Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
Anhang.

VI.
Beschreibung des Parks zu Painshill.
*)

Das Wohnhaus zu Painshill stehet an dem einen äußersten Ende des halben
Mondes auf einem Berge, dessen Aussicht sich auf der einen Seite gegen das
Land öffnet, auf der andern aber von dem Park versperret ist. Der Anblick ist reizend;
und der ganze Ort ist in einem vortrefflichen Gärtnergeschmack angelegt, indem man
blos auf das Vergnügen gesehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus
von dem Park abgesondert wird, ist ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be-
finden sich alle ausländische Gewächse während des Sommers, mit gemeinen Sträu-
chern und beständig auf einander folgenden Blumen untermischt. Der Raum vor
dem Haufe ist mit Verzierungen angefüllt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab-
wechselung, und verschiedene Arten schöner Bäume sind an den Seiten in kleinen
luftigen Pflanzungen gesetzt.

Dieser Berg ist von einem andern weit größern durch ein kleines Thal abgeson-
dert; und auf dem Gipfel der andern Anhöhe erscheint eine ganz verschiedene Sce-
ne von einem gleich über einem großen Weinberge, der sich auf der ganzen Sei-
te verbreitet, angebrachten Sommerhause. Diese ist zwar schön, aber ein Um-
stand, der am wenigsten einnimmt. Die Aufmerksamkeit wird von einer gebaue-
ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der
Gegend gehörigen abhängenden Waldes gezogen. Dieser ist nicht nur an sich
selbst ein edler Gegenstand, sondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver-
gnügen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er ist von
dem gegenwärtigen Besitzer angelegt worden. Vermittelst seiner Lage, seiner Aus-
dehnung und seiner Dicke, hat er schon den Anschein eines großen und erwach-
senen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung behält.
Dem auf diese Art bedeckten Berge gegenüber stehet ein anderer in der Landge-
gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend ist. Hät-
ten alle diese Höhen eben demselben Besitzer zugehört, und wären sie alle auf

eben
*) Ein Landsitz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Diese und die nächstfol-
gende Beschreibung von Persfield ist von Herrn Whately aus seinen bekannten
Betrachtungen über das heutige Gartenwesen.
Anhang.

VI.
Beſchreibung des Parks zu Painshill.
*)

Das Wohnhaus zu Painshill ſtehet an dem einen aͤußerſten Ende des halben
Mondes auf einem Berge, deſſen Ausſicht ſich auf der einen Seite gegen das
Land oͤffnet, auf der andern aber von dem Park verſperret iſt. Der Anblick iſt reizend;
und der ganze Ort iſt in einem vortrefflichen Gaͤrtnergeſchmack angelegt, indem man
blos auf das Vergnuͤgen geſehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus
von dem Park abgeſondert wird, iſt ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be-
finden ſich alle auslaͤndiſche Gewaͤchſe waͤhrend des Sommers, mit gemeinen Straͤu-
chern und beſtaͤndig auf einander folgenden Blumen untermiſcht. Der Raum vor
dem Haufe iſt mit Verzierungen angefuͤllt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab-
wechſelung, und verſchiedene Arten ſchoͤner Baͤume ſind an den Seiten in kleinen
luftigen Pflanzungen geſetzt.

Dieſer Berg iſt von einem andern weit groͤßern durch ein kleines Thal abgeſon-
dert; und auf dem Gipfel der andern Anhoͤhe erſcheint eine ganz verſchiedene Sce-
ne von einem gleich uͤber einem großen Weinberge, der ſich auf der ganzen Sei-
te verbreitet, angebrachten Sommerhauſe. Dieſe iſt zwar ſchoͤn, aber ein Um-
ſtand, der am wenigſten einnimmt. Die Aufmerkſamkeit wird von einer gebaue-
ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der
Gegend gehoͤrigen abhaͤngenden Waldes gezogen. Dieſer iſt nicht nur an ſich
ſelbſt ein edler Gegenſtand, ſondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver-
gnuͤgen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er iſt von
dem gegenwaͤrtigen Beſitzer angelegt worden. Vermittelſt ſeiner Lage, ſeiner Aus-
dehnung und ſeiner Dicke, hat er ſchon den Anſchein eines großen und erwach-
ſenen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung behaͤlt.
Dem auf dieſe Art bedeckten Berge gegenuͤber ſtehet ein anderer in der Landge-
gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend iſt. Haͤt-
ten alle dieſe Hoͤhen eben demſelben Beſitzer zugehoͤrt, und waͤren ſie alle auf

