe herum. Die&#x017F;e Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den<lb/>
Wald &#x017F;ind Alleen angelegt, die &#x017F;ich am Ende de&#x017F;&#x017F;elben gegen die romanhaften Auf-<lb/>
tritte o&#x0364;ffnen, welche den Park um&#x017F;chließen, und den Ruhm von <hi rendition="#fr">Persfield</hi> ausma-<lb/>
chen. Die <hi rendition="#fr">Wye</hi> fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß<lb/>
hat eine &#x017F;chlammigte Farbe; allein die Richtung &#x017F;eines Laufs i&#x017F;t &#x017F;ehr abwech&#x017F;elnd,<lb/>
indem er &#x017F;ich anfangs in der Ge&#x017F;talt eines Hufei&#x017F;ens kru&#x0364;mmet, alsdenn in einer gro-<lb/>
ßen Wendung nach dem Sta&#x0364;dtchen <hi rendition="#fr">Chep&#x017F;towe</hi>, und darauf nach der <hi rendition="#fr">Severn</hi> zu<lb/>
fließt. Die Ufer &#x017F;ind hohe Berge. Die&#x017F;e &#x017F;ind auf den Seiten an ver&#x017F;chiedenen Or-<lb/>
ten &#x017F;teil, oder &#x017F;tehen hervor, oder &#x017F;ind ausgeho&#x0364;hlt. Die Gipfel der&#x017F;elben &#x017F;ind rund.<lb/>
Ueberhaupt &#x017F;ind &#x017F;ie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Fel&#x017F;en vermi&#x017F;cht.<lb/>
Bald zeigen &#x017F;ie &#x017F;ich von vorne, bald in der Per&#x017F;pective; bald weichen &#x017F;ie zuru&#x0364;ck, um<lb/>
nicht den Lauf des Flu&#x017F;&#x017F;es zu hemmen; bald &#x017F;chließen &#x017F;ie &#x017F;ich hinter einer Wendung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben zu&#x017F;ammen; &#x017F;ie &#x017F;cheinen &#x017F;ich zu vereinigen, indem &#x017F;ich einer u&#x0364;ber den andern<lb/>
erhebt, oder hinter den andern zuru&#x0364;ckzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn<lb/>
ein&#x017F;chließt, kro&#x0364;net eine weit ge&#x017F;treckte Reihe von die&#x017F;en Bergen, von welchen man die<lb/>
auf dem entgegenge&#x017F;etzten Ufer befindlichen, neb&#x017F;t der Landgegend, welche u&#x0364;ber oder<lb/>
zwi&#x017F;chen den&#x017F;elben er&#x017F;cheint, u&#x0364;ber&#x017F;ehen kann. Indem &#x017F;ie dem gekru&#x0364;mmten Laufe des<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;es nachgehen, &#x017F;o kommen ihre Seiten, welche alle bewach&#x017F;en und &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ind,<lb/>
nach und nach zum Vor&#x017F;chein; und der Ge&#x017F;ichtspunct in der einen Gegend wird ein<lb/>
Gegen&#x017F;tand des folgenden. An ver&#x017F;chiedenen Orten i&#x017F;t die Hauptfigur, welche vor-<lb/>
zu&#x0364;glich in die Augen fa&#x0364;llt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, &#x017F;enkrechter, hoher,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi><hi rendition="#fr">Band.</hi> B b</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0187] Beſchreibungen von Gaͤrten. VII. Beſchreibung des Parks zu Persfield. *) Persfield iſt kein großer Ort. Der Park beſteht ungefaͤhr aus dreyhundert Mor- gen Landes, und das Haus ſtehet in der Mitte deſſelben. Auf der einen Seite des Weges zu demſelben ſind die Ungleichheiten des Bodens ganz allmaͤh- lig, und mit artigen Pflanzungen beſetzt. Aber nichts iſt hier groß. Auf der andern Seite faͤllt eine uͤberall ſehr abhaͤngige Wildbahn in ein tiefes Thal herab, welches in der Mitte eine beſondere Anhoͤhe hat. Die Abhaͤnge unterſcheiden ſich durch Klumpen und Haine; und eine Menge großer Baͤume ſtehet zerſtreut in der Tiefe herum. Dieſe Wildbahn wird von einem Walde umringt; und durch den Wald ſind Alleen angelegt, die ſich am Ende deſſelben gegen die romanhaften Auf- tritte oͤffnen, welche den Park umſchließen, und den Ruhm von Persfield ausma- chen. Die Wye fließt unmittelbar unten bey dem Walde vorbey. Der Fluß hat eine ſchlammigte Farbe; allein die Richtung ſeines Laufs iſt ſehr abwechſelnd, indem er ſich anfangs in der Geſtalt eines Hufeiſens kruͤmmet, alsdenn in einer gro- ßen Wendung nach dem Staͤdtchen Chepſtowe, und darauf nach der Severn zu fließt. Die Ufer ſind hohe Berge. Dieſe ſind auf den Seiten an verſchiedenen Or- ten ſteil, oder ſtehen hervor, oder ſind ausgehoͤhlt. Die Gipfel derſelben ſind rund. Ueberhaupt ſind ſie mit Waldung bedeckt, oder hier und da mit Felſen vermiſcht. Bald zeigen ſie ſich von vorne, bald in der Perſpective; bald weichen ſie zuruͤck, um nicht den Lauf des Fluſſes zu hemmen; bald ſchließen ſie ſich hinter einer Wendung deſſelben zuſammen; ſie ſcheinen ſich zu vereinigen, indem ſich einer uͤber den andern erhebt, oder hinter den andern zuruͤckzieht. Die Waldung, welche die Wildbahn einſchließt, kroͤnet eine weit geſtreckte Reihe von dieſen Bergen, von welchen man die auf dem entgegengeſetzten Ufer befindlichen, nebſt der Landgegend, welche uͤber oder zwiſchen denſelben erſcheint, uͤberſehen kann. Indem ſie dem gekruͤmmten Laufe des Fluſſes nachgehen, ſo kommen ihre Seiten, welche alle bewachſen und ſchoͤn ſind, nach und nach zum Vorſchein; und der Geſichtspunct in der einen Gegend wird ein Gegenſtand des folgenden. An verſchiedenen Orten iſt die Hauptfigur, welche vor- zuͤglich in die Augen faͤllt, ein eine Viertelmeile lang fortlaufender, ſenkrechter, hoher, und *) Ein Landſitz des Herrn Morris, bey Chepſtowe in Monmouthſhire. II Band. B b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/187
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/187>, abgerufen am 21.11.2024.