eben
*) Ein Landſitz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Dieſe und die naͤchſtfol-
gende Beſchreibung von Persfield iſt von Herrn Whately aus ſeinen bekannten
Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0182" n="178"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/><hi rendition="#g">Be&#x017F;chreibung des Parks zu Painshill</hi>.</hi> <note place="foot" n="*)">Ein Land&#x017F;itz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Die&#x017F;e und die na&#x0364;ch&#x017F;tfol-<lb/>
gende Be&#x017F;chreibung von Persfield i&#x017F;t von Herrn Whately aus &#x017F;einen bekannten<lb/>
Betrachtungen u&#x0364;ber das heutige Gartenwe&#x017F;en.</note>
        </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>as Wohnhaus zu <hi rendition="#fr">Painshill</hi> &#x017F;tehet an dem einen a&#x0364;ußer&#x017F;ten Ende des halben<lb/>
Mondes auf einem Berge, de&#x017F;&#x017F;en Aus&#x017F;icht &#x017F;ich auf der einen Seite gegen das<lb/>
Land o&#x0364;ffnet, auf der andern aber von dem Park ver&#x017F;perret i&#x017F;t. Der Anblick i&#x017F;t reizend;<lb/>
und der ganze Ort i&#x017F;t in einem vortrefflichen Ga&#x0364;rtnerge&#x017F;chmack angelegt, indem man<lb/>
blos auf das Vergnu&#x0364;gen ge&#x017F;ehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus<lb/>
von dem Park abge&#x017F;ondert wird, i&#x017F;t ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be-<lb/>
finden &#x017F;ich alle ausla&#x0364;ndi&#x017F;che Gewa&#x0364;ch&#x017F;e wa&#x0364;hrend des Sommers, mit gemeinen Stra&#x0364;u-<lb/>
chern und be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf einander folgenden Blumen untermi&#x017F;cht. Der Raum vor<lb/>
dem Haufe i&#x017F;t mit Verzierungen angefu&#x0364;llt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab-<lb/>
wech&#x017F;elung, und ver&#x017F;chiedene Arten &#x017F;cho&#x0364;ner Ba&#x0364;ume &#x017F;ind an den Seiten in kleinen<lb/>
luftigen Pflanzungen ge&#x017F;etzt.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Berg i&#x017F;t von einem andern weit gro&#x0364;ßern durch ein kleines Thal abge&#x017F;on-<lb/>
dert; und auf dem Gipfel der andern Anho&#x0364;he er&#x017F;cheint eine ganz ver&#x017F;chiedene Sce-<lb/>
ne von einem gleich u&#x0364;ber einem großen Weinberge, der &#x017F;ich auf der ganzen Sei-<lb/>
te verbreitet, angebrachten Sommerhau&#x017F;e. Die&#x017F;e i&#x017F;t zwar &#x017F;cho&#x0364;n, aber ein Um-<lb/>
&#x017F;tand, der am wenig&#x017F;ten einnimmt. Die Aufmerk&#x017F;amkeit wird von einer gebaue-<lb/>
ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der<lb/>
Gegend geho&#x0364;rigen abha&#x0364;ngenden Waldes gezogen. Die&#x017F;er i&#x017F;t nicht nur an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ein edler Gegen&#x017F;tand, &#x017F;ondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er i&#x017F;t von<lb/>
dem gegenwa&#x0364;rtigen Be&#x017F;itzer angelegt worden. Vermittel&#x017F;t &#x017F;einer Lage, &#x017F;einer Aus-<lb/>
dehnung und &#x017F;einer Dicke, hat er &#x017F;chon den An&#x017F;chein eines großen und erwach-<lb/>
&#x017F;enen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung beha&#x0364;lt.<lb/>
Dem auf die&#x017F;e Art bedeckten Berge gegenu&#x0364;ber &#x017F;tehet ein anderer in der Landge-<lb/>
gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend i&#x017F;t. Ha&#x0364;t-<lb/>
ten alle die&#x017F;e Ho&#x0364;hen eben dem&#x017F;elben Be&#x017F;itzer zugeho&#x0364;rt, und wa&#x0364;ren &#x017F;ie alle auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0182] Anhang. VI. Beſchreibung des Parks zu Painshill. *) Das Wohnhaus zu Painshill ſtehet an dem einen aͤußerſten Ende des halben Mondes auf einem Berge, deſſen Ausſicht ſich auf der einen Seite gegen das Land oͤffnet, auf der andern aber von dem Park verſperret iſt. Der Anblick iſt reizend; und der ganze Ort iſt in einem vortrefflichen Gaͤrtnergeſchmack angelegt, indem man blos auf das Vergnuͤgen geſehen hat. Mitten in dem Dickigt, wodurch das Haus von dem Park abgeſondert wird, iſt ein Parterre, und eine Orangerie. Hier be- finden ſich alle auslaͤndiſche Gewaͤchſe waͤhrend des Sommers, mit gemeinen Straͤu- chern und beſtaͤndig auf einander folgenden Blumen untermiſcht. Der Raum vor dem Haufe iſt mit Verzierungen angefuͤllt. Der Boden hat eine vortreffliche Ab- wechſelung, und verſchiedene Arten ſchoͤner Baͤume ſind an den Seiten in kleinen luftigen Pflanzungen geſetzt. Dieſer Berg iſt von einem andern weit groͤßern durch ein kleines Thal abgeſon- dert; und auf dem Gipfel der andern Anhoͤhe erſcheint eine ganz verſchiedene Sce- ne von einem gleich uͤber einem großen Weinberge, der ſich auf der ganzen Sei- te verbreitet, angebrachten Sommerhauſe. Dieſe iſt zwar ſchoͤn, aber ein Um- ſtand, der am wenigſten einnimmt. Die Aufmerkſamkeit wird von einer gebaue- ten Ebene unmittelbar auf den Anblick eines in der Ferne, aber dennoch zu der Gegend gehoͤrigen abhaͤngenden Waldes gezogen. Dieſer iſt nicht nur an ſich ſelbſt ein edler Gegenſtand, ſondern dienet auch einem jeden, der einiges Ver- gnuͤgen am Gartenbaue findet, zu einer reizenden Aufmunterung. Er iſt von dem gegenwaͤrtigen Beſitzer angelegt worden. Vermittelſt ſeiner Lage, ſeiner Aus- dehnung und ſeiner Dicke, hat er ſchon den Anſchein eines großen und erwach- ſenen Waldes, indem er zugleich alle Lebhaftigkeit einer jungen Pflanzung behaͤlt. Dem auf dieſe Art bedeckten Berge gegenuͤber ſtehet ein anderer in der Landge- gend, der jenem in der Figur gleicht, dabey aber kahl und nackend iſt. Haͤt- ten alle dieſe Hoͤhen eben demſelben Beſitzer zugehoͤrt, und waͤren ſie alle auf eben *) Ein Landſitz des Herrn Hamilton bey Cobham in Surry. Dieſe und die naͤchſtfol- gende Beſchreibung von Persfield iſt von Herrn Whately aus ſeinen bekannten Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/182
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/182>, abgerufen am 21.11.2024.